Auch die Fellpflege für unsere Vierbeiner ist während der Corona-Krise ein Thema.
Im Kreis Lippe hatte ein Antrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Anordnung der Einstellung des Betriebes vor dem Verwaltungsgericht Minden zunächst keinen Erfolg1. Am 02.04.2020 änderte das Verwaltungsgericht Minden seinen Beschluss ab und gab dem Antrag statt. Der Hundesalon darf nun doch geöffnet bleiben.
Was war denn da passiert?
Die Antragstellerin betreibt einen Hundesalon, dessen Betriebsabläufe sie aufgrund der Corona-Pandemie zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs umstrukturierte. Kunden durften den Geschäftsraum nicht mehr betreten. Die Hunde wurden von den Hundehaltern an der Eingangstür zum Salon an die Antragstellerin übergeben. So sollte der unmittelbare Kontakt der Salonmitarbeiter zu Kunden vermieden werden. Auch ein Anbinden der Hunde vor dem Geschäftsraum hielt die Antragstellerin für denkbar. Dadurch könne jeglicher Kundenkontakt vermieden werden.
Mit Ordnungsverfügung vom 24.03.2020 ordnete die Antragsgegnerin an, den Betrieb des Hundesalons als kontaktreduzierende Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vollumfänglich einzustellen.
Das Verwaltungsgericht Minden hat den dagegen erhobenen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt1.
Die von der Antragstellerin angebotene Dienstleistung sei derzeit zwar nicht durch die von der Landesregierung am 22.03.2020 erlassenen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 (sogenannte Corona-Schutz-Verordnung) untersagt (§ 7 Abs. 3 Satz 1 CoronaSchVO NRW), denn die Antragstellerin habe grundsätzlich – anders als beispielsweise Frisöre – die Möglichkeit, den Betrieb durch die bisher noch nicht realisierte Umstrukturierung (Anbinden des Hundes vor der Geschäftstür) auch unter Einhaltung des jedenfalls erforderlichen Mindestabstands zwischen Personen von 1,50 Meter aufrecht zu erhalten.
Gleichwohl spreche vieles dafür, dass die die Betriebsschließung anordnende Ordnungsverfügung rechtmäßig sei. Die zuständigen Behörden könnten auch über die CoronaSchVO hinausgehende Maßnahmen treffen, so das Verwaltungsgericht Minden.
Da bereits in ganz Deutschland, insbesondere im Kreis Lippe, an COVID-19 erkrankte Personen festgestellt wurden und zu befürchten sei, dass sich unerkannt weitere Personen infiziert haben, die sich noch nicht in Quarantäne befinden, seien die Voraussetzungen für die getroffenen Maßnahmen gem. § 28 Infektionsschutzgesetz erfüllt.
Die Verhinderung der Erbringung einer nicht lebensnotwendigen Dienstleistung, die das Aufsuchen eines Geschäftslokals sowie den direkten Umgang mit fremden Haustieren erfordert, sei eine notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung der übertragbaren Krankheit COVID-19. Auch bei einer eingeschränkten Öffnung des Hundesalons – beispielsweise durch die ohne direkten menschlichen Kontakt stattfindende Übergabe der Hunde – sei derzeit nicht völlig ausgeschlossen, dass eine Weiterverbreitung des Virus begünstigt wird. Insofern seien im Hinblick auf die drohenden Gefahren, insbesondere bei einer Überlastung des Gesundheitssystems, auch Maßnahmen zur Distanzierung von nicht der eigenen Person zuzuordnenden Haustieren angemessen.
Jedenfalls sei – so das Verwaltungsgericht Minden weiter – im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz angezeigten umfassenden Interessenabwägung von einem klaren Überwiegen des Rechtsguts der menschlichen Gesundheit vor den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin auszugehen.
Warum hat sich das Verwaltungsgericht Minden wenige Tage später umentschieden?
Nach Ergehen des Beschlusses vom 31.03.20201 erhielt die erkennende Kammer des Verwaltungsgerichts Minden Kenntnis von der Erklärung der Antragsgegnerin, wonach diese am 24.03.2020 gegenüber der Antragstellerin überhaupt keine Schließungsanordnung habe treffen wollen. Sie habe lediglich auf die Bestimmungen der Corona-Schutz-Verordnung hinweisen wollen.
Dies nahm das Verwaltungsgericht Minden zum Anlass für die Abänderung seines Beschlusses vom 31.03.2020. Unter Berücksichtigung des Zustandekommens der Schließungsanordnung überwiege nunmehr das Interesse der Antragstellerin. Auch nach der Neufassung der Corona-Schutz-Verordnung durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30.03.2020 sei der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin nicht generell untersagt. Der gegenteiligen Auffassung der Antragsgegnerin sei nicht zu folgen.
An einer Untersagung des Geschäftsbetriebs als Einzelmaßnahme sei die Antragsgegnerin zwar nicht von vornherein gehindert. Die seit der Neufassung der Verordnung vom 30.03.2020 in § 13 Satz 2 Corona-Schutz-Verordnung NRW vorgenommene Begrenzung auf die Zulässigkeit von Einzelmaßnahmen nur noch bei Vorliegen einer konkreten Gefahr stehe mit Bundesrecht nicht in Einklang und sei von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Antragsgegnerin habe eine solche auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützte Schließungsanordnung mangels Ermessensausübung aber jedenfalls nicht rechtmäßig verfügt.
Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 02.04.2020 – 7 L 272/20
- VG Minden, Beschluss vom 31.03.2020 – 7 L 257/20 [↩] [↩] [↩]