Viele Menschen schieben es vor sich her, weil sie sich nicht mit ihrem Tod beschäftigen wollen: Die Errichtung ihres Testaments.
Wenn eine Person kein Testament errichtet hat, sich aber in Todesnähe befindet, so besteht noch die Möglichkeit des „Nottestaments vor dem Bürgermeister“, was in § 2249 BGB geregelt ist:
Ist zu besorgen, dass der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist, so kann er das Testament zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde, in der er sich aufhält, errichten. Der Bürgermeister muss zu der Beurkundung zwei Zeugen zuziehen. […] Die Niederschrift muss auch von den Zeugen unterschrieben werden. Vermag der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Bürgermeisters seinen Namen nicht zu schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch die Feststellung dieser Angabe oder Überzeugung in der Niederschrift ersetzt.
Steht der Bürgermeister nicht zur Verfügung, greift § 2250 BGB (Nottestament vor drei Zeugen):
[…] Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 BGB nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.
Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet, so muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden. Auf die Zeugen sind die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, der §§ 7, 26 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 und des § 27 des Beurkundungsgesetzes; auf die Niederschrift sind die Vorschriften der §§ 8 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3 Satz 1, §§ 23, 28 des Beurkundungsgesetzes sowie die Vorschriften des § 2249 Abs. 1 Satz 5, 6, Abs. 2, 6 entsprechend anzuwenden. […]
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer aktuell veröffentlichten Entscheidung ein solches Dreizeugentestament als nicht wirksam errichtet erachtet, weil sich Widersprüche hinsichtlich der Daten der eingereichten Unterlagen ergeben hatten.
In dem entschiedenen Fall hinterließ der Erblasser unter anderem einen Hof. Seine Frau war bereits früher verstorben, eigene Kinder hatten die Eheleute nicht. Auf dem Hof betrieben ein Pächter und dessen Ehemann eine Pferdepension.
Dieser Pächter beanspruchte auf der Grundlage eines Dreizeugentestaments die Stellung als Alleinerbe für sich. Dem traten zwei entfernte Verwandte des Erblassers als gesetzliche Erben entgegen.
Das Landwirtschaftsgericht Schwelm hat den Antrag des Pächters auf Erteilung eines Erbscheins und Hoffolgezeugnisses abgelehnt1.
Das Oberlandesgericht Hamm (Senat für Landwirtschaftssachen) hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.
Dies aus folgendem Grunde:
Der Pächter hatte zunächst über einen Notar ein von seinem Ehemann und drei Zeugen unterzeichnetes computergeschriebenes Protokoll bei Gericht eingereicht, aus dem sich ein vom Erblasser kurz vor seinem Tod mündlich geäußerter letzter Wille ergab. Erst nachdem das Gericht den Pächter darauf hingewiesen hatte, dass das erst nach dem Tod erstellte Protokoll kein wirksames Dreizeugentestament sein konnte, reichte dieser eine inhaltlich gleichlautende handschriftliche Version ein. Diese war ebenfalls von seinem Ehemann erstellt worden und trug ebenfalls die Unterschriften der drei Testamentszeugen.
Der Pächter erklärte hierzu, dass er in der Todesnacht die Zeugen hinzugezogen habe, weil der Erblasser nicht mehr ins Krankenhaus wollte und er sich angesichts des bevorstehenden Todes insoweit absichern wollte. In Gegenwart der Zeugen habe der Erblasser dann mündlich sein Testament erklärt. Die von seinem Ehemann gefertigte Niederschrift sei dem Erblasser vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Der Erblasser selbst habe nicht mehr unterschreiben können. Dieses Dokument sei dann noch zu seinen Lebzeiten von den Zeugen unterschrieben worden.
Das Oberlandesgericht Hamm hat den Pächter als Antragsteller angehört und seinen Ehemann, die drei Testamentszeugen und den Notar als Zeugen vernommen. Im Ergebnis konnte das Oberlandesgericht Hamm sich nicht davon überzeugen, dass das Testament so wie behauptet und damit wirksam errichtet wurde. Zwar hatte das Oberlamdesgericht Hamm keinen Grund anzunehmen, dass das vorgelegte Schriftstück den letzten Willen des Verstorbenen inhaltlich nicht richtig wiedergab. Indes verblieben aufgrund der Verfahrensgeschichte und der Angaben der Zeugen zu große Zweifel an einer gültigen Testamentserrichtung. Das Oberlandesgericht Hamm geht davon aus, dass von einem juristischen Laien wie dem Pächter zu erwarten gewesen wäre, dass er das handschriftliche Protokoll, hätte es damals schon existiert, direkt bei dem Notar und dem Gericht vorgelegt hätte. Ein Grund dafür, warum nur das – wegen der zu späten Anfertigung – ungültige Protokoll vom Folgetag vorgelegt wurde und nicht mindestens auch das handschriftliche Dokument aus der Todesnacht, ist nicht ersichtlich und auch nicht plausibel erklärt worden. Auch die Vernehmung der Zeugen konnte diese Zweifel nicht zerstreuen, zumal die Zeugen unterschiedliche Angaben zu den Einzelheiten des Ablaufs in der Todesnacht machten, sich teilweise in Widerspruch zu ihren in erster Instanz gemachten Angaben setzten und einer der Testamentszeugen in erster Instanz gar erklärt hatte, in der Todesnacht sei nichts unterschrieben worden. Auch ist insgesamt nicht verständlich geworden, warum der Erblasser nicht mehr selbst unterschreiben konnte.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 01.12.2022 – 10 W 75/22
Anmerkung:
Die Entscheidung zeigt wieder einmal, dass man frühzeitig an die Errichtung eines Testamentes denken sollte. Und nicht nur „denken“, sondern auch machen! Immer sinnvoll ist es, hierfür im Erbrecht erfahrene Rechtsanwälte zu beauftragen.
- AG Schwelm, Beschluss vom 29.12.2021 – 90 Lw 20/20 [↩]