Sind Rabatte für Reisebüroangestellte steuerpflichtiger Arbeitslohn?

Ist der einer Reisebüroangestellten und ihrem Ehemann vom Reiseveranstalter eingeräumte Rabatt auf den Reisepreis für eine Hochseekreuzfahrt steuerpflichtiger Arbeitslohn?

Diese Frage hat das Finanzgericht Düsseldorf nun verneint.

Die Klägerin war Angestellte eines Reisebüros. Sie nahm im Jahr 2008 zusammen mit ihrem Ehemann an einer vierzehntägigen Hochseekreuzfahrt teil. Der Reisepreis betrug 1.540 €; hingegen lag der Katalogpreis abzüglich marktüblicher Rabatte bei 6.330 €. Hintergrund war, dass die A GmbH, die weltweit Hochseekreuzfahrten veranstaltet, Reisebüroinhabern und deren Angestellten (Expedienten) – zur Sicherung der Geschäftsverbindung – Rabatte von über 80 % des Katalogpreises gewährt. Die Lohnsteueraußenprüfung behandelte den Rabatt als geldwerten Vorteil und Arbeitslohn von dritter Seite.

Die gegen die entsprechende Entscheidung des Finanzamtes gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Düsseldorf Erfolg.

Der Beklagte (Finanzamt) hat zu Unrecht angenommen, dass der den Klägern von der A GmbH jeweils gewährte Rabatt auf den Reisepreis zu einer entsprechenden Erhöhung ihrer Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 8 EStG) geführt hat.

Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören laut § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zu Grunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit darstellen, sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist1.

Arbeitslohn kann nach dieser mittlerweile ständigen Rechtsprechung ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung darstellt, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sich die Leistung des Dritten für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Dagegen liegt dann kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet.

Die Frage, ob eine Zuwendung (eines Dritten) durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, ist nach Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Bei von Dritten gewährten Preisvorteilen liegt Arbeitslohn nur vor, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass mit dem vom Dritten eingeräumten Preisnachlass die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgolten werden soll, der Dritte den Vorteil also im Interesse des Arbeitgebers gewährt. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn der Dritte ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Rabattgewährung hat bzw. den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt1.

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 20.01.20152 ein überwiegendes eigenwirtschaftliches Interesse verlangt, damit die Annahme von Arbeitslohn ausgeschlossen ist, steht dies mit der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht in Einklang, so das Finanzgericht Düsseldorf.

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und nach Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem den Klägern gewährten Rabatt nicht um Arbeitslohn handelt.

Hinter der Rabattgewährung stand in erster Linie das eigenwirtschaftliche Interesse der A GmbH. Dies ergibt sich aus den von den Klägern im Einzelnen dargelegten eigenwirtschaftlichen Gründen der A GmbH für eine Rabattierung, insbesondere Sicherung eines zusätzlichen attraktiven Kundenkreises, Erwirtschaftung eines zusätzlichen Gewinns durch Synergieeffekte und zusätzliche an Bord getätigte Umsätze, Auslastungsoptimierung sowie Reduzierung der Kostenbelastung. Es ist im Übrigen auch naheliegend, dass die Rabattierung vor allem aus eigenwirtschaftlichen Gründen erfolgte. Denn üblicherweise hat der rabattgewährende Dritte keinen Grund, die Arbeitsleistung, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, zu entgelten3). Umgekehrt bestehen im Streitfall auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die A GmbH die individuelle Arbeitsleistung der Kläger hätte entlohnen wollen. Für eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber der Klägerin mit der A GmbH, aus der ein Zusammenhang der Rabattgewährung mit dem individuellen Beschäftigungsverhältnis der Klägerin abgeleitet werden könnte, ist nichts ersichtlich. Eine Rabattgewährung war insbesondere auch nicht dergestalt in den Arbeitsvertrag der Klägerin einbezogen, dass ihr darauf ein Anspruch eingeräumt worden wäre.

Der vom Beklagten herangezogene Umstand, dass die Klägerin für sich und ihren Ehemann nur auf Grund ihrer Tätigkeit als Reisebüroangestellte die Vergünstigung in Anspruch nehmen konnte, reicht nicht aus, um den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung zu begründen. Denn allein der Umstand, dass ein Preisnachlass lediglich den Mitarbeitern eines Unternehmens (des Arbeitgebers) und nicht auch anderen Arbeitnehmern gewährt wird, begründet keinen entsprechenden Automatismus, immer dann Arbeitslohn anzunehmen4. Erst Recht reicht es für die Annahme von Arbeitslohn nicht aus, wenn nicht nur die Arbeitnehmer eines Unternehmens sondern – wie hier – Angehörige einer gesamten Branche berechtigt sind, bestimmte Rabatte in Anspruch zu nehmen5.

Auch die vermeintliche Mitwirkung des Arbeitgebers der Klägerin an dem von der A GmbH gewährten Rabattvorteil erlaubt es im Streitfall nicht, die streitigen Rabatte als Arbeitslohn Dritter einzuordnen. Abgesehen davon, dass der Beklagte keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob überhaupt und gegebenenfalls welche Mitwirkungshandlungen vorliegen, dürfte die vom Beklagten angeführte mögliche Weitergabe von Rabattangeboten des Reiseveranstalters jedenfalls nicht als aktives Mitwirken im Sinne des BMF-Schreibens vom 20.01.20152 anzusehen sein. Darüber hinaus gehören Rabatte, die ein Dritter einräumt, nicht allein deshalb zum Arbeitslohn, weil der Arbeitgeber an deren Verschaffung mitgewirkt hat. Zwar kann eine Mitwirkung des Arbeitgebers an Preisvorteilen, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, dafür sprechen, dass die Drittzuwendung wirtschaftlich betrachtet Arbeitslohn ist. Entscheidend ist aber, ob die Zuwendung des Dritten Prämie oder Belohnung für eine Leistung ist, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt1. Das ist im Streitfall – wie dargelegt – nicht der Fall. Unabhängig davon weist das Finanzgericht Düsseldorf in diesem Zusammenhang allerdings auch darauf hin, dass in den beiden vorzitierten vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen die vermeintliche Mitwirkung des Arbeitgebers sogar deutlich ausgeprägter war als im Streitfall.

Die Revision hat das Finanzgericht Düsseldorf nicht zugelassen.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2016 – 5 K 2504/14 E

  1. BFH, Urteile vom 18.10.2012 – VI R 64/11; vom 10.04.2014 – VI R 62/11 [] [] []
  2. BMF-Schreiben vom 20.01.2015, BStBl. I 2015, 143 [] []
  3. vgl. Geserich, NWB 2015, 1610 (1617 []
  4. BFH, Urteil vom 18.10.2012 – VI R 64/11 []
  5. BFH, Urteil vom 10.04.2014 – VI R 62/11 []