Die nach dem deutschen Außensteuergesetz vorgesehene Nachversteuerung von Einkünften aus bestimmten ausländischen Betriebsstätten verstößt möglicherweise gegen die im EG-Vertrag garantierte Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit. Das Finanzgericht Münster hat daher nun ein deswegen bei ihm anhängiges Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die entsprechenden Regelungen des Außensteuergesetzes mit dem EG-Vertrag vereinbar sind.
Das Außensteuergesetz sieht vor, dass die Doppelbesteuerung von Einkünften deutscher Steuerpflichtiger aus ausländischen Betriebsstätten unter bestimmten Voraussetzungen nicht durch die Freistellung dieser Einkünfte von der deutschen Besteuerung vermieden wird, sondern durch die Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer. Für deutsche Steuerpflichtige erweist sich diese Regelung als ungünstig, wenn die Einkünfte aus der Betriebsstätte im Ausland nur niedrig besteuert werden und das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat, in dem sich die Betriebsstätte befindet, an sich eine Freistellung der Einkünfte von der deutschen Besteuerung vorsieht. Nach Auffassung des 15. Senats des Finanzgerichts Münster verstoßen die betreffenden Regelungen des Außensteuergesetzes möglicherweise gegen die Grundfreiheiten des EG-Vertrags, weil sie die Aufnahme einer wirtschaftlichen Betätigung in einer ausländischen Betriebsstätte erschwerten. In Deutschland ansässige Steuerpflichtige würden von Investitionen in einem anderen Mitgliedsstaat abgehalten. Ein (möglicher) Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit sei auch nicht gerechtfertigt. Der EuGH habe bereits mehrfach entschieden, dass der Verlust von Steuereinnahmen die Beschränkung europarechtlich verbürgter Grundfreiheiten nicht rechtfertige.
Finanzgericht Münster, Beschluss vom 05.07.2005 – 15 K 1114/99 F, EW