Natürlich versucht jeder Selbständige oder Freiberufler, auch die Kosten seines Fahrzeugs so effektiv wie möglich steuerlich geltend zu machen.
Das Finanzgericht Münster hat nun in diesem Zusammhang entschieden, dass die für Zwecke des § 7g EStG erforderliche fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines PKW nicht durch nachträglich erstellte Unterlagen nachgewiesen werden kann.
Der als Rechtsanwalt tätige Kläger bildete für die geplante Anschaffung von PKW in den Streitjahren 2009 und 2013 Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG. Tatsächlich schaffte er innerhalb der Reinvestitionsfristen jeweils gebrauchte Audi Q5 an.
Da er keine Fahrtenbücher führte, ermittelte er die Privatnutzung nach der 1%-Methode. Aus diesem Grund ging das Finanzamt nicht von einer fast ausschließlich betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge aus und versagte die Investitionsabzugsbeträge. Der Kläger reichte zum Nachweis der betrieblichen Fahrten für die Zeiträume ab Anschaffung der Fahrzeuge bis zum Schluss des jeweiligen Folgejahres Aufstellungen seiner betrieblichen Fahrten ein, die eine Mitarbeiterin anhand der Terminkalender nachträglich erstellt hatte. Die gesamten Laufleistungen der Fahrzeuge errechnete der Kläger anhand von Händler- bzw. Werkstattrechnungen sowie einem Foto des Tachostandes. Hiernach ergaben sich rechnerisch betriebliche Anteile von (knapp) über 90 %. Ferner hätten für Privatfahrten weitere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden.
Dies akzeptierte das nun beklagte Finanzamt nicht.
Nach entsprechend negativem Einspruchsverfahren hat das Finanzgericht Münster die Klage hiergegen abgewiesen.
Der Beklagte hat die für die beiden Streitjahre gebildeten Investitionsabzugsbeträge sowie die in 2013 in Anspruch genommene Sonderabschreibung nach Auffassung des Finanzgerichts Münster zu Recht rückgängig gemacht.
Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ist der Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 EStG); geschieht dies nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres, ist der Abzug rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG). Erfolgt eine Anschaffung oder Herstellung innerhalb der Dreijahresfrist, ist der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 4 Satz 1 rückgängig zu machen, wenn das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahren können neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Dies setzt ebenfalls voraus, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauffolgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG).
Die beiden für die Jahre 2009 und 2013 gebildeten Investitionsabzugsbeträge sind nach § 7g Abs. 4 EStG rückgängig zu machen, da der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass er die in den Jahren 2011 und 2016 angeschafften Fahrzeuge Audi Q5 ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt hat. Eine fast ausschließliche betriebliche Nutzung erfordert bei einem Fahrzeug eine Nutzung für betriebliche Fahrten zu mindestens 90 %1. Für den Nachweis der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung enthalten § 7g Abs. 4 Satz 1 und Abs. 6 Nr. 2 EStG keine Vorgaben. Bei einem PKW wird sich der Umfang der privaten bzw. betrieblichen Nutzung aus tatsächlichen Gründen im Regelfall durch das Führen und die Vorlage eines Fahrtenbuches nachweisen lassen2. Der Bundesfinanzhof hat in der zitierten Entscheidung zwar offengelassen, auf welche andere Weise als durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch die tatsächliche Nutzung eines PKW belegt werden kann, aber ausdrücklich ausgeführt, dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspräche, wenn ein Steuerpflichtiger die 1%-Regelung für ein Fahrzeug in Anspruch nehme, das er ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutze. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass ein Durchschnittswert in Höhe von 1 % des abgerundeten Bruttolistenpreises in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 bis 25 % entspreche2. Daraus folgert die finanzgerichtliche Rechtsprechung, dass nicht ordnungsgemäße Fahrtenbücher nicht als Nachweis anzuerkennen seien3.
Nach dieser Rechtsprechung hat der Kläger nach Auffassung des Finanzgerichts Münster nicht die Nachweise erbracht, die beiden Fahrzeuge ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt zu haben. Die von ihm eingereichten mit Computerprogrammen erstellten Auflistungen der betrieblichen Fahrten erfüllen nicht die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden und die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergeben4. Eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt diesen Anforderungen nicht5. Darüber hinaus wurden die Aufstellungen nicht zeitnah geführt, enthalten keine Kilometerstände und keine Privatfahrten.
Das Finanzgericht Münster konnte nach seiner Auffassung offen lassen, ob der Nachweis der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Fahrzeugs auch auf andere Weise geführt werden kann als durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Selbst wenn man – der Auffassung der Kläger folgend – andere Unterlagen als ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch für diesen Nachweis zuließe, wären die vorgelegten Aufzeichnungen nicht geeignet, diesen Nachweis für den Zeitraum zwischen jeweiliger Anschaffung und Ende des auf das Jahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres zu erbringen. Maßgeblich hierfür wäre für das im Jahr 2011 angeschaffte Fahrzeug der Zeitraum vom 6.9.2011 bis zum 31.12.2012 und für das im Jahr 2016 angeschaffte Fahrzeug der Zeitraum vom 8.11.2016 bis zum 31.12.2017. Für das erstgenannte Fahrzeug liegt kein Nachweis über den Kilometerstand am 31.12.2012 vor. Die Werkstattrechnung vom 8.2.2013 kann diesen Nachweis nicht ersetzen, da sie allenfalls einen Anhaltspunkt für den Kilometerstand zu einem mehrere Wochen später liegenden Zeitpunkt bieten kann. Für das zweite Fahrzeug haben die Kläger zwar ein Foto eines Tachostandes eingereicht. Hieraus ergeben sich jedoch keinerlei Hinweise auf den Zeitpunkt der Aufnahme. Angesichts der nach den eigenen Berechnungen der Kläger nur geringfügigen Unterschreitung der 10%-Grenze sind diese ungenauen Angaben nicht als Nachweis dafür geeignet, dass diese Grenze in den maßgeblichen Zeiträumen unterschritten wurde.
Darüber hinaus sind auch die eingereichten Auflistungen nicht geeignet, den Umfang der betrieblichen und der privaten Fahrten in den maßgeblichen Zeiträumen nachzuweisen. Die Auflistungen wurden nach den Angaben der Kläger, die von der Rechtsanwaltsfachangestellten schriftlich bestätigt wurden, von dieser anhand des Terminkalenders erstellt. Das Finanzgericht Münster kann diesen dargelegten Sachverhalt als wahr unterstellen, ohne dass hieraus ein Anerkenntnis des erforderlichen Nachweises folgen würde. Ob tatsächlich für alle Termine, die sich aus den Kalender ergeben, der jeweilige Audi Q5 genutzt wurden, kann dadurch nicht nachgewiesen werden. Denkbar ist auch, dass der Kläger für einzelne Fahrten ein anderes Fahrzeug oder öffentliche Verkehrsmittel genutzt hat. Da die Rechtsanwaltsfachangestellte bei den Terminen nicht zugegen war, kann sie diesen Umstand nicht bestätigen.
Die Tatsache, dass den Klägern weitere Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung standen, ist ebenfalls nicht geeignet, eine fast ausschließliche betriebliche Nutzung der beiden Audi Q5 nachzuweisen. Nach der Rechtsprechung ist der Beweis des ersten Anscheins, der für eine Privatnutzung betrieblicher PKW spricht, entkräftet, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die den betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind6. Im Streitfall geht es nicht um die Erschütterung des Anscheinsbeweises, so das Finanzgericht Münster, da zum einen eine gewisse Privatnutzung der beiden Audi Q5 auch von den Klägern eingeräumt wird. Zum anderen sind an den Nachweis des Anteils der betrieblichen Nutzung höhere Anforderungen zu stellen als an die Erschütterung eines Anscheinsbeweises, die gerade nicht den vollen Beweis des Gegenteils bedarf. Darüber hinaus sind die anderen vorhandenen Fahrzeuge nicht in Status und Gebrauchswert mit den betrieblichen Fahrzeugen vergleichbar. Bei einem BMW Z4 handelt es sich um einen Sportwagen mit lediglich zwei Sitzen, der für größere Einkäufe oder längere Urlaubsfahrten nicht geeignet ist. Demgegenüber wird ein Wohnmobil typischerweise für Urlaubsfahrten, nicht aber für kürzere Besorgungsfahrten eingesetzt. Ob die beiden nacheinander genutzten BMW mit den Audi Q5 in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind, kann dahinstehen, da jeweils nur einer der beiden Kläger diese Fahrzeuge gleichzeitig nutzen konnte. Um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, muss für jeden Haushaltsangehörigen, der im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, ein in Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug vorhanden sein7.
Aus denselben Gründen ist auch die nach § 7g Abs. 5 EStG im Streitjahr 2013 vorgenommene Sonderabschreibung zu versagen, so das Finanzgericht Münster weiter.
Die Revision hat das Finanzgericht Münster wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Es ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt, ob und auf welche andere Weise als durch das Führen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung eines Fahrzeugs für Zwecke des § 7g EStG nachgewiesen werden kann.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.07.2019 – 7 K 2862/17 E
ECLI:DE:FGMS:2019:0710.7K2862.17E.00
Revision wurde eingelegt: BFH – VII R 24/19
- BFH, Beschluss vom 26.11.2009 – VIII B 190/09, BStBl. II 2013, 946 [↩]
- BFH, Beschluss vom 03.01.2006 – XI B 106/05, BFH/NV 2006, 1264 [↩] [↩]
- FG Düsseldorf, Beschluss vom 04.01.2011 – 12 V 3841/10 A (E); FG München, Urteil vom 15.12.2014 – 7 K 2748/13; Sächsisches FG, Urteil vom 28.07.2016 – 8 K 1799/15; FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.06.2013 – 2 K 1191/12 [↩]
- BFH, Urteil vom 09.11.2005 – VI R 27/05, BStBl. II 2006, 408 [↩]
- BFH, Urteil vom 16.11.2005 – VI R 64/04, BStBl. II 2006, 410 [↩]
- BFH, Urteil vom 04.12.2012 – VIII R 42/09, BStBl. II 2013, 365 [↩]
- FG Münster, Urteil vom 21.06.2017 – 7 K 3919/14 E [↩]