Die „außergewöhnlichen Belastungen“ sind nicht selten ein bedeutender Faktor, wenn es darum geht, die Einkommensteuerbelastung zu senken.
Gehören zu diesen „außergewöhnlichen Belastungen“ auch die Kosten, die Kosten ltern eines (angehenden) Studenten durch eine Studienplatzklage entstehen?
Das Finanzgericht Münster hat diese Frage nun verneint.
Die Mutter eines angehenden Studenten legte gegen ihren Einkommensteuerbescheid Einspruch ein.
Sie beantragte nachträglich Gerichts- und Rechtsanwaltskosten zusätzlich als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG zu berücksichtigen. Ihr Sohn sei durch die ZVS nicht zum Medizinstudium zugelassen worden, weil einige Universitäten ihre Ausbildungskapazitäten nicht vollständig im gesetzlich vorgesehenen Umfang ausgeschöpft hätten. Es sei daher erforderlich gewesen, sogenannte Kapazitätsklagen zu führen. Die für diese Verfahren zu zahlenden Gerichts- und Rechtsanwaltskosten beliefen sich auf 13.113,68 €.
Das beklagte Finanzamt wies Einspruch als unbegründet zurück.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für eine etwaige Berufsausbildung einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird die Einkommensteuer dagegen nach § 33a Abs. 1 EStG auf Antrag ermäßigt. In diesem Fall kann der Steuerpflichtige gemäß § 33a Abs. 4 EStG wegen der Aufwendungen für eine etwaige Berufsausbildung eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG nicht in Anspruch nehmen.
Bei den geltend gemachten Gerichts- und Rechtsanwaltskosten handelt es sich um Aufwendungen für eine Berufsausbildung. so das Finanzgericht Münster.
Eine Berufsausbildung im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf1. Zu den Aufwendungen für die Berufsausbildung gehören auch vorab entstandene Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen zu dem Zweck getätigt werden, dem Kind die von ihm gewünschte Art der Berufsausbildung zu ermöglichen2.
Das Kind der Klägerin strebte ein Medizinstudium an. Die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten für die Studienplatzklagen trug die Klägerin, damit ihr Sohn im Losverfahren einen Studienplatz für Medizin zugewiesen bekommt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich nach Auffassung des Finanzgerichts Münster bei den geltend gemachten Gerichts- und Rechtsanwaltskosten um typische Aufwendungen für die Berufsausbildung. Die im Zusammenhang mit der Berufsausbildung und ihrer Vorbereitung entstehenden Kosten sind aufgrund der verschiedenen Ausbildungsgänge und den häufig begrenzten Möglichkeiten ihrer Verwirklichung vielfältiger Art3. Erhöhte Kosten können bei allen Ausbildungsgängen entstehen, denen ein besonderes Bewerbungs- oder Auswahlverfahren vorgeschaltet ist, oder immer dann, wenn die Ausbildung zu dem gewählten Beruf nur in einem weit entfernten Ort, möglicherweise im Ausland, in Betracht kommt3. Von Kosten dieser Art sind die durch die Zulassungsbeschränkungen in bestimmten Studienfächern verursachten erhöhten Aufwendungen nicht völlig verschieden, sodass sie von der Typisierung und Pauschalierung in § 33a EStG mitumfasst sind3. Darüber hinaus spricht das von der Kläger gerügte anhaltende Fehlverhalten der Universitäten gerade dafür, dass es sich bei den Kosten für eine Kapazitätsklage um typische Aufwendungen für die Berufsausbildung handelt.
Der Anwendung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 09.11.1984 stehen auch nicht die vielen Gesetzesänderungen im Bereich der steuerlichen Abzugsbeträge für außergewöhnliche Belastungen (z.B. der Wegfall des pauschalen, allgemeinen Ausbildungsfreibetrags nach § 33a Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F.) entgegen. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil die Kosten für Studienplatzklagen, vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten auf Pauschbeträge beschränkt hat, den typischen Berufsausbildungskosten zugeordnet. Die Beschränkung auf Pauschbeträge besteht aber auch nach Wegfall des pauschalen, allgemeinen Ausbildungsfreibetrags nach § 33a Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. fort. So dienen die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG der Abgeltung aller laufenden Aufwendungen für den sächlichen Bedarf sowie für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes4. Demzufolge scheidet ein Anspruch auf Steuerermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG unter anderem aus, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat.
Der Klägerin ist auch nicht darin zu folgen, dass in § 33a Abs. 4 EStG in der für das Streitjahr 2009 gültigen Fassung ausdrücklich lediglich in den Fällen der Absätze 1 und 2 des § 33a EStG die Inanspruchnahme einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG ausgeschlossen wird, so das Finanzgericht Münster weiter. Vielmehr kann der Steuerpflichtige nach dem Wortlaut der Norm für die in den Absätzen 1 und 2 des § 33a EStG bezeichneten Aufwendungen, hier die Aufwendungen für die Berufsausbildung in Gestalt der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten für die Kapazitätsklagen, keine Steuerermäßigung nach § 33 EStG in Anspruch nehmen.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.08.2019 – 2 K 3783/18 E
ECLI:DE:FGMS:2019:0813.2K3783.18E.00