Über eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster zur Abzugsfähigkeit von Kosten für eine Abschiedsfeier eines Arbeitnehmers hatten wir bereits hier berichtet.
Nun hat der Bundesfinanzhof über die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen eines Finanzbeamten für die Feier eines Dienstjubiläums entschieden, nachdem seine Kollegen des zuständigen Finanzamtes diese Kosten nicht anerkennen wollte.
Der Bundesfinanzhof ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist und Aufwendungen für eine entsprechende betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sein können, wenn der Arbeitnehmer die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt.
Der Bundesfinanzhof hat damit – anders als die Vorinstanz, das Niedersächsische Finanzgericht1 – Aufwendungen des Klägers in Höhe von 833,73 EUR als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
In dem entschiedenen Fall beging der Kläger sein 40-jähriges Dienstjubiläum und lud aus diesem Anlass an einem Montag für die Zeit von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes, bei dem er beschäftigt war, ein. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts A sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung. Zur Bewirtung der Gäste bestellte er für 50 Personen Häppchen und kaufte Wein und Sekt ein. Die ihm durch die Feier entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 833,73 EUR machte er im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Die Revision zum Bundesfinanzhof hatte Erfolg.
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei bilden die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment2.
Nach diesen Grundsätzen ist auch zu klären, ob und in welchem Umfang die von einem Arbeitnehmer für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier getragenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug gebracht werden können.
Für die danach erforderliche Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Einschluss befreundeter Arbeitskollegen begangen. Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist3.
Da Personen, die zusammen arbeiten, häufig auch private Kontakte untereinander pflegen, kann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ferner bedeutsam sein, ob nur ausgesuchte Arbeitskollegen eingeladen werden oder ob die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird. Werden Arbeitskollegen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten betrieblichen Einheit (z.B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung) oder nach ihrer Funktion, die sie innerhalb des Betriebes ausüben (z.B. alle Außendienstmitarbeiter oder Auszubildenden), eingeladen, legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen für diese Gäste (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige zu einzelnen dieser nach abstrakten berufsbezogenen Gründen eingeladenen Kollegen freundschaftlichen Kontakt pflegen sollte. Werden demgegenüber nur einzelne Arbeitskollegen eingeladen, kann dies auf eine nicht nur unerhebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen für diese Gäste schließen lassen und ein Abzug deshalb ausscheiden4.
In Bezug auf den Anlass einer Feier ist zu berücksichtigen, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist. Denn der Beschäftigte wird im Rahmen eines Dienstjubiläums für seine langjährige, treue Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn geehrt. Mit dem Dienstjubiläum spricht der Dienstherr dem Beamten Dank und Anerkennung für treu geleistete Dienste aus5. Bei einem Dienstjubiläum steht mithin die Würdigung der vom Beamten für den Dienstherrn geleisteten Dienste im Vordergrund. Es ist damit Teil der Berufstätigkeit des Beamten.
ieser Erkenntnis steht der Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 500 zum „Priesterjubiläum“ nicht entgegen. Denn eine Feier aus Anlass der Priesterweihe vor 25 Jahren erinnert an das empfangene Weihesakrament und hat keinen Berufsbezug. Durch die Priesterweihe wird der Geweihte beauftragt, in besonderer Weise dem kirchlichen Leben zu dienen (www.bistummainz.de), nicht jedoch in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer (Tarifbeschäftigter) im kirchlichen Dienst berufen.
Auch weicht der Bundesfinanzhof mit der Auffassung, dass ein Dienstjubiläum ein berufsbezogenes Ereignis ist, nicht von seinem Urteil vom 08.03.19906 ab. Zwar hat der Bundesfinanzhof dort Aufwendungen eines Beamten anlässlich eines Dienstjubiläums als Kosten der Lebensführung und nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beurteilt. Dem liegt aber nicht die Rechtsauffassung zugrunde, dass ein Dienstjubiläum ein privates Ereignis sei. Vielmehr hat der Bundesfinanzhof den Abzug als Werbungskosten wegen der Besonderheiten des dortigen Streitfalls versagt. Es handelte sich bei der in dem Urteil vom 08.03.19907 zu beurteilenden Feier um eine gesellschaftliche Veranstaltung (Empfang) mit rund 250 geladenen Personen des öffentlichen Lebens, die vom dortigen Kläger – ebenfalls einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens – zur Erfüllung seiner Repräsentationspflichten, die die gehobene berufliche Position mit sich brachte, ausgerichtet wurde. So verhält es sich im Streitfall jedoch gerade nicht.
Das Niedersächsische Finanzgericht ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Zum einen hat es seiner Entscheidung die unzutreffende Prämisse zugrunde gelegt, dass die Begehung eines Dienstjubiläums ein privates und kein dienstliches (berufliches) Ereignis ist. Zum anderen hat es außer Acht gelassen, dass der Schluss naheliegt, dass Aufwendungen für eine Feier (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.
Der Bundesfinanzhof konnte auch in der Sache selbst entscheiden und musste die Sache nicht zurückverweisen:
Nach den bindenden Feststellungen des Niedersächsischen Finanzgerichts beruhen die streitigen Bewirtungsaufwendungen des Klägers nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen. Sie sind vielmehr ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst.
Dies folgt zum einen aus dem dienstlichen (beruflichen) Anlass der Feier. Zum anderen wird dieser Schluss von dem Umstand getragen, dass der Kläger unterschiedslos alle Amtsangehörigen eingeladen hat.
Schließlich sind im Streitfall auch keine durchgreifenden Umstände ersichtlich, die für eine private Veranlassung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen streiten. Vielmehr sprechen die maßvollen Kosten (ca. 830 EUR bei 50 Gästen), Veranstaltungsort (Sozialraum des Finanzamts) und -zeit (Montag von 11 Uhr bis 13 Uhr und damit zumindest teilweise während der Dienstzeit) sowie die „Genehmigung“ der Feier durch die Amtsleitung gegen einen privaten Charakter der Feier.
Nach den auch insoweit bindenden Feststellungen des Niedersächsischen Finanzgerichts hat der Kläger den streitigen Betrag für Häppchen, Sekt und Wein tatsächlich verausgabt. Die Abzugsbeschränkung gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt. Damit war der Klage im beantragten Umfang stattzugeben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.01.2016 – VI R 24/15
- Niedersächsisches Finanzgerichts, Urteil vom 03.12.2014 – 4 K 28/14 [↩]
- BFH, Urteil vom 08.07.2015 – VI R 46/14 [↩]
- BFH, Urteile vom 11.01.2007 – VI R 52/03; vom 01.02.2007 – VI R 25/03; vom 10.07.2008 – VI R 26/07; BFH, Beschluss vom 24.09.2013 – VI R 35/11 [↩]
- BFH, Urteil vom 08.07.2015 – VI R 46/14 [↩]
- VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.1994 – 4 S 2410/93 [↩]
- BFH, Urteil vom 08.03.1990 – IV R 108/88 [↩]
- BFH, Urteil vom 08.03.1990 – IV R 108/88 [↩]