Für einen Vermieter ist es misslich, wenn das Finanzamt davon ausgeht, dass keine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.
Erst recht ist es misslich, wenn es sich um eine WEG handelt, in deren Mitgliederversammlungen man keine Mehrheit findet.
Der Bundesfinanzhof hat nun nämlich in diesem Zusammenhang entschieden, dass, wenn ein Steuerpflichtiger eine in seinem Eigentum stehende Wohnung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauerhaft nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen kann, es nicht zu beanstanden ist, wenn das Finanzgericht nach einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen vom Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgeht.
In den konkreten Fall stritten die Beteiligten über das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich einer seit 1999 leerstehenden Wohnung.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erwarb 1993 eine Eigentumswohnung. Der Kaufpreis betrug 184.668 DM. Der Kaufpreis war an die Z-Bank als Treuhänder zu zahlen. Der Veräußerer garantierte drei Jahre lang eine Kaltmiete in Höhe von 8,50 DM/qm. Mit dem Erwerb wurde der Kläger Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Wohnung hat eine Größe von 84 qm und besteht aus zwei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, Küche, Bad, Flur und Balkon. Das gesamte Gebäude befand sich aufgrund eines Sanierungsstaus bereits seit 1993 in einem völlig desolaten und maroden Zustand; in dem aus sechs Wohnungen bestehenden Gebäude war im Jahr 2011 nur eine Wohnung bewohnt. Die Wohnung des Klägers stand seit 1999 durchgängig leer.
Im Jahr 1999 hatte die Eigentümergemeinschaft die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten beschlossen. Die dazu nötige Sonderumlage wurde aber nicht von allen Eigentümern gezahlt. Zudem kam es bei der beauftragten Hausverwaltung zu einem Untreuefall, in dessen Folge die Mittel der Sonderumlage abhanden kamen. Sanierungsmaßnahmen konnten daher zunächst weder in 2000 noch in 2001 begonnen werden. Eine 2001 einberufene Eigentümerversammlung war nicht beschlussfähig.
Im Jahr 2005 war die Sanierung zu 50 % durchgeführt. U.a. waren die Elektroheizungen ausgebaut, aber noch nicht durch die geplante Zentralheizung ersetzt worden. Aufgrund von ungeklärten Eigentümerverhältnissen, der fehlenden Bereitschaft sowohl der Z-Bank als auch der übrigen Eigentümer und aufgrund des Untreuefalls konnte die Sanierung nicht weitergeführt werden.
Der Kläger hatte 1999 die Hausverwaltung mit der Vermietung der Wohnung beauftragt. Diese war aufgrund des Zustands der Wohneigentumsanlage aber vor Abschluss der Sanierungsarbeiten nicht vermietbar. Dies teilte die Hausverwaltung dem Kläger im Jahr 2005 mit.
Am 01.12.2008 beauftragte der Kläger einen Makler mit der Vermietung der Wohnung. Die Wohnung wurde im Dezember 2009 in einem Internetportal beworben. Der Makler teilte im April 2012 mit, dass alle Bemühungen, die Wohnung zu vermieten, aufgrund des Gesamtzustands der Anlage und der nicht abgeschlossenen Sanierung (u.a. einer fehlenden Heizungsanlage und fehlenden TV-Anschlüssen) gescheitert seien. Im Jahr 2012 stellte sich heraus, dass eine weitere Sanierung zu diesem Zeitpunkt mangels Erreichbarkeit der übrigen Eigentümer nicht möglich war. Diese waren überwiegend unbekannt verzogen oder nicht auffindbar. Eine im Juli 2014 durchgeführte Eigentümerversammlung war nicht beschlussfähig. Bei der nachfolgenden Eigentümerversammlung im August 2014 wurde im Protokoll festgestellt, dass das Objekt zur Zeit nicht vermietbar sei. Eine weitere Eigentümerversammlung im November 2014 beschloss Sanierungsmaßnahmen, die aber wiederum nicht durchgeführt werden konnten.
Der Kläger erklärte in den Streitjahren 2006 bis 2010 insgesamt negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 36.737 EUR.
Das beklagte Finanzamt erkannte die Werbungskostenüberschüsse zunächst für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 sowie 2009 vorläufig an. Im Einkommensteuerbescheid 2008 war der Werbungskostenüberschuss nicht enthalten; der Bescheid stand unter Vorbehalt der Nachprüfung. Mit geändertem Einkommensteuerbescheid 2008 wurde der streitige Werbungskostenüberschuss vom Finanzamt berücksichtigt; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
2012 erließ das Finanzamt geänderte Bescheide für die Streitjahre 2006 bis 2009, in denen die Einkommensteuer ohne die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung der Wohnung festgesetzt wurden. In der Folge erging ein erstmaliger Einkommensteuerbescheid für 2010, in dem der geltend gemachte Werbungskostenüberschuss ebenfalls nicht berücksichtigt wurde.
Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen1.
Mit ihrer Revision zum Bundesfinanzhof hatten die Kläger keinen Erfolg.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen; sie sind nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen mit der im Zusammenhang beabsichtigten Vermietung einer (leerstehenden) Wohnung an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als (vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung nicht aufgegeben hat.
Danach sind Aufwendungen für Wohnungen, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leer stehen, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der jeweiligen Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Das Finanzgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt; es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln für das Gewichten einzelner Umstände gebunden. Der Bundesfinanzhof verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Urteile vom 11.12.20122 und vom 13.01.20153.
Diese Maßstäbe, die der Bundesfinanzhof zur Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Leerstand von Wohnungen entwickelt hat, sind in Fällen, in denen – wie im Streitfall – die Betriebsbereitschaft des Objekts nach vorangegangener Vermietung in der Leerstandszeit wegfällt, entsprechend anzuwenden. Danach hat das Finanzgericht die Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse in den Streitjahren zu Recht versagt.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat zutreffend eine Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers im Streitzeitraum für die streitige Wohnung Nr. 9 in dem Objekt verneint. Denn nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und damit gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des Finanzgerichts befand sich die Wohnung in den Streitjahren nicht mehr in einem vermietbaren Zustand. Dies hat das Finanzgericht aus zahlreichen Tatsachen, u.a. auch dem Zustand der Immobilie hergeleitet.
Der Kläger hat selbst eingeräumt, eine Vermietung wäre erst nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen möglich gewesen, deren Durchführung in den Streitjahren jedoch nicht möglich war. Dabei war für das Finanzgericht auch maßgeblich, dass der Zustand der fehlenden Betriebsbereitschaft kein vorübergehender war, sondern im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung seit mehr als 17 Jahren und damit besonders lang andauerte und das Ende dieses Zustands auch nicht konkret abgeschätzt werden konnte.
Das Finanzgericht hat dabei zutreffend in seine Würdigung einbezogen, dass der Kläger sich um eine Sanierung und damit Fertigstellung der Wohnung auch in den Streitjahren – durchaus intensiv und auch durch Beteiligung an den beschlossenen (Sonder-)Umlagen – bemüht hat. Es hat aber ebenfalls darauf abgestellt, dass der Kläger offenbar nicht in der Lage gewesen ist, eine Vermietung des Objekts zu erreichen. Denn zum Erreichen dieses Ziels war der Kläger auf die anderen Miteigentümer angewiesen, deren tatsächliche und finanzielle Mitwirkung in den Streitjahren nicht vorlag. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen sowohl in der Wohnung des Klägers als auch im Bereich des Gemeinschaftseigentums die Zustimmung in den Eigentümerversammlungen und finanzielle Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer der Anlage notwendig waren, deren Einholung in den Streitjahren mehrfach gescheitert und auch zukünftig (mehr als) unsicher und auch zeitlich nicht absehbar war.
Ausgehend von diesen objektiven Umständen ist der Schluss des Finanzgerichts, der Kläger habe die Einkünfteerzielungsabsicht für die streitige Wohnung bereits vor Beginn des Streitzeitraums aufgegeben und bis zum Ende des Streitzeitraums nicht wieder aufgenommen, nach dem eingeschränkten Maßstab revisionsrechtlicher Kontrolle4 nicht zu beanstanden. Nach der vom Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffenen Gesamtwürdigung steht fest, dass es dem Kläger spätestens seit 2005 nicht möglich war, die Vermietbarkeit der Wohnung herzustellen. Denn nach den Feststellungen des Finanzgerichts hatte der Kläger wegen der fehlenden Mitwirkung der übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft nicht die Macht (d.h. die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit), die Betriebsbereitschaft des Objekts herzustellen und damit eine Vermietung der Immobilie zu erreichen. In diese Gesamtwürdigung des Finanzgerichts fügt sich ein, dass nach den Feststellungen des Finanzgerichts die über Hausverwaltungen und Makler vorgenommenen Vermietungsbemühungen in den Streitjahren nicht ernsthaft und nachhaltig gemeint waren. Sie konnten aufgrund des Zustands der Anlage nach den Feststellungen des Finanzgerichts nur ins Leere laufen und dienten, was der Kläger in seiner Revisionsbegründung auch nicht über Verfahrensrügen in Streit zieht, lediglich der Prüfung, ob überhaupt Mietinteressenten vorhanden sind. Das Finanzgericht hat damit die fehlende Möglichkeit des Klägers, aufgrund des Zustands der Immobilie und der ausbleibenden Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer die Vermietbarkeit des Objekts herzustellen, und die nicht ernsthaft gemeinten Vermietungsbemühungen zu seiner Überzeugungsbildung herangezogen. Diese Würdigung ist, wenngleich nicht zwingend, so doch möglich und lässt weder einen Verstoß gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze erkennen; sie bindet gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Bundesfinanzhof.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.01.2017, IX R 17/16
- Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 06.04.2016 – 3 K 44/14 [↩]
- BFH, Urteil vom 11.12.2012 – IX R 14/12, BStBl. II 2013, 279 [↩]
- BFH, Urteil vom 13.01.2015 – IX R 46/13 [↩]
- vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 118 Rz 30 [↩]