Tritt ein Arbeitnehmer aus der Kirche aus, so muss er auf eine Abfindung, die er noch im gleichen Jahr erhält, nach einem Urteil des Finanzgerichts Köln gleichwohl noch anteilig Kirchensteuer zahlen.
Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 KiStG NW wird in den Fällen, in denen die Kirchensteuerpflicht nicht während des ganzen Kalenderjahres besteht, für jeden Kalendermonat, in dem die Kirchensteuerpflicht gegeben ist, je ein Zwölftel des Betrages erhoben, der sich bei ganzjähriger Kirchensteuerpflicht als Jahressteuerschuld ergeben würde (sog. Zwölftelungsregelung). Danach sind in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Kirchensteuer auch Einkommensteile einzubeziehen, die erst nach Wirksamwerden des Kirchenaustritts im Austrittsjahr zugeflossen sind. …
Dem stehen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken entgegen. Die Zwölftelungsregelung ist
verfassungsgemäß (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1998, 126 m.w.N.). Insbesondere verstößt sie nicht gegen Artikel 4 Abs. 1 Grundgesetz. Zwar ist es Ausfluss der durch diese Vorschrift gewährleisteten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, nicht zu öffentlichen Abgaben herangezogen zu werden, die nur von Kirchenmitgliedern erhoben werden dürfen. Die Heranziehung zur Kirchensteuer eines aus der Kirche Ausgetretenen über den Zeitraum des Auftritts hinaus bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres ist daher grundsätzlich verfassungswidrig (vgl. BVerfG-Beschluss vom 08.02.1977 1 BvR 329/71, BStBl II 1977, 451). Da nach § 3 Abs. 1 KiStG NW die Steuerpflicht mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem die Erklärung des Kirchenaustritts wirksam geworden ist, findet eine Nachbesteuerung im vorgenannten Sinne jedoch nicht statt. Die Erfassung solcher Einkunftsteile, die dem Steuerpflichtigen erst nach Wirksamwerden des Kirchenaustritts zufließen, sind einer verfassungsrechtlich unzulässigen Nachversteuerung nicht gleichzustellen, da durch die Zwölftelung im Grundsatz nur von einer zeitanteiligen Kirchensteuerpflicht ausgegangen wird. Im Grunde soll die Zwölftelungsregelung nur für den einmaligen Veranlagungszeitraum des Kirchenaustritts der Verwaltungsvereinfachung dienen (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1998, 126 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn nach dem Kirchenaustritt noch Einmalzahlungen oder Sondereinkünfte zufließen, z.B. in Form eines Veräußerungsgewinnes (vgl. BVerwG-Urteil vom 12.02.1988 8 C 16/86, BVerwGE 79, 62 und Urteil FG Baden-Württemberg vom 16.09.1994 9 K 227/92, EFG 1995, 138).Auch kann sich die Klägerin nicht erfolgreich darauf berufen, dass eine verfassungswidrige Nachbesteuerung darin liege dass die Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werde und der Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerade nach dem Kirchenaustritt gelegen habe. Eine Abfindung wird für die (vorzeitige) Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund des bisherigen Arbeitsvertrages gezahlt. Sie hat ihre Grundlage in der vergangenen, u.U. langjährigen Tätigkeit für den Arbeitgeber und wird in der Regel nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses bemessen. Die Abfindung wird damit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erwirtschaftet und stellt eine zusätzliche Vergütung der Arbeitstätigkeit dar. Dem steht nicht entgegen, dass sie (auch) dazu dienen soll, den Übergang in eine andere Tätigkeit oder den Ruhestand zu erleichtern. Sie ist insoweit mit einem Veräußerungsgewinn im Rahmen der gewerblichen Einkünfte zu vergleichen, wie die in beiden Fällen eingreifende Steuervergünstigung nach § 34 EStG deutlich macht. Diese enge Verknüpfung mit dem bestehenden Arbeitsverhältnis rechtfertigt die grundsätzliche Einbeziehung der Abfindung in die Bemessungsgrundlage. Eine Nachbesteuerung könnte allenfalls insoweit angenommen werden, als möglicherweise Teile der Abfindung erst nach dem Kirchenaustritt erwirtschaftet worden sind. Im Streitfall ist die weit vor dem Kirchenaustritt getroffen
Aufhebungsvereinbarung kurz nach diesem wirksam geworden, so dass in dieser geringen Zeitspanne zwischen Aufhebung und Austritt allenfalls ein unerheblicher Teil der Abfindung hätte erwirtschaftet werden können. Diese dann kaum ins Gewicht fallende Nachbesteuerung wäre jedoch durch die Anwendung der Zwölftelungsregelung ausreichend kompensiert worden.
Was ich mich in solchen Fällen allerdings immer frage: Ist der Kirchenaustritt eine Gewissensentscheidung oder eine Steuervermeidungsstrategie. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass es oftmals nur um die Vermeidung der Kirchensteuer geht. Meines Erachtens ist das aber eindeutig die falsche Entscheidungsgrundlage.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 16.02.2005 – 11 K 2/04