Mit einem jetzt veröffentlichten Urteil hat es der Bundesfinanzhof abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung zugelassen, dass bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften wahlweise stille Reserven aufgedeckt werden.
Wird eine Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft verschmolzen, dann steht der übertragenden Gesellschaft nach Maßgabe des Umwandlungssteuerrechts ein Wahlrecht darüber zu, ob sie die sog. Buchwerte ihres übergehenden Betriebsvermögens fortführen oder ob sie die stillen Reserven, die in dem Betriebsvermögen enthalten sind, ganz oder teilweise aufdecken will. Zu letzterem wird sie sich entscheiden, wenn sie Verluste erwirtschaftet; diese Verluste können dann „steuersparend“ mit den aufgedeckten stillen Reserven verrechnet werden. Aus Sicht des Handelsrechts besteht ein solches Wahlrecht allerdings nicht; die Buchwerte sind stets fortzuführen. Diese Rechtslage schlug nach bisheriger Praxis der Finanzverwaltung wegen der handelsrechtlichen Maßgeblichkeit auf das Umwandlungssteuerrecht durch.
Der BFH ist der Verwaltungspraxis im Urteil vom 5. Juni 2007 nicht gefolgt. Er sah vielmehr umgekehrt die umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen gegenüber dem Handelsrecht als vorrangig an.
Die Auffassung des BFH entspricht der gegenwärtigen Rechtslage: Seit der Reform des Umwandlungssteuerrechts im letzten Jahr wird im Gesetz ausdrücklich auf die Maßgeblichkeit des Handelsrechts für das umwandlungssteuerrechtliche Wahlrecht verzichtet.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 5. Juni 2007 – I R 97/06