Eine pauschale „Schachtelstrafe“ von 5% auf Gewinne aus Auslandsbeteiligungen ist nach einem jetzt veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs nicht mit EU-Recht vereinbar.
Beteiligt sich eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft, dann bleiben seit dem körperschaftsteuerlichen Systemwechsel, im Grundsatz also vom Jahre 2002 an, sowohl die laufenden Dividenden als auch Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung nach § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Grundsatz steuerfrei. Lediglich 5% dieser Gewinne werden vom Gesetz pauschal als nichtabziehbarer Beteiligungsaufwand behandelt und sind damit im Ergebnis steuerpflichtig. Diese Einschränkung war allerdings verschiedenen gesetzlichen Änderungen unterworfen und galt bis 2003 nur für Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften, ansonsten nicht.
Der Bundesfinanzhof hat nun jedoch entschieden, dass die unterschiedliche Behandlung inländischer und ausländischer Beteiligungen nicht im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverboten steht: Er erkennt darin sowohl einen Verstoß gegen die Niederlassungs- als auch die Kapitalverkehrsfreiheit. Abweichend von der Niederlassungsfreiheit erstrecke sich die Kapitalverkehrsfreiheit prinzipiell auch auf Beziehungen zu solchen Staaten, die keine Mitgliedstaaten der EU sind. Im konkreten Fall betrifft dies die Direktbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Südafrika.
Zugleich hat der BFH entschieden, dass dies alles auch dann gilt, wenn die Beteiligung über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten wird. Er widerspricht damit der Finanzverwaltung, die für die Gewerbesteuer in der Vergangenheit – bis zum Erhebungszeitraum 2003 – eine andere Auffassung vertritt.
Nach gegenwärtiger Rechtslage kommt beiden Streitfragen keine unmittelbare Bedeutung mehr zu: Dass § 8b KStG auch bei Zwischenschaltung einer Personengesellschaft nicht nur für die Körperschaftsteuer, sondern ebenso für die Gewerbesteuer gilt, steht jetzt ausdrücklich im Gesetz. Und die „Schachtelstrafe“ von 5 % bezieht sich zwischenzeitlich sowohl auf Inlands- als auch auf Auslandsbeteiligungen. Allerdings gibt der BFH zu bedenken, ob sie dann anzuwenden ist, wenn der Kapitalgesellschaft durch die Beteiligung tatsächlich – wie im Urteil – überhaupt keine Aufwendungen entstehen.
Mit dieser Entscheidung zieht der BFH auch die Konsequenzen aus zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofs aus den Jahren 2003 („Bosal“) und 2006 („Keller Holding“)
Beteiligt sich eine Körperschaft über eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) an einer anderen Körperschaft, bleiben Gewinnanteile (Dividenden) aus dieser Beteiligung sowie Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an der Körperschaft nach § 8b Abs. 1 und 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der zwischengeschalteten Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gemäß § 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F. außer Ansatz.
§ 8b Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 verstößt sowohl gegen die gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 und 48 EG als auch gegen die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 9. August 2006 – I R 95/05