Aktuell scheint das Thema „Gemeinnützigkeit“ bei Bundesfinanzhof vermehrt auf der Liste zu stehen.
Nachdem wir kürzlich hier die Frage der Gemeinnützigkeit bei Vereinen – konkret einer Freimaurerloge – thematisiert hatten, ging es nun in einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs um die allgemeinpolitische Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft.
In dem konkreten Fall hatte ein Spender einem Verein, der den Umweltschutz durch zahlreiche Einzelprojekte fördert, einen Geldbetrag zugewendet. Die Spende war zweckgebunden zur Unterstützung der Durchführung eines Volksbegehrens, das die Rekommunalisierung von Energienetzen zum Gegenstand hatte. Der Verein stellte hierfür eine Zuwendungsbestätigung aus. Das Finanzamt hielt dies für unzulässig, da die Unterstützung eines Volksbegehrens eine unzulässige politische Betätigung darstelle und der Umweltschutz
durch ein Volksbegehren nicht unmittelbar gefördert werde.
Dies sieht der Bundesfinanzhof anders.
Das Finanzamt hat den Haftungsbescheid zunächst darauf gestützt, dass die streitgegenständlichen Zuwendungen von insgesamt 1.000 EUR nicht für den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Satzungszweck des Klägers (Umwelt- und Naturschutz) verwendet worden seien. Jedenfalls auf der Grundlage des derzeitigen Streitstoffs kontte der Bundesfinanzhof aber nicht zu dem Ergebnis kommen, dass diese Erwägungen des Finanzamts tragfähig sind.
Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit „darauf gerichtet ist“, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen u.a. „die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes …“.
Die Förderung des Umweltschutzes umfasst alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu sichern, den Naturhaushalt (Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere, Pflanzen) zu schützen und eingetretene Schäden zu beheben. Insbesondere wird der Klimaschutz unter den Begriff des Umweltschutzes gefasst.
Die gesetzliche Formulierung „darauf gerichtet ist“ zeigt, dass es weder auf den tatsächlichen Erfolg der Maßnahme noch auf die Vollendung der Förderung ankommt1. Ausreichend ist vielmehr, dass die von der Körperschaft entfaltete Tätigkeit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des in § 52 Abs. 2 AO genannten Gemeinwohlzwecks darstellt.
Eine eher weite und die effektive Förderung des Schutzzwecks ermöglichende Auslegung der Gemeinwohlziele „Umweltschutz“ und „Naturschutz“ ist auch deshalb geboten, weil der Verfassungsgeber den „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ in Art. 20a GG durch eine eigene Staatszielbestimmung hervorgehoben hat. Dabei handelt es sich um ein verfassungsrechtliches Rechtsgut von hohem Wert2. Dies hebt diese Gemeinwohlziele über andere steuerbegünstigte Betätigungen, die der einfache Gesetzgeber in den Katalog des § 52 Abs. 2 AO aufgenommen hat, heraus.
Dies vorausgesetzt, ist zumindest fraglich, ob die vom FA vorgebrachten Argumente hinreichend tragfähig sind, um zu der Würdigung zu gelangen, der Kläger habe mit seinem Eintreten für die Rekommunalisierung der Energienetze nicht mehr dem Ziel des Umweltschutzes gedient.
Das Finanzamt bringt zunächst vor, der Rückkauf der Energienetze stelle eine wirtschaftliche Maßnahme ohne direkte Auswirkung auf den Umweltschutz dar. Es seien zu viele Zwischenschritte erforderlich, um das vom Kläger bezeichnete Umweltschutzziel zu erreichen. Nicht der Kläger selbst, sondern erst die Stadt als neue Netzbetreiberin solle nach der Vorstellung des Klägers den Umweltschutz fördern.
Insoweit ist, so der Bundesfinanzhof, darauf hinzuweisen, dass jedenfalls zahlreiche Teilaspekte des Förderziels „Umweltschutz“ – im Gegensatz zu beispielsweise der Kleingärtnerei oder einer Karnevalsfeier (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO) – kaum durch den Einzelnen, sondern wirkungsvoll nur durch die Allgemeinheit bzw. durch den Staat, etwa mittels der Einführung entsprechender, allgemeinverbindlicher verhaltenslenkender Normen oder umweltgerechter Handlungsalternativen oder einer umweltgerechten Ausgestaltung staatlicher Vorhaben, gefördert werden können. Dem Begehren nach Durchführung staatlicher bzw. gesetzgeberischer Maßnahmen sind aber häufig zahlreiche Zwischenschritte immanent; ebenso ist der Verfolgung des Ziels „Umweltschutz“ die Setzung von Anreizen zu einer Verhaltensänderung Dritter immanent. Daraus folgt, dass zur Erreichung des eigentlichen Ziels „Umweltschutz“ – stärker als bei anderen in § 52 Abs. 2 AO genannten Gemeinwohlzielen – auch Zwischenschritte erforderlich sein können, diese also der Verfolgung des Ziels „Umweltschutz“ nicht von vornherein entgegenstehen. So hat der Bundesfinanzhof einen Verein, der sich auf die Verbreitung kritischer Informationen über die Risiken einer bestimmten Energieerzeugungstechnologie beschränkte und an friedlichen Demonstrationen teilnahm, als gemeinnützig angesehen3, obwohl weder durch Informationen noch durch Demonstrationen der Zustand der Umwelt unmittelbar beeinflusst oder gar verbessert wird.
Ferner vertritt das Finanzamt die Auffassung, im Bereich des Umweltschutzes sei zu fordern, dass die begehrten Maßnahmen mit so großer Wahrscheinlichkeit eine derartige Verbesserung der Umwelt herbeiführen, dass demgegenüber die mit der Maßnahme für die Allgemeinheit verbundenen Kosten und die Beeinträchtigung des Wettbewerbs zurücktreten müssten.
Dies lässt sich indes weder dem Gesetz noch der bisherigen Rechtsprechung entnehmen. Zielkonflikte sind dem umfangreichen Katalog des § 52 Abs. 2 AO immanent. Sie führen aber nicht dazu, die – bei isolierter Betrachtung des Satzungszwecks einer Körperschaft gegebene – Förderung der Allgemeinheit allein deshalb zu versagen, weil die Tätigkeit dieser Körperschaft einen anderen der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke beeinträchtigt4.
Eine gemeinnützige Körperschaft darf die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten. Die endgültige Abwägung zwischen den widerstreitenden Zielen obliegt ohnehin nicht der Körperschaft, sondern den politischen Entscheidungsträgern, an die das Anliegen herangetragen wird, bzw. im Falle eines Volksbegehrens der Gesamtheit der abstimmenden Bürger.
Soweit das Finanzamt auf die Kosten des Rückerwerbs der Energienetze abstellt und hierin einen „materiellen Schaden“ sowie eine „Gemeinschädlichkeit“ erkennt, ist darauf hinzuweisen, dass die hierfür eingesetzten öffentlichen Mittel nicht verloren sind, sondern der nunmehr staatliche Netzbetreiber einen Gegenwert in Form eines Sachwerts sowie eine laufende Rendite (§ 21 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes) in Gestalt der Netzentgelte erlangt.
Die vom Finanzamt vermissten Aussagen des Klägers zur grundsätzlichen Eignung einer Rekommunalisierung der Energienetze zur Verwirklichung des Ziels der „Energiewende“ und des Klimaschutzes sind zum einen im Schreiben des Klägers vom 28.02.2013 sowie in dem eingereichten Gutachten vom 27.02.2013 enthalten und zum anderen – anders als das Finanzamt vorbringt – nicht etwa allein auf das Stromnetz beschränkt. Danach soll der Umbau des Stromnetzes zu einem „smart grid“ ein effizienteres Zusammenspiel von Energieerzeugung, Netzmanagement und Stromnachfrage ermöglichen, um erneuerbare Energien besser zu integrieren. Das Gasnetz soll nach der Vorstellung des Klägers genutzt werden, um in Phasen, in denen sehr viel elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird, diesen überschüssigen Strom in Wasserstoff oder Methan umzuwandeln und diese gasförmigen Stoffe im Gasnetz zu speichern („power to gas“). Das Fernwärmenetz soll ausgebaut werden, um durch bessere Brennstoffausnutzung (Verwendung der bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen anfallenden, normalerweise ungenutzt bleibenden Abwärme zu Heizzwecken) die CO2-Emissionen zu verringern („Kraft-Wärme-Kopplung“).
Umgekehrt gibt es durchaus Indizien, die das Vorbringen des Klägers, die Unterstützung der Volksinitiative sei auf die Förderung des Ziels „Umweltschutzes“ gerichtet gewesen, als tragfähig erscheinen lassen könnten.
So ist der öffentlichen Hand, die schon kraft des geltenden Verfassungsrechts nicht ausschließlich am ökonomischen Erfolg, sondern auch am Gemeinwohl orientiert ist, auch in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiberin stets eine Abwägung zwischen rein ökonomischen Gesichtspunkten und anderen – z.B. umweltrelevanten – Aspekten möglich. Dass bei einer solchen Abwägung durch öffentliche Stellen bzw. öffentliche Anteilseigner auch der Umweltschutz in hervorgehobener Weise zu berücksichtigen ist, zeigt bereits die – vom Finanzamt bisher offenbar übersehene – Staatszielbestimmung des Art. 20a GG. Demgegenüber wird ein privater Energiekonzern, dessen Führung sich vorwiegend den Aktionären verpflichtet fühlen dürfte, Gesichtspunkte des Umweltschutzes, die – wie es häufig der Fall sein wird – bei isolierter Betrachtung den Gewinn des Unternehmens schmälern könnten, in der Regel eher nicht berücksichtigen, sofern es keine Rechtspflicht zur Beachtung umweltrelevanter Vorgaben gibt.
Auf der anderen Seite macht allein der vorstehend dargestellte Umstand, dass öffentliche Stellen bei ihren Planungen und Entscheidungen schon von selbst auch die Belange des Natur- und Umweltschutzes zu berücksichtigen haben, die Tätigkeit einer Körperschaft, die zur Förderung des Umweltschutzes auf den Prozess der öffentlichen Willensbildung Einfluss nimmt, nicht überflüssig.
Darüber hinaus hat der Kläger weitere Indizien dafür vorgetragen, dass die von ihm befürwortete Rekommunalisierung der Energienetze noch in einem hinreichenden – die Annahme einer Mittelfehlverwendung ausschließenden – Maße mit dem Satzungsziel „Umweltschutz“ in Zusammenhang zu bringen war.
So hat das Finanzgericht Hamburg bereits festgestellt, dass die Anhörung zu der Volksinitiative durch den Umweltausschuss der Bürgerschaft – und nicht etwa, wie es die Auffassung des Finanzamtes nahegelegt hätte, durch den Wirtschafts- oder Finanzausschuss – durchgeführt worden ist.
Das Thema der vom Kläger am 29.19.2010 veranstalteten – vom Finanzgericht Hamburg ebenfalls festgestellten – Fachtagung lautete: „Rekommunalisierung der Netze — Chancen für erneuerbare Energien“. Damit hat der Kläger selbst die Rekommunalisierung der Netze in Zusammenhang mit der Förderung erneuerbarer Energien gebracht und in einen technisch-fachlichen Rahmen stellen wollen.
Im Revisionsverfahren hat der Kläger auf nunmehrige Äußerungen der Stadt Hamburg hingewiesen, die den Rückkauf der Energienetze als Teil ihrer Energiewende bezeichne und zukunftsfähige Netze als einen von drei strategisch entscheidenden Bereichen für die Energiewende benenne. Sollte das Finanzgericht Hamburg, so der Bundesfinanzhof, dies im zweiten Rechtsgang tatsächlich feststellen können, läge in dieser Äußerung einer Landesregierung ein erhebliches Indiz für die Eignung der vom Kläger entfalteten Tätigkeit zur Förderung des Umweltschutzes. Gleiches gilt für den vom Kläger zitierten Auszug aus dem Koalitionsvertrag derjenigen Bundestagsfraktionen, die die gegenwärtige Bundesregierung tragen.
Darüber hinaus hat das Finanzamt den Haftungsbescheid auf die – selbständig tragende – Begründung gestützt, der Kläger habe sich mit der Unterstützung der Volksinitiative in einer die Gemeinnützigkeit ausschließenden Weise unzulässig politisch betätigt. Steuersystematisch geht es dabei um die Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft sich – bei einem Satzungszweck, der als solcher den Anforderungen des § 52 Abs. 2 AO genügt – auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke beschränkt (vgl. § 63 Abs. 1 AO) oder ob daneben entgegen § 56 AO auch allgemeinpolitische Zwecke verfolgt werden5.
Auch insoweit konnte der Bundesfinanzhof beim gegenwärtigen Stand der Feststellungen dem Vorbringen des Finanzamtes aber nicht beitreten, so dass weitere Sachaufklärung erforderlich sein wird.
Der Bundesfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass insbesondere bei einer Körperschaft, deren Satzungsziel die Förderung des Umweltschutzes ist, der Versuch der Einflussnahme auf die Willensbildung staatlicher Stellen noch als Förderung der Allgemeinheit anzusehen ist und keine unzulässige politische Betätigung darstellt, solange der Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht verlassen wird6.
Zur Begründung heißt es in diesen Entscheidungen, der Schutz der Umwelt sei zu einem besonders wichtigen Gegenstand der allgemeinen Politik geworden. Diese Entwicklung lasse deutlich werden, dass eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung – zumindest im Bereich des Umweltschutzes – die Förderung der Allgemeinheit und damit auch die Gemeinnützigkeit nicht auszuschließen vermöge. Unter diesen Umständen könne offenbleiben, ob eine wirkungsvolle Förderung des Umweltschutzes unter den heutigen Bedingungen überhaupt ohne eine gewisse politische Zielsetzung denkbar und in der Praxis erreichbar und zu verwirklichen sei. Demgegenüber fehle es an der Gemeinnützigkeit, wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder überwiegender Zweck in der Satzung festgelegt sei und/oder die Körperschaft mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend einen solchen politischen Zweck verfolge. Dies könne aber nicht gelten, wenn eine als einziger Vereinszweck in der Satzung festgelegte und ausdrücklich im Gesetz genannte, als gemeinnützig begünstigte Tätigkeit nach den gegebenen Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden sei. Insbesondere das Eintreten für eine Änderung der Energiepolitik könne die Verneinung einer Förderung der Allgemeinheit nicht rechtfertigen. Dies folge aus dem grundsätzlichen Interessenwiderstreit zwischen der Energienutzung und dem Schutz der Umwelt. Wenn und solange die Körperschaft durch ihr Wirken im Einklang mit ihrem Satzungszweck mit dazu beitrage, eine Lösung für die Umweltprobleme der Energienutzung zu finden, liege dies ganz allgemein im Interesse der Öffentlichkeit und sei damit auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtet. Dass eine Körperschaft ihre Auffassung durch kritische Information und Diskussion der Öffentlichkeit und auch Politikern nahebringe, mache sie noch nicht zu einem politischen Verein. Die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung trete in solchen Fällen gegenüber der Förderung des Umweltschutzes weit in den Hintergrund. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass fast jeder (Umweltschutz-)Verein als politischer Verein zu behandeln wäre und gemeinnützige Tätigkeiten in diesem Bereich fast gänzlich ausgeschlossen wären. Nur wenn sich aus dem Vereinszweck und der tatsächlichen Geschäftsführung eine alleinige oder doch andere Zwecke weit überwiegende politische Zielsetzung und deren Verwirklichung ergäben, könne von einem politischen Verein auszugehen sein.
Darüber hinaus darf die Betätigung den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht verlassen. Dabei soll diese Grenze überschritten sein, wenn der Verein ankündigt, künftig möglicherweise Sitzblockaden durchzuführen und polizeiliche Anordnungen eventuell nicht zu beachten.
In einer Entscheidung zum Satzungsziel „Völkerverständigung“ (heute § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 AO) hat der Bundesfinanzhof7 für eine noch unschädliche Einflussnahme auf die politische Diskussion in seiner Subsumtion darauf abgestellt, dass die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert und zulässt, die von der Körperschaft zu ihren satzungsmäßigen Zielen vertretenen Auffassungen – trotz „zum Teil drastischer Sprechweise“ – objektiv und sachlich fundiert sind, und die Körperschaft sich parteipolitisch neutral verhält.
Die Finanzverwaltung hat sich diesen Rechtsprechungsgrundsätzen angeschlossen (Nr. 15 AEAO zu § 52 AO); ebenso die ganz herrschende Literaturauffassung8.
Daraus ergibt sich die folgende Grundsystematik für die Prüfung, ob eine Körperschaft sich in einer die Gemeinnützigkeit ausschließenden Weise allgemeinpolitisch betätigt:
Das Betreiben oder Unterstützen von Parteipolitik ist immer gemeinnützigkeitsschädlich9. Dies folgt bereits aus der systematischen Unterscheidung des Ertragsteuerrechts zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke einerseits (z.B. § 10b Abs. 1, 1a EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) und der Förderung politischer Parteien andererseits (§ 10b Abs. 2 EStG; im Bereich des KStG ist insoweit gar keine Begünstigung vorgesehen). Diese Unterscheidung darf nicht durch eine Vermischung dieser Förderobjekte unterlaufen werden. Daher ist insoweit eine strikte Betrachtung geboten.
Äußerungen, die zwar in dem Sinne als „politisch“ anzusehen sind, als sie das Gemeinwesen betreffen, die aber zugleich parteipolitisch neutral bleiben, stehen der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht grundsätzlich entgegen. Dies gilt wegen der Erkenntnis, dass der Umweltschutz durch staatliche Maßnahmen in besonders wirksamer Weise gefördert werden kann, vor allem für Körperschaften, die den Umweltschutz fördern. Auch diese Betätigungen müssen aber durch den Satzungszweck der Körperschaft gedeckt sein.
Die politische Einflussnahme darf die anderen von der Körperschaft entfalteten Tätigkeiten jedenfalls nicht „weit überwiegen“.
Dies vorausgesetzt, sind beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens zunächst keine Gesichtspunkte erkennbar, die dafür sprechen könnten, dass die Unterstützung der Volksinitiative durch den Kläger seine Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität verletzt haben könnte. Er hat nicht zur Unterstützung einer bestimmten politischen Partei aufgerufen. Zudem treten nahezu alle relevanten politischen Parteien dafür ein, den Klimawandel zu begrenzen und erneuerbare Energien zu fördern.
Auch spricht aus den bereits angeführten Gründen beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nach Auffassung des Bundesfinanzhofs Vieles dafür, dass das Werben des Klägers für eine Rekommunalisierung der Energienetze – auch im Wege der Unterstützung einer Volksinitiative – sich im Rahmen seines Satzungszwecks „Umweltschutz“ gehalten hat.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.03. X R 13/15
ECLI:DE:BFH:2017:U.200317.XR13.15.0
- BFH, Urteile vom 13.12.1978 – I R 39/78; vom 23.11.1988 – I R 11/88 [↩]
- BVerfG, Urteil vom 06.12.2016 – 1 BvR 2821/11 [↩]
- BFH, Urteil vom 29.08.1984 – I R 203/81 [↩]
- BFH, Urteil vom 29.10.1997 – I R 13/97 [↩]
- BFH, Urteil vom 09.02.2011 – I R 19/10 [↩]
- BFH, Urteile vom 13.12.1978 – I R 39/78; vom 29.08.1984 – I R 203/81; vom 29.08.1984 – I R 215/81 [↩]
- BFH, Urteil vom 23.11.1988 – I R 11/88 [↩]
- Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Tz. 2.2.7., S. 84 f.; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.51 ff.; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 6 Rz 40; Klein/Gersch, 13. Aufl., § 52 AO Rz 48; Weitemeyer/Kamp, DStR 2016, 2623; ausführlich Hüttemann, DB 2015, 821 [↩]
- BFH, Beschluss vom 14.03.1990 – I B 79/89; Urteil vom 23.09.1999 – XI R 63/98 [↩]