Im Erbfall gibt es leider immer wieder verschiedene „Kontrahenten“ des Erben. Insbesondere kommen in Betracht Miterben und Pflichtteilsberechtigte – aber natürlich auch das Finanzamt, welches über die Erbschaftsteuer gerne seinen Anteil hätte.
Geht es gegenüber dem Finanzamt um den Wert des Nachlasses und Nachlassverbindlichkeiten, so stellt sich die Frage, was vonb dem vorhandenen Geld bzw. Vermögen bei der Berechnung abgezogen werden kann.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf können jedenfalls die Grabpflegekosten bei der Berechnung der Nachlasswertes nicht berücksichtigt werden.
In dem entschiedenen Fall vestarb die Mutter des Erblassers A im Herbst des Jahres 2012. Ihr Leichnam wurde auf dem Friedhof X. der Stadt A. beigesetzt. Deshalb erwarb der Erblasser mit Wirkung ab dem 25.10.2012 bis zum 24.10.2032 das Nutzungsrecht an einer konkreten Grabstätte auf dem Friedhof X. Hierüber stellte die Stadt A. dem Erblasser unter dem 16.07.2013 eine Urkunde aus.
Der Erblasser verstarb zwischen dem 26. und 28.11.2013. Er wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts B-Stadt vom 28.01.2014 von dem Kläger allein beerbt.
Der Kläger, Cousin des Erblassers A, machte mit seiner am 03.12.2014 beim beklagten Finanzamt abgegebenen Erbschaftsteuererklärung als Nachlassverbindlichkeiten Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. von etwa 57.600 € sowie Kosten für einen noch fertig zu stellenden Kanalanschluss für eine auf einem zum Nachlass gehörenden Grundstück errichtete Garage von etwa 6.000 € geltend. Er führte hierzu aus:
Er sei als Erbe in die vom Erblasser der Stadt A. gegenüber bestehende Verpflichtung eingetreten, die Grabstätte auf dem Friedhof X. zu pflegen und instand zu halten. Einschließlich seines eigenen Zeitaufwands seien für die Pflege der Grabstätte wöchentlich 50 € anzusetzen, was bei einer Restlaufzeit des vom Erblasser erworbenen Nutzungsrechts einem Gesamtbetrag von 57.600 € entspreche.
Im Rahmen der Bewertung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks sei festgestellt worden, dass die dort errichtete Garage noch nicht an die Kanalisation angeschlossen sei. Die Kosten hierfür habe er mit 6.000 € geschätzt.
Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 27.02.2015 26.550 € Erbschaftsteuer fest. Dabei berücksichtigte es neben dem Pauschbetrag von 10.300 € nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG einen Betrag von 4.650 € hinsichtlich der vom Kläger für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. geltend gemachten Kosten.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor:
Er sei bei der Berechnung der Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X. von einem unzutreffenden Nutzungszeitraum ausgegangen. Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Nutzungszeitraums betrage der hierfür abzuziehende Betrag 49.200 €.
Der Kläger hat am 29.05.2015 Klage erhoben.
Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer mit Einspruchsentscheidung vom 12.07.2016 auf 26.160 € neu fest. Dabei berücksichtigte es die vom Kläger geltend gemachten Kosten für einen Anschluss der Garage an die Kanalisation mit 6.000 € als Nachlassverbindlichkeiten. Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof in X. berücksichtigte es nicht mehr. Zur Begründung führte es aus: Kosten für die Pflege einer Grabstätte könnten grundsätzlich nur für das Grab des betreffenden Erblassers abgezogen werden. Die Verpflichtung des Erblassers zur Pflege der Grabstätte habe sich zudem aus der Friedhofssatzung der Stadt A. ergeben und sei mangels Schuldanerkenntnis des Erblassers nicht auf den Kläger übergegangen. Im Übrigen würden sich die Leistungen und Gegenleistungen im Rahmen des Nutzungsverhältnisses gegenseitig ausgleichen.
Die Stadt A. stellte dem Kläger unter dem 11.11.2016 eine Urkunde über den Erwerb eines Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte Z auf dem Friedhof X. für den Zeitraum vom 29.11.2013 bis zum 11.11.2033 aus.
Der Kläger trägt mit seiner Klage vor:
Der Erblasser habe stets ein besonderes Interesse an der Grabstätte auf dem Friedhof in X. gehabt. Er habe den Wunsch gehabt, dass die Grabstätte auch nach seinem Tod versorgt werde. Die Pflege der Grabstätte stelle für ihn deshalb nicht nur eine moralische, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung dar. Der auf ihn übergegangenen Verpflichtung zur Pflege der Grabstätte stehe keine Gegenleistung der Stadt A. gegenüber. Der Erblasser hätte auch eine pflegefreie Grabstätte wählen können.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen.
Das beklagte Finanzamt hat es nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf zu Recht abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X., für die der Erblasser ein Nutzungsrecht von der Stadt A. erworben hatte, als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Die vom Kläger geltend gemachten Kosten sind nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig. Denn hierunter können nur die Kosten der Bestattung des Erblassers selbst fallen1.
Die Kosten für die Pflege der Grabstätte auf dem Friedhof X., für die der Erblasser ein Nutzungsrecht von der Stadt A. erworben hat, sind auch nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig. Danach können grundsätzlich die vom Erblasser herrührenden Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Der Abzug setzt nicht voraus, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits vollständig wirksam entstanden sind. Vom Erblasser herrührende Schulden sind vielmehr auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre2.
Das Nutzungsrecht an der fraglichen Wahlgrabstätte ist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 der Friedhofssatzung mit der Zahlung der Gebühr und der Aushändigung der Verleihungsurkunde durch die Stadt A. noch in der Person des Erblassers entstanden. Das Nutzungsrecht ist gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 Buchst. i der Friedhofssatzung auf den Kläger übergegangen. Nach § 15 Abs. 4 Satz 4 der Friedhofssatzung ergab sich aus dem Erwerb des Nutzungsrechts die Pflicht zur Anlage und Pflege der Grabstätte. Diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist zwar auf den Kläger übergegangen. Gleichwohl kann er die ihm zukünftig entstehenden Aufwendungen für die Pflege und Unterhaltung der Grabstätte nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehen. Dem steht der Umstand entgegen, dass die Verpflichtung zur Pflege und Unterhaltung der Grabstätte als Nebenpflicht des Nutzungsberechtigten neben der Zahlung der Nutzungsgebühr Bestandteil eines im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11 ErbStG) noch nicht abgeschlossenen öffentlichen-rechtlichen Nutzungsverhältnisses ist.
Sogenannte schwebende Geschäfte gelten steuerrechtlich regelmäßig als ausgeglichen, weil sie auf gegenseitig vereinbarten Leistungsbeziehungen beruhen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Erbschaftsteuer. Schwebende Geschäfte sind daher bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Erbschaftsteuer regelmäßig so zu berücksichtigen, dass sie sich auf deren Höhe nicht auswirken, sofern Leistung und Gegenleistung wertmäßig in etwa ausgewogen sind3.
Im Streitfall hätte das beklagte Finanzamt bei der Ermittlung des Wertes des Nachlasses an sich das restliche Nutzungsrecht an der in Rede stehenden Wahlgrabstätte, das auf den Kläger übergegangen ist, als Vermögensgegenstand berücksichtigen können. Dem wären nur noch die zukünftig zu tätigen, ggf. abzuzinsenden (§ 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes) Aufwendungen für die Pflege und Unterhaltung der Grabstätte als Abzugsposten gegenüber zu stellen, weil der Erblasser die Gebühr bereits entrichtet hatte. Hiernach hätte sich indes kein Abzugsbetrag zugunsten des Klägers ergeben, weil davon auszugehen ist, dass die Gebühr und Verpflichtung zur Pflege der Grabstätte jedenfalls dem Wert des Nutzungsrechts entsprechen.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass das Nutzungsrecht an der Wahlgrabstätte für den Kläger keinen Wert hat und aus diesem Grunde ausnahmsweise ein Abzug der Verpflichtung zur Pflege der Grabstätte dem Grunde nach zulässig wäre. Denn bei der fraglichen Grabstätte handelt es sich um diejenige für die Tante des Klägers in A., dem Wohnsitz des Klägers. Überdies hat der Kläger durch die Umschreibung des Nutzungsrechts auf sich (§ 15 Abs. 4 Satz 3 der Friedhofssatzung) zum Ausdruck gebracht, dass dieses sehr wohl einen Wert für ihn hat.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2017 – 4 K 1641/15 Erb
ECLI:DE:FGD:2017:0117.4K1641.15ERB.00
- FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.03.1997 – 4 K 1904/96; Thüringer FG, Urteil vom 17.03.2010 – 4 K 856/08 [↩]
- BFH, Urteil vom 15.06.2016 – II R 51/14 [↩]
- BFH, Urteile vom 16.05.2007 – II R 61/99; vom 02.03.2011 – II R 5/09 [↩]