Schenkungsteuer bei Schenkungsketten

Nach § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Anstelle der Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG).

Die Zusammenrechnungsregelung in § 14 ErbStG soll gewährleisten, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt. Die Zusammenrechnung aller Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums soll somit verhindern, dass eine Zuwendung in mehrere aufeinander folgende Zuwendungen zerlegt wird, um eine niedrigere Erbschaftsteuerbelastung zu erreichen. Die Vorschrift ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist.

An dieser seit jeher bestehenden Bedeutung des § 14 ErbStG hat die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG, wie sie das Jahressteuergesetz 1997 eingeführt hat, nichts geändert. Der Gesetzgeber wollte dadurch lediglich unbillige Folgen für die Steuerpflichtigen vermeiden, die sich insbesondere durch für sie günstige Rechtsänderungen wie höhere Freibeträge oder niedrigere Steuersätze bei einem Übergang zu neuem Recht ergeben können . Derartige Änderungen können dazu führen, dass die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG anzurechnende Steuer niedriger ausfällt, als die für den Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer. Der Steuerpflichtige soll jedoch für den Letzterwerb insoweit keine Steuer zahlen, als er für einen Vorerwerb bereits Steuer in (mindestens) dieser Höhe zu entrichten hatte.

§ 14 Abs. 1 ErbStG hat über diese Ziele hinaus nicht zusätzlich den Zweck, die steuermindernde Wirkung des dem Steuerpflichtigen zur Zeit des letzten Erwerbs nach § 16 ErbStG zustehenden Freibetrags auszuschließen, soweit der Freibetrag nicht für den Anfall von Vermögensvorteilen von derselben Person innerhalb von zehn Jahren vor diesem Erwerb verbraucht worden ist. Ein solcher Ausschluss widerspräche dem System des ErbStG und ließe sich auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) weder durch die früheren Erwerbe noch unter dem Gesichtspunkt der Pauschalierung und Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen. Die in § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nunmehr alternativ vorgesehene Anrechnung der tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtenden Steuer kann die Berücksichtigung des zur Zeit des letzten Erwerbs gesetzlich bestimmten persönlichen Freibetrags nicht ersetzen, wenn die Steuersätze vor dem letzten Erwerb erhöht wurden, wie es beim Übergang zum neuen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht in der Fassung des JStG 1997 vielfach der Fall war, und deshalb die abziehbare fiktive Steuer höher als die tatsächlich für die Vorerwerbe zu entrichtende Steuer ist.

Um den dem Steuerpflichtigen zustehenden Freibetrag tatsächlich wirksam werden zu lassen, ist bei der Berechnung der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abziehbaren fiktiven Steuer ein Freibetrag vom Wert der Vorschenkungen nur in der Höhe abzuziehen, in der ihn der Steuerpflichtige innerhalb von zehn Jahren vor dem letzten Erwerb tatsächlich für Erwerbe von derselben Person verbraucht hat. Die Hinzurechnung eines „wieder auflebenden Freibetrags“ bei Schenkungsketten über zehn Jahre hinaus entfällt.

BFH, Urteil vom 2. März 2005 – II R 43/03)

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