Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass eine Berichtigung nach § 17 UStG für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraussetzt, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
Für die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist für den Umstand, „ob die Leistung … nicht ausgeführt worden ist“, auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob im Wege einer Prognose noch mit einer voraussichtlichen Ausführung der Leistung zu rechnen ist.
Gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 UStG hat der Unternehmer, der für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet hat, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt worden ist. Diese Vorschrift ist notwendiges Korrektiv zur Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 bzw. Buchst. b UStG, wonach die Steuer bei Voraus- bzw. Anzahlungen bereits vor Ausführung der Leistung entsteht, und zur Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, wonach die Steuer, die auf eine Zahlung vor Ausführung der Leistung entfällt, als Vorsteuer bereits abziehbar ist, wenn die Zahlung geleistet ist.
Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.
Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt1.
Dies gilt auch, soweit gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG angeordnet ist. Vereinnahmt der leistende Unternehmer ein Entgelt, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, berechtigt daher erst die Rückgewähr des Entgelts zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG2.
§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG beruht auf Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie). Danach wird
„im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes … die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert“.
Im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten danach eingeräumte Befugnis zur Festlegung von Bedingungen3 ist es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Rückgängigmachung der Besteuerung von der Rückgewähr des Entgelts abhängt2.
Wird § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG als Korrektiv der Istbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 bzw. Buchst. b UStGb und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG verstanden und die Vorsteuerberichtigung dementsprechend von der Rückgewähr der Anzahlung abhängig gemacht, ist für die Frage, ob die „Leistung nicht ausgeführt worden ist“, auf den Zeitpunkt der Entgeltrückgewähr abzustellen. Der Wortlaut der Vorschrift (Perfekt) ist insofern eindeutig. Maßgebend ist daher allein, dass im Zeitpunkt der Entgeltsrückgewähr die Leistung nicht ausgeführt war. Auf eine Prognose, dass die Leistung voraussichtlich nicht mehr ausgeführt werden wird, kommt es daher nicht an4.
Gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Dabei entsprichst es ständiger Rechtsprechung, dass die Umsatzsteuer in jedem zivilrechtlichen Entgelt anteilig in der gesetzlichen Höhe enthalten ist. Wird eine Zahlung geleistet, setzt sich der gezahlte „Bruttobetrag“ – unbeschadet der Art der Zahlung als Voll-, Teil-, An- oder Vorauszahlung – aus der rechnerisch in diesem Betrag enthaltenen Umsatzsteuer und dem nach Abzug der Umsatzsteuer verbleibenden Nettoentgelt zusammen5.
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22.05.2012 – 5 K 259/11
- BFH, Urteil vom 18.09.2008 – V R 56/06 [↩]
- BFH, Urteile vom 02.09.2010 – V R 34/09; vom 15.09.2011 – V R 36/09 [↩] [↩]
- vgl. EuGH-Urteil vom 29.05.200- 1 C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167 [↩]
- anderer Auffassung FG Baden Württemberg, Beschluss vom 14.10.1999 – 3 V 3/99; FG Hamburg, Urteil vom 23.03.2009 – 6 K 80/08 [↩]
- vgl. z. B. BFH, Urteil vom 20.01.1997 – V R 28/95 [↩]