Wie wir hier bereits berichtet hatten, hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 01.03.2010 – 1 Kap Js 721/06 Ks – einen Schönheitschirurgen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und auf ein vierjähriges Berufsverbot erkannt. Der Mediziner hatte an einer Patientin einen vierstündigen Eingriff (Schönheitsoperation im Bauchbereich, verbunden mit einer Fettabsaugung) ohne Hinzuziehung des erforderlichen Anästhesisten durchgeführt und veranlasste nach einem Herz-Kreislaufstillstand der Geschädigten erst sieben Stunden nach der erfolgten Reanimation eine Überstellung in ein Krankenhaus. Die Patientin verstarb an den Folgen dieser fehlerhaften Behandlung am 12. April 2006.
Sowohl der Schönheitschirurg als auch der Ehemann der verstorbenen Patientin, der als Nebenkläger an dem Verfahren beteiligt war, legten gegen diese Entscheidung Revision ein, so daß sich nunmehr der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen mußte.
Der Bundesgerichtshofs hat sämtliche Feststellungen des Landgerichts zum objektiven Tatgeschehen und zur Verantwortlichkeit des Angeklagten für den Tod seiner Patientin im Sinne einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) aufrechterhalten. Die Angriffe des Angeklagten gegen diese Feststellungen sind erfolglos geblieben.
Jedoch hat der Bundesgerichtshof den Schuldspruch aufgehoben und die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen. Die Beanstandung des Bundesgerichtshofs betrifft die Annahme eines versuchten Totschlags für eine spätere Phase des Tatgeschehens in der Praxis des Angeklagten, als die Patientin bereits unrettbar verloren war. Insoweit hat der Bundesgerichtshof einerseits die unzureichende Prüfung des bedingten Tötungsvorsatzes beanstandet, andererseits die unterlassene Bewertung ausgelassener Rettungschancen unter dem Gesichtspunkt eines versuchten Mordes durch Unterlassen.
Die neu berufene Schwurgerichtskammer wird demnach den Vorsatz hinsichtlich eines (versuchten) Tötungsdeliktes neu zu prüfen haben.
Auch die Beanstandungen der Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung und den Strafnachlass hatten Erfolg.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2011 – 5 StR 561/10