Der Europäischen Gemeinschaft kommt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs eine Zuständigkeit für den Erlass strafrechtlicher Maßnahmen zu, wenn dies für die effiziente Durchführung einer Gemeinschaftspolitik erforderlich ist. Art und Maß der anzuwendenden strafrechtlichen Maßnahmen können allerdings weiterhin von den Mitgliedstaaten bestimmt werden.
In dem jetzt vom EuGH entschiedenen, von der Kommission angestrengten Verfahren hatte die EU-Kommission die Auffassung vertreten, die in dem Rahmenbeschluss zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe enthaltenen Maßnahmen, die eine Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Strafsachen vorsähen, verstießen gegen Art. 47 EU und hätten auf den EG-Vertrag statt auf Titel VI des Vertrags über die Europäische Union gestützt werden müssen. Der EuGH ist dieser Argumentation gefolgt.
Der Fall betrifft damit die Zuständigkeitsverteilung zwischen der ersten und der dritten Säule der EU, aber auch zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten im Bereich des Strafrechts. Nach Meinung der Richter ist aus Sicht des Gemeinschaftsgesetzgebers der Erlass strafrechtlicher Maßnahmen für den wirksamen Umweltschutz im Hinblick auf die Verschmutzung durch Schiffe erforderlich und zur Bekämpfung schwerer Beeinträchtigungen in diesem Bereich unerlässlich. Die oben genannte Beschränkung der Gemeinschaftszuständigkeit könnte zum einen Auswirkungen auf den derzeitigen Richtlinienvorschlag der Kommission zum Umweltstrafrecht sowie auf den Richtlinienvorschlag über strafrechtlichen Maßnahmen zum Schutz des Geistigen Eigentums haben.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 23. Oktober 2007 – C-440/05