Ist ein Steuerpflichtiger nebenberuflich als Übungsleiter tätig, so sind nach § 3 Nr. 26 EStG die Einnahmen aus dieser Tätigkeit in Höhe von € 2.400 im Jahr steuerfrei.
Was ist es steuerlich aber zu werten, wenn der Übungsleiter Einnahmen unterhalb dieses Freibetrages aus dieser Tätigkeit erzielt und gleichzeitig die Verluste aus dieser Tätigkeit die Einnahmen übersteigen? Kann er dann diese Verluste im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Verlust steuerlich geltend machen?
In dem nun vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, Verluste (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) aus der Tätigkeit als Übungsleiter könnten steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben den Übungsleiterfreibetrag übersteigen.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte der hiergegen gerichteten Klage mit der Maßgabe stattgegeben, den geltend gemachten Verlust aus der Übungsleitertätigkeit des Klägers steuermindernd abzusetzen1.
Der Bundesfinanzhof hat diese Entscheidung nun aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Im Grundsatz hat der Bundesfinanzhof zwar dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zugestimmt, dass die Auffassung des Finanzamtes unzutreffend ist und Verluste auch abgezogen werden können, wenn Einnahmen und Ausgaben unterhalb des Freibetrages angesiedelt sind. Jedoch gelte dies nur, wenn die Tätigkeit als Übungsleiter mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt worden sei.
Aber im Einzelnen:
Zwar hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern nach Auffassung des Bundesfinanzhofs dem Grunde nach zu Recht die Abziehbarkeit von Erwerbsaufwendungen zur Erzielung von Einnahmen aus einer Übungsleitertätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG nach § 3c Abs. 1 EStG auch für den Streitfall bejaht, bei dem die Höhe der Einnahmen nicht über den Freibetrag des § 3 Nr. 26 EStG (2.400 EUR) hinausgeht.
Der Bundesfinanzhof konnte aber nicht abschliessend entscheiden, weil das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger seine Übungsleitertätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht i.S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeübt hat.
Wie der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 20.12.20172 entschieden hat, kann ein Sporttrainer, der mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig ist und steuerfreie Einnahmen unterhalb des Übungsleiterfreibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG erzielt, die damit zusammenhängenden Aufwendungen insoweit abziehen, als sie die Einnahmen übersteigen.
Die Abziehbarkeit der Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen des Klägers aus der Übungsleitertätigkeit stehen, richtet sich im Streitfall nach § 3c Abs. 1 EStG und nicht nach § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG.
Die letztgenannte Vorschrift, der zufolge die mit einer nebenberuflichen Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen, ist hier nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht anwendbar, weil die nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG steuerfreien Einnahmen von 108 EUR den Maximalbetrag von 2.400 EUR nicht übersteigen.
Entgegen der Rechtsansicht des Finanzamts folgt daraus jedoch nicht, so der Bundesfinanzhof weiter, dass der geltend gemachte Verlust im Streitfall schon dem Grunde nach nicht anzuerkennen ist. Die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG steht einem Abzug nicht entgegen3.
Hiernach dürfen Ausgaben, „soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen“, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
Die Einschränkung „soweit“ in § 3c Abs. 1 EStG besagt zunächst, dass bei Aufwendungen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang sowohl mit steuerpflichtigen als auch mit steuerfreien Einnahmen stehen, eine Aufteilung vorzunehmen ist („Aufteilungsgebot“). Dabei richtet sich der nicht abziehbare Teil nach dem Verhältnis, in dem die steuerfreien zu den gesamten Einnahmen, die der Steuerpflichtige aus einer Tätigkeit bezogen hat, stehen4.
Die Bedeutung der Konjunktion „soweit“ ist jedoch nicht auf solche Fälle beschränkt. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ausschließlich steuerfreie Einnahmen erzielt worden sind und die damit unmittelbar wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen höher sind, ermöglicht sie darüber hinaus eine Auslegung, wonach die Ausgaben nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen vom Abzug ausgeschlossen sind und der übersteigende Betrag steuerrechtlich zu berücksichtigen ist5.
Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Rechtsgrundsatz, bei steuerfreien Einnahmen dürfe kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden6. Die Anwendbarkeit des § 3c EStG wird durch diese Zweckbestimmung begrenzt7.
Die Abzugsbeschränkung kann deshalb nicht dazu führen, dass die im Rahmen einer Einkunftsart angefallenen Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, auch insoweit nicht abgezogen werden können, als sie die Einnahmen übersteigen3.
Eine solche Gesetzesauslegung würde nämlich zu dem nicht gerechtfertigten Ergebnis führen, dass ein Steuervorteil in einen Steuernachteil umschlägt8.
Die steuerliche Anerkennung des Verlustes setzt jedoch (auch) voraus, dass der Kläger seine nebenberufliche Tätigkeit als Übungsleiter mit der Absicht, einen Totalgewinn oder -überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen, ausgeübt hat. Denn sollte seine Tätigkeit als sog. Liebhaberei anzusehen sein, wären die daraus stammenden Einnahmen nicht steuerbar und die damit zusammenhängenden Aufwendungen steuerlich unbeachtlich9. Entsprechende Feststellungen des Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern fehlten in dem entschiedenen Fall.
Dies ist ein materiell-rechtlicher Mangel der angefochtenen Entscheidung, der im Streitfall zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führte.
Die Absicht der Gewinn- oder Überschusserzielung ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann10. Unabhängig von den Motiven, aus denen der Einzelne einer Beschäftigung nachgeht, ist eine Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht dann anzunehmen, wenn in der Regel Überschüsse aus der Beschäftigung tatsächlich erzielt werden. Umgekehrt ist von dem Fehlen einer Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht dann auszugehen, wenn die Einnahmen in Geld oder Geldeswert lediglich dazu dienen, in pauschalierender Weise die tatsächlichen Selbstkosten zu decken10. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 23.10.199211 eine steuerlich irrelevante Liebhaberei für den Fall angenommen, dass Sportler im Zusammenhang mit ihrer Betätigung lediglich Zahlungen erhalten, die geringer oder nur ganz unwesentlich höher sind als die ihnen entstandenen Aufwendungen.
Im konkreten Fall drängt sich nach Meinung des Bundesfinanzhofs eine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht auf, weil dem Kläger bei Einnahmen von lediglich 108 EUR Ausgaben von 608,60 EUR aufgrund von Fahrtaufwendungen entstanden sind. Die Einnahmen waren somit im Streitjahr nicht geeignet, die Ausgaben zu übersteigen oder auch nur in etwa abzudecken.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat deshalb im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob der Kläger bei seiner Vorgehensweise auf Dauer einen Totalgewinn erzielen konnte und ob er eine verlustbringende Tätigkeit möglicherweise wegen persönlicher Neigungen ausübte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.11.2018 – VIII R 17/16
ECLI:DE:BFH:2018:U.201118.VIIIR17.16.0
- FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.06.2015 – 3 K 368/14 [↩]
- BFH, Urteil vom 20.12.2017 – III R 23/15 [↩]
- BFH, Urteil vom 20.12.2017 – III R 23/15, BFHE 260, 271 [↩] [↩]
- BFH, Urteil vom 26.03.2002 – VI R 26/00, BFHE 198, 545, BStBl. II 2002, 823 [↩]
- BFH, Urteile vom 14.11.1986 – VI R 226/80, BFHE 148, 457, BStBl. II 1987, 385; vom 19.10.2016 – VI R 23/15, BFHE 255, 524, BStBl. II 2017, 345; Schmidt/Levedag, EStG, 37. Aufl., § 3c Rz 9; Desens, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3c EStG Rz 42; Isler, in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 3c Rz 30; Karrenbrock, in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 3c Rz 48; a.A. Blümich/Erhard, § 3c EStG Rz 47 [↩]
- BFH, vom 19.10.2016 – VI R 23/15, BFHE 255, 524, BStBl. II 2017, 345 [↩]
- BFH, Urteile vom 04.03.1977 – VI R 213/75, BFHE 122, 265, BStBl. II 1977, 507; vom 30.01.1986 – IV R 247/84, BFHE 146, 65, BStBl. II 1986, 401 [↩]
- BFH, Urteil vom 06.07.2005 – XI R 61/04, BFHE 210, 332, BStBl. II 2006, 163; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.05.2011 – 2 K 1996/10, EFG 2011, 1596; ähnlich FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.12.2007 – 7 K 3121/05 B, EFG 2008, 1535 [↩]
- BFH, Urteil vom 07.12.2005 – I R 34/05, BFH/NV 2006, 1068 [↩]
- BFH, Großer Senat, Beschluss 25.06.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl. II 1984, 751 [↩] [↩]
- BFH, Urteil vom 23.10.1992 – VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl. II 1993, 303 – betreffend Amateurfußballspieler [↩]