Umfang des Nachweises der Sachkunde für Hundetrainer nach § 11 TierSchG – im Zweifel Fachgespräch

Wir hatten hier bereits ausführlich über die Probleme berichtet, die daraus resultieren, dass seit Jahren die nach § 11 Abs. 2 TierSchG vorgesehene Rechtsverordnung für die näheren Voraussetzungen und das Verfahren für die Erteilung einer Erlaubnis, um z.B. als Hundetrainer tätig zu werden, nach wie vor nicht erlassen wurde.

Nun hatte sich das Oberverwaltungsgericht Lüneburg im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens damit zu beschäftigen, ob von dem Antragsteller vorgelegte Unterlagen über seine Qualifikation und Sachkunde ausreichen oder er von der Behörde zu Recht zu einem fachgespräch geladen wurde.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig sah die vorgelegten Unterlagen nicht als ausreichend an1; das Oberverwaltunsggericht Lüneburg hat diese Entscheidung nun bestätigt.

In dem entschiedenen Fall betreibt der Antragsteller seit 1988 eine gewerbliche Hundeschule, die er zunächst hauptberuflich und seit November 2014 neben dem Bezug einer Lebensaltersrente lediglich nebenberuflich führt. Im Hinblick auf die Einführung der Erlaubnispflicht einer gewerbsmäßigen Ausbildung von Hunden gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f TierSchG mit Wirkung zum 01.08.2014 beantragte der Antragsteller die Erteilung dieser Erlaubnis und legte im Laufe des Verwaltungsverfahrens diverse Unterlagen vor. Diese hielt die Antragsgegnerin zum Beleg der erforderlichen Sachkunde nicht für ausreichend und forderte den Antragsteller vergeblich auf, ein Fachgespräch zu absolvieren. Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers aufgrund fehlenden Sachkundenachweises ab und untersagte ihm die Ausübung der beantragten Tätigkeit.

Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Seinen zugleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, ihm bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens vorläufig zu gestatten, gewerbsmäßig für Dritte Hunde auszubilden oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anzuleiten, hat das Verwaltungsgericht Braunschweig mangels Anordnungsanspruches abgelehnt1. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht Braunschweig im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Antragsteller nach Würdigung der vorgelegten Unterlagen sowie unter Berücksichtigung seines bisherigen beruflichen und sonstigen Umgangs mit Tieren und des Vorverhaltens der Antragsgegnerin seine Sachkunde bisher nicht in ausreichendem Umfang nachgewiesen habe, sodass die Antragsgegnerin ihm zu Recht ein Fachgespräch abfordere. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Dem ist das Oberverwaltungsgericht Lüneburg gefolgt.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig habe zutreffend darauf hingewiesen, dass gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f, 21 Abs. 4 b TierSchG in der Fassung des Dritten Änderungsgesetzes zum Tierschutzgesetz vom 04.07.20132 seit dem 01.08.2014 eine Erlaubnispflicht für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Hundeschule besteht. Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer derartigen Erlaubnispflicht liegen unstreitig vor. Solange – wie bisher – das zuständige Bundesministerium von seiner in § 11 Abs. 2 TierSchG vorgesehenen Ermächtigung zur näheren Regelung des Erlaubnisverfahrens in Gestalt einer Rechtsverordnung noch keinen Gebrauch gemacht hat, ist gemäß § 21 Abs. 5 TierSchG unter anderem die bisherige Regelung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung – TierSchG a. F. – weiter anzuwenden. Hiernach muss die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten haben; der Nachweis hierüber ist auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat, so das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Antragsteller die demnach erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkundenachweis) bisher nicht hinreichend nachgewiesen hat, sodass die Antragsgegnerin zu Recht ein Fachgespräch fordert.

Nach der Systematik des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a. F. obliegt es demjenigen, der eine Erlaubnis zum Führen einer gewerblichen Hundeschule beantragt, seine Fachkunde hinreichend nachzuweisen. Der Begriff der Fachkunde stellt dabei einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der vom Verwaltungsgericht uneingeschränkt überprüft werden kann. Der Antragsteller kann seine Fachkunde in einem ersten Schritt auf zwei selbständig nebeneinander stehenden Wegen belegen: Zum einen (1. Alternative) durch eine Ausbildung und zum anderen (2. Alternative) durch den bisherigen – nicht zwingend beruflichen3 – Umgang mit Tieren. In beiden Fällen kann die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG zuständige Behörde in Zweifelsfällen in einem zweiten Schritt einen (weiteren) Nachweis in Gestalt eines mit ihr zu führenden Fachgesprächs verlangen. Dieses Erfordernis eines Fachgesprächs gilt trotz der Gesetzesbegründung zu der Neufassung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG durch die am 01.06.1998 in Kraft getretene Gesetzesnovelle4 nicht nur für den Personenkreis, der außerhalb einer Ausbildung oder eines beruflichen Umgangs die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einem privaten Umfeld erworben hat, sondern auch und gerade für die hier interessierende Personengruppe der bereits gewerblich und beruflich Tätigen5.

Der Beschwerdeeinwand des Antragstellers, es stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass der Gesetzgeber eine Erlaubnispflicht lediglich bei einer gewerblichen Tätigkeit eingeführt habe, während Ausbilder in einem Hundeverein von dieser Verpflichtung freigestellt seien, trifft nicht zu. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Erlaubnispflicht nicht auf Trainer klassischer Hundeschulen beschränkt, sondern erfasst zum einen auch das gewerbsmäßige einmalige Ausbilden von Hunden oder Anleiten von Hundehaltern zur Ausbildung ihrer Hunde6. Zum anderen ist bei der Hundeausbildung durch Vereine eine Gewerbsmäßigkeit jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Kosten für die Ausbildung etwa im Rahmen der örtlichen Hundeschulen liegen7. Ungeachtet dessen steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bestimmte Lebenssachverhalte unter eine Erlaubnispflicht zu stellen, während er andere unberücksichtigt lässt, ohne dass hierin ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt.

Der Beschwerdeeinwand des Antragstellers, bereits sein langjähriger Umgang mit Hunden und die „Vielzahl der Nachweise“ belege seine hinreichende Sachkunde, greift nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht durch. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat zu Recht ausgeführt, dass ein mehrjähriger beanstandungsfreier Betrieb einer Hundeschule zwar grundsätzlich ein Anhaltspunkt für das Bestehen der gesetzlich geforderten Sachkunde sein könne, aber kein hinreichender Nachweis dafür sei, dass der Betreiber tatsächlich auch über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg tritt der Erwägung des Verwaltungsgerichts bei, dass im Fall des Antragstellers bisher keine verlässlichen Informationen über die Qualität seiner Tätigkeit aus tierschutzrechtlicher Hinsicht vorliegen.

Ohne Rechtsfehler hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass die diversen Hinweise Dritter auf tierschutzwidrige Ausbildungspraktiken des Antragstellers über diese verlässlichen Informationen hinaus („ergänzend“) sogar Zweifel an der tierschutzgerechten Ausbildung der Hunde aufkommen lassen. Dieser Erwägung kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass diese Vorwürfe unberechtigt seien, zeige sich bereits daran, dass er ansonsten nicht so lange Zeit am Markt hätte bestehen können, da die Branche Fehler in der tierschutzgerechten Behandlung der Hunde nicht verzeihe. Auch wenn die Antragsgegnerin diesen Hinweisen nicht näher nachgegangen ist, kann das Oberverwaltungsgericht Lüneburg insoweit eine „Vorabverurteilung“ und einen Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit nicht erkennen. Das Verwaltungsgericht hat – so das Oberverwaltungsgericht – zu Recht angeführt, dass die genannten Vorwürfe im Rahmen des Erlaubnisverfahrens selbst dann zumindest hinreichende Zweifel an der tierschutzgerechten Ausbildung des Antragstellers zu begründen vermögen,  wenn sie sich im Nachhinein als unwahr herausstellen sollten.

Mit seinem Beschwerdeeinwand, das Verwaltungsgericht habe seine Ausbildung zum und seine Tätigkeit als Verbandsrichter im JGHV zu Unrecht nicht als hinreichenden Sachkundenachweis ausreichen lassen, dringt der Antragsteller nicht durch.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass eine derartige Ausbildung deshalb keinen genügenden Nachweis der ausreichenden Sachkunde erbringe, weil diese Ausbildung zwar unter anderem verschiedene Praktika, zwei Fortbildungsveranstaltungen sowie eine Sachkundeprüfung beinhalte, aus tierschutzrechtlicher Hinsicht aber Unklarheiten über die Qualität dieser Veranstaltungen bestünden. Zudem ließen sich den von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen keine verlässlichen Aussagen über die vermittelten Inhalte und Prüfungsthemen entnehmen. Die Qualifikation der Ausbilder sowie der jeweiligen Prüfer bleibe unklar. Offen bleibe auch, welche Kenntnisse und Fähigkeiten in welchen Bereichen ein Richteranwärter zum erfolgreichen Bestehen der Prüfung nachweisen müsse. Dieser entgegen der Ansicht des Antragstellers zureichenden Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit der Materie kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Ernennung zum JGHV-Richter erfordere den Nachweis, dass Hunde selbst ausgebildet würden. Der Jagdgebrauchshundverband (JGHV) fasst ausweislich der Darstellung in Wikipedia als Dachverband für das gesamte deutsche Jagdgebrauchshundwesen Vereine zusammen, die durch Prüfung, Zucht und Ausbildungstätigkeit zur Bereitstellung brauchbarer Jagdhunde beitragen und damit das waidgerechte Jagen unterstützen. Die Ausbildung von Verbandsrichtern des JGHV ist daher bereits satzungsmäßig gerade auf Jagdhunde ausgerichtet. Der Antragsteller trägt in seiner Beschwerdebegründung unter Hinweis auf § 2 C der JGHV-Richterordnung selbst vor, ein zur Prüfung für den JGHV zugelassener Prüfling müsse von ihm selbst ausgebildete „Vorstehhunde“ nachweisen. Daher ist durch das Beschwerdevorbringen des Antragstellers die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts Braunschweig, eine derartige Ausbildung erbringe gerade aus tierschutzrechtlicher Sicht keinen ausreichenden Nachweis der erforderlichen Sachkunde, nicht widerlegt, zumal der Antragsteller sich in seiner Beschwerde zu der weiteren Erwägung des Verwaltungsgerichts, seine etwaige Fähigkeit zum Erkennen von Fehlverhalten von Hunden führe nicht zwangsläufig dazu, dass er auch fähig sei, dem Hund ein solches Verhalten tierschutzgerecht abzugewöhnen oder den Hundehalter hierzu anzuleiten, nicht verhält.

Etwas anderes ergibt sich weder aus dem bisherigen Verhalten der Antragsgegnerin noch aus der Verwaltungspraxis anderer Erlaubnisbehörden, so das Oberverwaltungsgericht Lüneburg weiter.

Dem Beschwerdeeinwand des Antragstellers, er sei bereits „im positiven Sinn behördenbekannt“, da die Antragsgegnerin selbst sich seiner Sachkunde im Rahmen der Erarbeitung einer Prüfungsordnung zur Begleithundeprüfung bedient habe, die unter anderem auch vom Landkreis C. anerkannt worden sei, ist diese unwidersprochen mit dem Hinweis entgegengetreten, sie habe eine derartige Prüfungsordnung nicht erarbeitet, sodass sie in diesem Zusammenhang mit dem Antragsteller nicht zusammengearbeitet habe. Dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller vor der hier in Rede stehenden Gesetzesänderung die Arbeit mit gefährlichen Hunden ohne Maulkorb gestattet hat, rechtfertigt nicht die Annahme widersprüchlichen Verhaltens. Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, die Antragsgegnerin habe ihn entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht nur in einem einzigen Termin am 14.10.2014, sondern auch in zwei weiteren Terminen im Jahr 2012 kontrolliert. Das Ergebnis der Kontrollen im Jahr 2012 wird nicht mitgeteilt. Außerdem hat der Antragsteller erst im August 2013 einen Antrag auf Erlaubnis nach § 11 TierSchG gestellt. Das Protokoll der Kontrolle vom 14.10.2014 beschränkt sich auf eine bloße Wiedergabe des Sachverhalts, ohne dass die Antragsgegnerin für den Antragsteller positive oder negative Schlussfolgerungen gezogen hätte.

Entgegen der Darstellung des Antragstellers sieht die Antragsgegnerin Tierärzte nicht bereits aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als sachkundig im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f TierSchG an, sodass die von dem Antragsteller behauptete gleichheitswidrige Sachlage nicht gegeben ist.

Der Beschwerdeeinwand des Antragstellers, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach sich ein etwaiger Anspruch auf Gleichbehandlung lediglich gegen den jeweiligen Hoheitsträger richte, dessen Entscheidung zur Überprüfung anstehe, träfen deshalb nicht zu, weil bei der Anwendung von Bundesrecht bundeseinheitlich gleiche Grundsätze zugrunde zu legen seien, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Antragsgegnerin als zuständige Behörde fordert nach dem oben Gesagten zu Recht von dem Antragsteller die Durchführung eines Fachgesprächs, ohne dass es auf eine etwaige andersgelagerte Verwaltungspraxis anderer Landkreise ankommt.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 31.01.2017 – 11 ME 278/16

  1. VG Braunschweig, Beschluss vom 01.11.2016 – 9 B 48/16 [] []
  2. BGBl. I S. 2182 []
  3. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 27.01.2016 – 11 ME 249/15; vom 30.03.2010 – 11 LA 246/09 []
  4. BT-Drs. 13/7015, S. 21 []
  5. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.1.2016 – 11 ME 249/15 []
  6. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.09.2014 – 11 ME 228/14 []
  7. Hirt/Maisak/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 11, Rdnr. 17 []