Saisonkräfte in der Landwirtschaft können nach einem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz trotz ihrer kurzen Beschäftigungsdauer auch für diese Tätigkeit sozialversicherungspflichtig sein, soweit sie auch sonst einer Beschäftigung nachgehen. Dies gilt auch für ausländische (im Urteilsfall polnische) Saisonkräfte.
Personen, die eine Beschäftigung berufsmäßig ausüben, sind in der Regel auf den Versicherungsschutz angewiesen. Eine Beschäftigung ist berufsmäßig, wenn sie für den Arbeitnehmer nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer durch die Beschäftigung seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in solchem Umfang erwirbt, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht. Dabei sind die gesamten Lebensverhältnisse des Beschäftigten zu berücksichtigen, die nicht allein durch die Verhältnisse während der Dauer dieser Beschäftigung geprägt werden. Das Maß der zeitlichen Inanspruchnahme der Beschäftigung ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ohne Bedeutung. Allerdings muss auch das vorherige und spätere Erwerbsverhalten des Arbeitnehmers in die Beurteilung einbezogen werden.
Berufsmäßig ist eine kurzfristige Beschäftigung dann, wenn ihr eine versicherungspflichtige Beschäftigung unmittelbar vorangegangen ist oder folgt. Der kurzfristig Beschäftigte ist dann nicht wie die Personen beschäftigt, die, ohne zum Kreis der Erwerbstätigen zu gehören, nur gelegentlich eine vorübergehende Beschäftigung ausüben. Er kann dann nicht anders beurteilt werden als ein Arbeitnehmer, der die Lücke zwischen zwei Beschäftigungsverhältnissen durch eine kurzfristige entgeltliche Beschäftigung überbrückt. Auch dieser verliert hierdurch, wie das Bundessozialgericht bereits 1978 entschieden hat, nicht die Eigenschaft eines berufsmäßigen Arbeitnehmers. Auch aus dem vorherigen Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung kann im Rahmen der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in der Regel auf eine vorherige beitragspflichtige Beschäftigung und damit auf die – generelle – Zugehörigkeit zum Kreis der abhängig Erwerbstätigen geschlossen werden. Dasselbe gilt im Falle einer im Anschluss an eine versicherungspflichtige Ausbildung verrichtete befristete voll entlohnte vollschichtige Beschäftigung.
Als Personengruppen, die nicht berufsmäßig tätig werden, kommen mithin nur solche in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, wie zum Beispiel Schüler, Studenten während der Semesterferien oder für die Zeit bis zur Aufnahme des Studiums, Rentner und Hausfrauen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist auch die Beschäftigungen von (wie im vorliegenden Urteilsfall) polnischen Saisonkräften als berufsmäßig anzusehen. Diese gehen im Regelfall unmittelbar vor und nach dieser Saisontätigkeit anderen vollschichtigen Beschäftigungen nach, was darauf hin deutet, dass sie zum Kreis der Arbeitnehmer gehören. Die für den landwirtschaftlichen Betrieb ausgeübten Beschäftigungen können angesichts der Höhe der Entlohnung auch nicht als nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung angesehen werden.
Unerheblich ist dagegen, wenn die Saisonkräft die Tätigkeiten für den landwirtschaftlichen Betrieb während ihres bezahlten Urlaubs verrichteten und in diesen Zeiträumen daher auch anderweitig „sozial abgesichert“ sind, da sowohl die Annahme eines Beschäftigungsverhältnis als auch von Versicherungsfreiheit nicht von der individuellen Schutzbedürftigkeit der betreffenden Person abhängt. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es aus, über die rechtliche Einordnung nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien und den Vereinbarungen im Einzelfall zu entscheiden.
Der Gesetzgeber war berechtigt, die Voraussetzungen der geringfügigen Beschäftigung in einer generalisierenden, typisierenden und damit verwaltungsmäßig leicht feststellbaren Weise in der hier vorliegenden Fallgestaltung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV davon abhängig zu machen, ob die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird.
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. April 2007 – L 1 KR 36/05