Entspricht der Aufwand, den eine GmbH für die Altersversorgung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers tätigt, dessen quotaler Beteiligung an der GmbH, so erfolgt bei der Einkommensteuer des Geschäftsführers keine Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen. Sagt die GmbH ihren beiden zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern die gleiche Altersversorgung zu, so steht nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs jedem von ihnen der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zu.
Nach § 10 Abs. 3 EStG steht jedem Steuerpflichtigen für Vorsorgeaufwendungen ein Vorwegabzug zu. Dieser ist um 16 % der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört. Zu diesem Personenkreis gehören Arbeitnehmer, die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben haben. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH unterliegen oftmals nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Gleichwohl sind bei ihnen die Voraussetzungen für eine Kürzung des Vorwegabzugs im Übrigen aber nicht erfüllt. Denn ein Gesellschafter-Geschäftsführer hat sein Anwartschaftsrecht auf seine Altersversorgung durch die GmbH nicht ganz oder teilweise ohne, sondern ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erworben.
„Beitragsleistung“ für die (eigene) Altersversorgung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht nur eine Geldzahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage. In diesem Sinn hat der Bundesfinanzhof bereits in einem früheren Urteil entschieden, dass der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen bei einem Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH nicht zu kürzen ist, da dieser –wirtschaftlich betrachtet– eine ihm von der GmbH zugesagte Altersversorgung durch Verzicht auf entsprechende gesellschaftsrechtliche Ansprüche und damit letztlich ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erwirbt.
Hat eine GmbH mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zugesagt, kann auch diesen der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG ungekürzt zustehen. Formal betrachtet erwirbt zwar bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern jeder von ihnen infolge der einheitlichen Gewinnermittlung sein Anwartschaftsrecht immer teilweise durch eine Minderung der gesellschaftsrechtlichen Ansprüche seiner Mitgesellschafter. Allein deshalb aber den Vorwegabzug zu kürzen, wird dem Sinn und Zweck des Vorwegabzugs aber nicht gerecht. Der den Grundhöchstbetrag für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergänzende Vorwegabzug soll nämlich solche Steuerpflichtige begünstigen, die ihre Beiträge zur Altersversorgung in voller Höhe selbst aufbringen müssen. Da nach der auf einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beruhenden BFH-Rechtsprechung dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH der Vorwegabzug ungekürzt zusteht, wäre es aus Gründen der steuerlichen Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zu rechtfertigen, bei mehr als einem Gesellschafter-Geschäftsführer den Vorwegabzug aus formalen Gründen ausnahmslos zu kürzen. So macht es aus der Sicht des von § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG verfolgten Zwecks beispielsweise keinen Unterschied, ob zwei Steuerpflichtige Alleingesellschafter und Geschäftsführer zweier GmbHs sind, oder ob sie sich zu gleichen Teilen an einer GmbH beteiligen und deren Geschäfte führen.
Entscheidend sei, so der BFH, ob der einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftliche Ansprüche erwerbe.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.2.2005 – XI R 29/03