Wahlwerbespot der NPD erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung und muss nicht gesendet werden

Die Europawahl steht an, wie man auch an den Plakaten an jeder Strassenecke sehen kann.

Jeder kennt zudem die Wahlwerbespots im Fernsehprogramm. Die Sender sind verpflichtet, in gewissem Umfang die Wahlwerbespots zu senden mit der altbekannten Einblendung, dass die jeweilige Partei für den Inhalt verantwortlich ist.

Was ist aber nun, wenn ein Sender meint, dass der Inhalt des Wahlwerbespots den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt?

Muss er den Wahlwerbespot dann immer noch ausstrahlen?

Darüber hatte nun das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden, nachdem das ZDF die Ausstrahlung verweigerte und die NPD hiergegen nach negativen Entscheidungen der Vorinstanzen1 das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Eilverfahrens angerufen hatte.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27.04.2019 den Antrag der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands, mit dem die Ausstrahlung des Wahlwerbespots begehrt wurde, abgelehnt.

Im Einzelnen:

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands „NPD“ hatte beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) einen Wahlwerbespot für die Europawahl eingereicht, in dem behauptet wird, Deutsche würden „seit der willkürlichen Grenzöffnung 2015 und der seither unkontrollierten Massenzuwanderung fast täglich zu Opfern ausländischer Messermänner“. Auf die sich anschließende Aussage „Migration tötet!“ folgt ein Aufruf zur Schaffung von Schutzzonen als Orten, an denen Deutsche sich sicher fühlen sollten.

Das ZDF lehnte die Ausstrahlung des Werbespots in den dafür vorgesehenen Zeitfenstern am 29.04. und 15.05.2019 ab, da dieser den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle. Das Verwaltungsgericht Mainz und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigten diese Auffassung des ZDF und wiesen den Antrag der Partei auf Eilrechtsschutz zurück.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem die NPD eine Verpflichtung des ZDF zur Ausstrahlung des Wahlwerbespots begehrte, da eine Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache offensichtlich unbegründet wäre.

Es ist – so das Bundesverfassungsgericht – nicht erkennbar, dass die Verwaltungsgerichte in ihren Entscheidungen den Schutzgehalt der Meinungsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verkannt hätten. Vielmehr haben sie sich mit dem Aussagegehalt des Wahlwerbespots unter Berücksichtigung der hierfür maßgeblichen verfassungsrechtlichen Anforderungen2 befasst und den Sinn der darin getätigten Äußerungen nachvollziehbar dahingehend eingeordnet, dass er den Tatbestand einer Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat sich auch mit den anderen, von der Antragstellerin vorgebrachten Deutungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und diese mit nachvollziehbarer Begründung – unter anderem wegen der im Kontext mit der Aussage „Migration tötet“ geforderten Schaffung von Schutzzonen für Deutsche – als fernliegend ausgeschlossen3. Diese Beurteilung hält sich auch unter Berücksichtigung der insoweit geltenden strengen Anforderungen im fachgerichtlichen Wertungsrahmen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.04.2019 –  1 BvQ 36/19

  1. VG Mainz, Beschluss vom 26.04.2019 – 4 L 437/19; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.04.2019 – 2 B 10639/19 []
  2. BVerfG, Beschluss vom 25.04.1985 – 2 BvR 617/84, BVerfGE 69, 257 []
  3. BVerfG, Urteil vom 10.10.1995 – 1 BvR 1476/91, BVerfGE 93, 266 []