Vermieter und Mieter streiten sich häufig um die Frage der Hundehaltung in der gemieteten Wohnung.
Das Landgericht Berlin hat nun entschieden, dass der Vermieter schon fundierte Gründe vorbringen muß, wenn er eine einmal erlaubte Hundehaltung widerrufen will.
In dem entschiedenen Fall hatten die klagenden Vermieter die Erlaubnis zur Hundehaltung widerrufen und dann klageweise die Unterlassung der Hundehaltung geltend gemacht.
Erstinstanzlich hatten die Kläger mit ihrer Klage Erfolg1.
Das Landgericht Berlin hat diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen, da die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Hundehaltung haben, denn der Widerruf der Erlaubnis ist unwirksam, §§ 541, 1004 Abs. 1 BGB iVm § 12 des Mietvertrages, D. 2 der Anlage 1 zum Mietvertrag.
Nach § 12 Abs. 2 des Mietvertrages bedarf die Hundehaltung der vorherigen Zustimmung des Vermieters, die hier von der Beklagten unstreitig ordnungsgemäß angefragt und von den Klägern erteilt worden ist.
Nach § 12 Abs. 3 des Mietvertrages kann eine erteilte Zustimmung widerrufen werden, wenn der Mieter Auflagen nicht einhält, Bewohner, Haus oder Grundstück gefährdet oder beeinträchtigt oder Nachbarn belästigt werden oder Umstände eintreten, unter denen eine Zustimmung nicht mehr erteilt würde.
§ 7 Abs. 4 des Mietvertrages sowie die Anlage 1 zum Mietvertrag untersagt aus Gründen des Denkmalschutzes (unter anderem) die Nutzung der Garten- und Spielflächen sowie das Betreten der Rasenflächen. Nach D. 2 der Anlage 1 zum Mietvertrag hat der Tierhalter dafür zu sorgen, dass durch die Tiere weder Schmutz noch anderweitige Belästigungen verursacht werden; Hunde sind innerhalb des Hauses und der Außenanlage stets an der Leine zu führen.
Grundsätzlich gilt, dass der Mieter auf den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis zur Hundehaltung vertrauen darf. Eine formularvertragliche Vereinbarung, wonach eine Erlaubnis jederzeit widerrufen werden darf, verstößt gegen § 307 BGB. Die Erlaubnis darf widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, (auch) ohne dass es eines vertraglichen Widerrufsbehaltes bedarf. Ein wichtiger Grund kann insbesondere vorliegen, wenn der Mieter einen als gefährlich geltenden Hund anschafft und der Vermieter hiervon bei Erteilung der Erlaubnis keine Kenntnis hatte, von dem Tier konkreten nicht nur ganz unerhebliche Störungen ausgehen oder der Tierhalter sich als verantwortungslos erweist2.
Ebenso wie die Beantwortung der Frage des Anspruchs des Mieters auf Erteilung einer Erlaubnis zur Tierhaltung setzt auch die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des Widerrufs einer erteilten Erlaubnis im Rahmen einer vom Vermieter – wie hier – erhobenen – Besieitigungs- und Unterlassungsklage eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten voraus, wobei im Fall des Widerrufs der Erlaubnis die vorgeworfenen Pflichtverstöße des tierhaltenden Mieters in die Abwägung einzubeziehen sind3.
Ist die Tier- hier die Hunde- Haltung nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch nach § 535 Abs. 1 iVm den Regelungen des Mietvertrages und der darauf beruhenden Zustimmung des Vermieters gedeckt, so kann letzterer den Mieter nach einer Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch nehmen, sofern der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt, §§ 541, 1004 Abs. 1 BGB.
Die letztgenannten Voraussetzungen liegen nicht vor.
Es kann zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass die formularvertraglichen Regelungen zum Widerruf der erteilten Erlaubnis der Hundehaltung wirksam sind, woran mit Blick auf Ziff. D. 1. der Anlage 1 zum Mietvertrag zumindest Zweifel bestehen. Eine andere rechtliche Bewertung würde sich nicht ergeben, wenn § 535 Abs. 1 BGB als Maßstab zugrunde gelegt wird.
Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz nachgeholten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Landgerichts Berlin fest, dass sich die Beklagte nach der zugrunde zu legenden Abmahnung vom 05.12.2018 an die Regeln gehalten hat, die ihr im Rahmen der erteilten Genehmigung zur Hundehaltung auferlegt werden können. Soweit die Kläger bereits an das Schreiben vom 19.11.2018 die Rechtsfolgen einer Abmahnung knüpfen wollen, fehlt dem Schreiben der erforderliche Bezug zu einem konkret beanstandeten Verhalten der Beklagten.
Zu Recht beanstandet die Beklagte die unzureichende, in maßgeblichen Teilen unzutreffende Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen durch das Amtsgericht. Es hat in gehörsverletzender Weise eine Widersprüchlichkeit des Vortrags der Beklagten und ihr erhebliches Bestreiten als unerheblich unterstellt, um sich unter Verletzung seiner Pflichten aus § 139 ZPO der gebotenen Sachverhaltsaufklärung durch Befragen der Parteien und Vernehmung der Zeugen zu verschließen. Dazu war es erst recht bei von ihm angenommener Widersprüchlichkeit oder Unzulänglichkeit des Vortrags der Beklagten verpflichtet, durfte den Vortrag jedenfalls nicht ohne einen entsprechenden Hinweis als unbeachtliches Bestreiten und in der Folge unstreitig unterstellen.
Nach der nunmehr zweitinstanzlich erstmals durchgeführten Beweisaufnahme erweist sich die Unterstellung des Amtsgerichts, die Beklagte sei nach Klagezustellung – unstreitig – vom Wachschutz „wieder mit unangeleintem Hund erwischt worden“ als nicht haltbar.
Der von den Klägern für den vom Amtsgericht für maßgeblich befundenen Vorfall am 29.08.2019 benannte Zeuge M. hat unmissverständlich nicht etwa deren Sachverhaltsversion bestätigt, sondern vielmehr die – vom Amtsgericht als widersprüchlich befundene – Darstellung der Beklagten. Der von der Beklagten gehaltene Hund und ein weiterer Hund haben miteinander gespielt, beide Hunde waren angeleint, während des Spiels haben sich die Leinen verheddert, die Beklagte hat die Leine ihres Hundes lediglich kurzzeitig gelöst, um die Leinen voneinander zu trennen. Selbst nach den unzutreffenden Wertungsmaßstäben, die das Amtsgericht zugrunde legt, dürfte es sich um keinen Vorfall handeln, der den Widerruf der Genehmigung der Hundehaltung zu begründen auch nur ansatzweise geeignet wäre.
Wenig überzeugend und mit der Tendenz, die Beklagte belasten zu wollen, hat die Zeugin P. zwar von ihr an die Hausverwaltung gemeldete Vorfälle bestätigt. Die Zeugin gab an, auf die Einhaltung der Leinenpflicht und der – hier nicht relevanten – Pkw-Fahrverbote auf dem Gelände besonders geachtet zu haben, seit sie als Eigentümerin einer Wohnung, die im auch von der Beklagten bewohnten Gebäude gelegen ist, Mitglied des Verwaltungsrates der WEG sei.
Soweit die Zeugin sich bei Vorfällen in den (dunklen) Abendstunden im Februar 2019 sicher war, von ihrer im 1. OG gelegenen Wohnung aus gesehen zu haben, dass der Hund der Beklagten unangeleint über den (unbeleuchteten) Hof lief, teilt das Lansgericht Berlin die Überzeugung der Zeugin schon angesichts des Umstandes nicht, dass die – von der Beklagten zu Anschauungszwecken mitgebrachte – Leine bereits im taghellen Gerichtssaal auf kürzere Entfernung kaum sichtbar war.
Die weiteren Einzelfälle, die teilweise mehrere Monate auseinanderliegen, rechtfertigen – die Schilderung der Zeugin als zutreffend zugrunde gelegt – nicht die Annahme, dass die Beklagte die Anliegen der Vermieter und die weitreichenden Regeln des Wohnquartiers (bewusst) missachten würde. Wenn die Beklagte im Auto räumt und der Hund während dessen kurzzeitig um das Auto herumläuft, so liegt schon kein Verstoß gegen das Verbot vor, dass Hunde „stets an der Leine zu führen“ sind. Soll die formularvertragliche Regelung einer AGB-Kontrolle standhalten, darf sie nicht gegen wesentliche Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters verstoßen. Wird dem hundehaltenden Mieter die Tierhaltung durch kleinliche Auflagen und personenbezogene Kontrollen letztlich unmöglich gemacht, so sind diese Grenzen überschritten.
Es ist kein berechtigtes Interesse – weder des Vermieters noch anderer Mieter oder Eigentümer – ersichtlich, das betroffen sein kann, wenn im Zusammenhang mit der bevorstehenden oder gerade beendeten Pkw-Nutzung ein nicht als gefährlich geltender Hund nicht etwa unkontrolliert über das Gelände läuft, sondern lediglich in der Nähe der Hundehalterin den Pkw umkreist. Vereinzelt bleibende Verstöße gegen die besonders strikten Regeln in dem Wohnquartier werden sich nie ganz ausschließen lassen. Entscheidend ist, dass die Beklagte sich – wie auch die Zeugin für die Zeit ab Mitte April 2019 eingeräumt hat – an die Leinenpflicht hält. Die Argumentation der Kläger, dass dies auf die Klageerhebung zurückzuführen sei, trägt nicht. Die Klage ging erst am 15.05.2019 ein, also einen Monat nach den Feststellungen der Zeugin.
Durch den Hund etwa verursachte Verunreinigungen sind weder Gegenstand der Abmahnung noch des Widerrufs der Erlaubnis zu Hundehaltung. Das von der Zeugin ungefragt behauptete Einzelereignis ist für die Entscheidung irrelevant – so das Landgericht Berlin abschliessend.
Landgericht Berlin, Urteil vom 09.09.2020 – 65 S 255/19
- AG Pankow-Weißensee, Urteil vom 17.10.2019 – 102 C 165/19 [↩]
- BGH, Urteil vom 14.11.2007 – VIII ZR 340/06; BGH, Beschluss vom 30.01.2018 – VIII ZB 57/16; Blank, NJW 2007, 729, [733] [↩]
- BGH, Urteil vom 20.03.2012 – VIII ZR 168/12 [↩]