Der Bundesgerichtshof hatte in zwei Parallelverfahren erstmals über die Problematik der Kapitalaufbringung bei der GmbH im Rahmen eines sog. Cash-Pool-Systems zu entscheiden und den in Konzernen und bei Beteiligungsunternehmen oftmals gebräuchlichen Cash-Pool-Systemen Grenzen gesetzt.
Der Kläger nahm als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Schuldnerin, einer GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter (Vater und Sohn) jeweils getrennt in einem der beiden Parallelverfahren auf Leistung übernommener, angeblich rückständiger Einlagen aus einer Kapitalerhöhung bei der Schuldnerin in Anspruch. Vater und Sohn beherrschten neben der Schuldnerin aufgrund maßgeblicher Beteiligung gemeinsam auch die D-GmbH. Diese betrieb seit längerem zusammen mit der Schuldnerin und anderen Unternehmen eines Konzernverbundes bei einer Großbank ein automatisches Cash-Management-System. In dessen Rahmen wurden – wie beim sog. Cash-Pool üblich – zum Zwecke des besseren Liquiditätsmanagements buchungstäglich zu Gunsten oder zu Lasten des sog. Zentralkontos der D-GmbH, über das diese allein verfügungsberechtigt war, sämtliche „Quell- oder Nebenkonten“ der anderen teilnehmenden Konzerngesellschaften „auf Null gestellt“; dabei erfolgte die Übertragung der Guthaben und Debetsalden jeweils mit endgültiger Wirkung. Einen Tag nach der am 16.12.1997 für die Schuldnerin beschlossenen Kapitalerhöhung überwies die D-GmbH für die beiden Beklagten die von ihnen zu leistenden Einlagen von je 750.000 DM auf ein – auf Anraten der D-GmbH – eigens bei einer anderen Bank auf kurze Frist eingerichtetes separates Termingeldkonto der Schuldnerin. Unmittelbar nach der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister am 12.01.1998 wurden die Einlagen, wie von vornherein beabsichtigt, von dem Sonderkonto der Schuldnerin auf ihr einziges Geschäftskonto, das in den Cash-Pool einbezogene „Nebenkonto“, transferiert. Von dort wurde der Gesamtbetrag gemäß der dem Cash-Pool zugrunde liegenden Verrechnungsabrede mit Ablauf desselben Tages durch Stellung dieses Kontos „auf Null“ wieder abgebucht und dem Zentralkonto der D-GmbH gutgeschrieben; in diesem Umfang verringerten sich die bis dahin im Rahmen des Cash-Pool-Verfahrens auf über 4 Mio. DM angewachsenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D-GmbH. Bis zur Beendigung ihrer Teilnahme am Cash-Pool und der anschließenden Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens erhöhte sich der interne Sollsaldo der Schuldnerin bei der D-GmbH wieder um 1,65 Mio. DM. Das Landgericht hat in beiden Prozessen die Klagen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihnen im Wesentlichen stattgegeben und die Revision zugelassen.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen. Beide Inferenten haben mit der Einzahlung der Einlagebeträge durch die von ihnen gemeinsam beherrschte D-GmbH auf das zuvor nur für kurze Zeit errichtete Festgeld-Sonderkonto der Schuldnerin nicht wie für eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung erforderlich zur freien Verfügung des Geschäftsführers der Schuldnerin geleistet und damit ihre Einlageschuld (§ 19 Abs. 1 GmbHG) nicht wirksam getilgt. Denn dieser Zahlungsvorgang war – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – lediglich Teil eines gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbHG verstoßenden und damit unwirksamen Umgehungsgeschäftes in Form einer verdeckten Sacheinlage.
Als verdeckte Sacheinlage wird es angesehen, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll. Eine solche verdeckte Sacheinlage lag hier vor, weil – nach den vom Berufungsgericht revisionsrechtlich einwandfrei getroffenen Feststellungen – die gesamte Einlage, wie von vornherein beabsichtigt, alsbald nach der nur knapp einen Monat später erfolgten Eintragung der Kapitalerhöhung unter Auflösung des Sonderkontos auf das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin weitergeleitet und von dort im Rahmen des bestehenden Cash-Pool noch am Abend desselben Tagen kraft der Poolvereinbarung „automatisch“ dem Zentralkonto der von den Inferenten beherrschten D-GmbH gutgeschrieben worden ist mit der Folge einer entsprechenden anteiligen Tilgung der die Einlage seinerzeit erheblich übersteigenden Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D-GmbH. Aufgrund dieses verrechnungsähnlichen Hin- und Herzahlens ist der Schuldnerin im wirtschaftlichen Ergebnis objektiv nicht der im Kapitalerhöhungsbeschluss verlautbarte Barbetrag, sondern – die Wirksamkeit des Vorgangs unterstellt – die anteilige Befreiung von den gegenüber der D-GmbH bereits seit längerem bestehenden Darlehensverbindlichkeiten aus der Cash-Pool-Verbindung zugeflossen.
Die Anwendung der Grundsätze über die verdeckte Sacheinlage hat nach der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats entsprechend § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG auch im GmbH-Recht die Nichtigkeit sowohl des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Rechtsgeschäfts hinsichtlich der Einlage zur Folge (BGHZ 155, 329). Sie ist – wie der Senat hervorgehoben hat – nicht etwa deshalb suspendiert, weil der Kapitalaufbringungsvorgang bei der Kapitalerhöhung im Rahmen eines Cash-Pool-Systems stattgefunden hat. Auch die in ein Cash-Pool-System einbezogenen Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterliegen – ohne dass ein „Sonderrecht“ für diese Art der Finanzierung anerkannt werden könnte – bei der Gründung und der Kapitalerhöhung den Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbHG und den dazu entwickelten höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen. Das ist im Übrigen auch den an der Kapitalerhöhung im vorliegenden Fall Beteiligten bewusst gewesen. Nur deswegen haben sie es – im Ansatz zutreffend – für erforderlich gehalten, die Einlagen nicht sogleich auf das einzige vorhandene, aber in den Cash-Pool einbezogene Gesellschaftskonto der Schuldnerin einzuzahlen, sondern stattdessen den – hier indessen verfehlten – Umweg über ein für wenige Tage neu eingerichtetes Termingeldkonto zu wählen.
BGH, Urteile vom 16. Januar 2006 – II ZR 75/04 und II ZR 76/04