Girokonto für Jedermann

Trotz der Selbstverpflichtung der deutschen Kreditinstitute zur Einführung eines Girokontos für jedermann auf Guthabenbasis, besteht das Problem verweigerter Girokonten weiterhin. Das wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am Mittwochnachmittag deutlich. Die geladenen Experten diskutierten dabei einen Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlungen des Zentralen Kreditausschusses, der auf die Probleme verweigerter Girokonten hinweist. Ebenso auf der Tagesordnung standen Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion, in welchen die gesetzliche Verankerung des Rechtes auf ein Girokonto auf Guthabenbasis gefordert wurde. Der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken (ZKA) sieht, anders als der Bericht der Bundesregierung, durchaus positive Entwicklungen bei der Schaffung des Girokontos für jedermann. Es sei gelungen, ein flächendeckendes Angebot von Girokonten auf Guthabenbasis sicherzustellen. Bei Streitfällen habe sich das Schlichtungsverfahren vor den Kundenbeschwerdestellen bewährt. Es gebe daher keinen Bedarf für eine rechtliche Verpflichtung. Auch eine Verbindlichkeit der Schlichtungssprüche sei nicht erforderlich. Dies käme einem vollständigen Systembruch gleich, so der ZKA. Dem widersprach der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Da Banken den Schlichtungsspruch oftmals ignorieren würden, müsse eine derartige Verbindlichkeit gewährleistet sein. Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens, so die Verbraucherzentrale, müsse von der Bank ausgehen, da die betroffene Klientel oftmals nicht „selbsthilfefähig“ sei. Die Caritas Schuldnerberatung kritisierte, dass Banken nach der Ablehnung eines Girokontos „in der Regel“ nicht über die Beschwerdemöglichkeit informierten. Komme es dennoch zum Beschwerdeverfahren, werde dem meist stattgegeben. Dies zeige, so die Caritas, dass die meisten Ablehnungen ungerechtfertigt seien. Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen sieht die deutsche Bankenlandschaft in der Pflicht, Finanzdienstleistungen für alle Bürger zu erbringen. Es reiche nicht aus, nur Vermögen zu verwalten. Das Girokonto sei Mittel der Teilhabe privater Haushalte an der wirtschaftlichen Kommunikation in der Gesellschaft. Reifner forderte eine schriftliche Begründungspflicht bei Kontoverweigerung ebenso wie ein Verbot der Diskriminierung aufgrund von Schulden. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) ist die Gefahr der Kontopfändung der Grund für viele Menschen, ohne Girokonto zu leben. Da vielen die Pfändungsschutzmöglichkeiten nicht bekannt seien, ließen sie sich lieber ihre staatlichen Leistungen in bar auszahlen. Die Einführung eines Rechtsanspruches auf ein Guthabenkonto sei daher ebenso erforderlich, wie eine Novellierung des Kontopfändungsrechtes, so die AG SBV. Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände sieht hingegen eine gesetzliche Regelung gegenwärtig als nicht erforderlich an. Die Sparkassen kämen ihrer Selbstverpflichtung durchaus nach. Hingegen teile man die Auffassung, eine Reform des Kontopfändungsrechts könne die Bereitschaft der privaten Kreditwirtschaft zur Bereitstellung von Girokonten für jedermann erhöhen. Rechtsanwalt Kai Henning, Fachanwalt für Insolvenzrecht, kritisierte, dass Banken zu häufig noch die Einrichtung eines Kontos zu verhindern suchten. Von einem funktionierenden Recht auf Girokonten für jedermann sei man noch weit entfernt. Daher begrüße er die Forderung der Bundesregierung nach einer erweiterten Selbstverpflichtung der Geldinstitute.

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