Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD liegt nun vor. Grund genug, ihn einmal auf Ankündigungen für Änderungen im Zivil- und Wirtschaftsrecht sowie im Strafrecht durchzusehen:
Wirtschaftsrecht:
- Handwerksrecht:
Eine Evaluierung der seit Jahresbeginn 2004 in Kraft getretenen Novelle der Handwerksordnung wird zeigen, ob und welche Korrekturen vorgenommen werden müssen. Bei der Evaluierung ist auch die Einführung einer Mindestqualifikation für meisterfrei gewordene Berufe einzubeziehen. Der Meisterbrief darf nicht durch EU-Vorgaben zur Dienstleistungsrichtlinie und der Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen ausgehöhlt werden.
- Vergaberecht:
Wir werden das komplexe und unübersichtliche deutsche Vergaberecht vereinfachen und modernisieren. Dabei werden wir auf die mittelstandgerechte Ausgestaltung, wie zum Beispiel die Aufteilung in Lose, besonders achten.
- Urheberrecht:
brauchen wir einen rechtlichen Schutz des geistigen Eigentums, der den Anforderungen des 21. Jahrhunderts genügt. Wir werden dieModernisierung des Urheberrechts als einen Schwerpunkt unserer Arbeitvorantreiben.
- „Bürokratieabbau“:
Die neue Bundesregierung wird deshalb als Sofortmaßnahme durch ein Artikelgesetz („small-company-act“) Unternehmen von besonders wachstumshemmender Überregulierung befreien und insbesondere dem Mittelstand sowie Existenzgründern mehr Luft zum Atmen verschaffen. Vordringlich sind dabei der Abbau von Statistik-, Nachweis-, Dokumentations- und Buchführungspflichten, die Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, der Abbau von Doppel- und Mehrfachprüfungen, die Vereinheitlichung von Schwellenwerten zum Beispiel im Bilanz- und Steuerrecht, die Begrenzung der Verpflichtung von Betrieben zur Bestellung von Beauftragten, die Vereinfachung der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung von Kleinbetrieben sowie die Entbürokratisierung der bestehenden Förderprogramme.
Gesellschaftsrecht:
- Europäisches Gesellschaftsrecht:
Wir werden uns dafür einsetzen, dass das europäische Gesellschaftsrecht durch eine zügige Verabschiedung der Richtlinie über die grenzüberschreitenden Sitzverlegungen von Kapitalgesellschaften weiterentwickelt wird. Dabei sind die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer auf der Grundlage der bisher für die Europäische Aktiengesellschaft und der Verschmelzungsrichtlinie gefundenen Lösungen zu sichern.
- GmbH-Recht:
Mit einer Novellierung des GmbH-Gesetzes sollen Unternehmensgründungen nachhaltig erleichtert und beschleunigt, die Attraktivität der GmbH als Unternehmensform auch im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen gesteigert sowie Missbräuche bei Insolvenzen bekämpft werden.
Zivilrecht:
- Verbraucherschutz:
Im Versicherungsvertragsgesetz werden wir für einen gerechteren
5990 Interessenausgleich zugunsten der Versicherten sorgen. - Schuldrecht:
Ein Forderungssicherungsgesetz werden wir verabschieden.
Unter Wahrung der Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher werden wir ein neues Verfahren zur Entschuldung mittelloser Personen schaffen.
- Gleichberechtigung:
Die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien werden in deutsches Recht umgesetzt.
- Verfahrensrecht:
Die Umsetzung der sog. SLIM-IV-Richtlinie über elektronische Handelsregister schreibt die Abrufbarkeit der Handelsregistereintragungen im Internet ab 1. Januar 2007 verbindlich vor.
Wir streben eine umfangreiche Modernisierung der Sachaufklärung im Zwangsvollstreckungsverfahren an mit dem Ziel, dem Gläubiger raschen und gezielten Zugriff auf das Vermögen des Schuldners zu ermöglichen und die Vollstreckungsorgane zu entlasten.
Mit einer Reform der Rechtsberatung werden wir weiter die Qualität der anwaltlichen Beratung sichern. Wir schützen die Verbraucherinnen und Verbraucher vor unqualifiziertem Rechtsrat.
Die freiwillige Gerichtsbarkeit wird ein modernes und klar strukturiertes Verfahrensrecht bekommen.
Ebenso werden wir das Verfahren in Wohnungseigentumssachen vereinfachen und die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Eigentümerinnen und Eigentümer der etwa fünf Millionen Eigentumswohnungen in Deutschland stärken.
Arbeitsrecht:
- Befristete Arbeitsverträge
Die bis Ende 2006 geltenden erleichterten Befristungsregelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr werden entfristet und europarechtskonform gestaltet.
- Kündigungsschutz:
Wir werden daher auf der einen Seite die Möglichkeit streichen, Arbeitsverträge in den ersten 24 Monaten sachgrundlos zu befristen. Gleichzeitig geben wir den Arbeitgebern bei der Neueinstellung die Option an die Hand, anstelle der gesetzlichen Regelwartezeit von 6 Monaten bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Einzustellenden eine Wartezeit von bis zu 24 Monaten zu vereinbaren. Die Option entsteht auch bei einer erneuten Einstellung bei dem selben Arbeitgeber, wenn seit dem Ende des vorhergehenden Arbeitsvertrages mindestens sechs Monate vergangen sind. Für Existenzgründer bleibt die Möglichkeit erhalten, in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung die sachgrundlosen Befristungen bis zu 48 Monten abzuschließen. CDU, CSU und SPD sind sich allerdings auch einig, dass eine Addition der Sonderregelung für Existenzgründer mit der Möglichkeit zur Verlängerung der Befreiung vom Kündigungsschutz nicht gestattet wird.
- Lohnzusatzkosten:
… wird der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1.1.2007 von 6,5% auf 4,5% reduziert.
Gleichzeitig steigt der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung von 19,5% auf 19,9%. Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wird in 2006 ein umfassendes Zukunftskonzept entwickelt, dass auch darauf angelegt ist, die Beiträge zu gesetzlichen Krankenversicherung mindestens stabil zu halten und möglichst zu senken.
- Gebäudereiniger:
CDU, CSU und SPD werden das Arbeitnehmerentsendegesetz auf der Grundlage der EU-Entsenderichtlinie auf die allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge der Gebäudereiniger erstrecken. … Da für das Gebäudereinigerhandwerk ein entsprechender allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag vorliegt, wird für diese Branche unverzüglich die Erweiterung des Entsendegesetzes von der Koalition vorgenommen.
- Arbeitszeit:
1487 Die zum 1.1.2006 auslaufende Übergangsregelung des Arbeitszeitgesetzes, die den Tarifpartnern Zeit für die Anpassung ihrer Vereinbarungen an die Vorgaben des EuGH zur Bereitschaftszeit einräumt, wird um ein Jahr verlängert. Es wird gesetzlich festgelegt, dass Einzelhandelsgeschäfte höchstens an vier Sonntagen im Jahr geöffnet haben.
Schwarzarbeit:
Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft sind keine Kavaliersdelikte, sondern schaden unserem Land. CDU, CSU und SPD sind sich einig, dass diese Rechtsverstöße konsequent und mit Nachdruck geahndet werden müssen. Der Ehrliche darf in unserem Land nicht der Dumme sein. …
? Wir werden die Arbeiten der Taskforce Dienstleistungsmissbrauch unter gemeinsamer Federführung von BMF und BMA fortgesetzten. Der Zoll (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) wird seine Kontrollen verstärken.
…
? CDU, CSU und SPD stimmen überein, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei der Bekämpfung des Missbrauchs der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit intensiviert werden muss.
? Da vermutet wird, dass Schwarzarbeit besonders häufig auf Baustellen, im Taxigewerbe und in der Gastronomie auftritt, wird die Bundesregierung die Ergebnisse des geplanten Pilotprojektes der Region Berlin-Brandenburg, bei dem Arbeitnehmer in diesen Branchen verpflichtet werden, Chipkarten sichtbar zu
tragen, die sie als regulär Beschäftigte ausweisen, prüfen und die Chipkarten gegebenenfalls bundesweit einführen.
Strafrecht:
- Reform einzelner Straftatbestände:
Beharrliche Nachstellungen, die einschneidend das Leben des Opfers beeinträchtigen („Stalking“), spielen eine immer größere Rolle und werden deshalb in einem eigenen Straftatbestand unter Strafe gestellt.
Zwangsverheiratungen wollen wir verhindern. Zu diesem Zweck prüfen wir alle geeigneten rechtlichen Instrumente.
Ebenso werden wir die Opfer von Zwangsprostitution mit den Möglichkeiten des Strafrechts noch besser schützen und die Strafbarkeit der Freier von Zwangsprostituierten regeln.
Die am 8. September 2005 in Kraft getretene Regelung zur Strafbarkeit von Graffiti wird nach zwei Jahren evaluiert.
Aufgrund zahlreicher Gesetzesänderungen in letzter Zeit erweist sich das Sexualstrafrecht zunehmend als unübersichtlich und nicht immer praktikabel. Wir streben daher eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechts an, mit der Wertungswidersprüche und terminologische Unklarheiten beseitigt werden.
Wir werden die erforderlichen rechtlichen Konsequenzen aus dem Evaluierungsbericht zum Terrorismusbekämpfungsgesetz ziehen. In diesem Zusammenhang werden wir auch prüfen, in welchem Umfang Änderungen des Strafrechts – etwa im Hinblick auf die Sympathiewerbung für kriminelle oder
terroristische Vereinigungen – erforderlich sind. - Reformem im Strafprozess:
Wir schaffen im Strafgesetzbuch eine allgemeine Strafzumessungsregelung, die die Möglichkeit einer Strafmilderung oder -befreiung für „Kronzeugen“ vorsieht und sicherstellt, dass begangene Straftaten wirksam verfolgt und drohende Straftaten effektiv verhindert werden können. Die Anwendung einer solchen Regelung wird nur bis zum Beginn der Hauptverhandlung möglich sein.
Unter Beteiligung der Praxis werden wir prüfen, ob eine Regelung zur Absprache im Strafprozess erforderlich ist.
Wir werden die Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung im Sinne einer harmonischen Gesamtregelung der strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen überarbeiten.
Die am 1. Juli 2005 in Kraft getretene Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung werden wir im Sinne der Pflicht des Gesetzgebers zur begleitenden Normenevaluierung überprüfen…
…wird zu prüfen sein, ob die DNA-Analyse aus kriminalpolitischen Gründen ausgeweitet werden muss
Das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl wird unmittelbar nach der Regierungsbildung eingeleitet.
Das Überstellungsübereinkommen des Europarates ist so umzusetzen, dass ausländische Strafgefangene auch gegen ihren Willen zur Verbüßung der Strafe überstellt werden sollen, wenn sie nach Verbüßung der Haft ausreisepflichtig wären.
Mit einem Gesetz werden wir eine verlässliche Grundlage zum Vollzug der Untersuchungshaft bei Erwachsenen und bei jungen Gefangenen schaffen.
Den Jugendstrafvollzug werden wir auf eine verlässliche gesetzliche Grundlage stellen.Die nachträgliche Sicherungsverwahrung soll in besonders schweren Fällen auch bei Straftätern verhängt werden können, die nach Jugendstrafrecht wegen schwerster Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt wurden. Eine Voraussetzung für die Verhängung wird zudem sein, dass sich die besondere Gefährlichkeit des Täters während des Strafvollzugs ergeben hat.