Abmahnungen aufgrund von Urheberrechtsverletzungen sind Gang und Gäbe.
Oft kommen diese Angelegenheiten so zum Ende, dass der Rechteinhaber gegen Abgabe einer strabewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie einer Zahlung eines gewissen Geldbetrages durch den Rechtsverletzer von einer gerichtlichen Verfolgung der Sache absieht.
Wie sieht es nun hinsichtlich des so erhaltenen Betrages auf Seiten des Rechteinhabers mit der Umsatzsteuer aus? Muss er von diesem Betrag Umsatzsteuer abführen?
Im Hinblick auf die Menge der Abmahnungen, die ständig erfolgen, handelt es sich – jedenfalls insgesamt, aber auch im Hinblick auf manch Rechteinhaber selbst – um nicht unerhebliche Beträge.
Der Bundesfinanzhaof hat nun seine diesbezügliche Rechtsprechung aus dem Bereich des unlauteren Wettbewerbs auf Urheberrechtsverletzungen übertragen und entschieden, dass auch hier die Zahlungen – wie auch immer sie von den Parteien bezeichnet werden – der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Aber im Einzelnen:
Der Sachverhalt:
In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ist die Klägerin eine Tonträgerherstellerin und Inhaberin von Verwertungsrechten an Tonaufnahmen, insbesondere des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG (in der im Jahr Streitjahr 2010 geltenden Fassung).
Sie beauftragte eine Rechtsanwaltskanzlei, gegen rechtswidrige Verbreitung der Tonaufnahmen im Internet vorzugehen, in ihrem Namen gegen die Rechtsverletzer Unterlassungs- und Ersatzansprüche außergerichtlich geltend zu machen und Vergleichsvereinbarungen mit Rechtsverletzern abzuschließen. Dazu wurde die Kanzlei auch bevollmächtigt, im Namen der Klägerin Auskunftsansprüche gegen sog. Provider durchzusetzen.
In an die Rechtsverletzer gerichteten Schreiben stellte die Kanzlei die Rechtslage hinsichtlich ihrer Schadensersatz- und Unterlassungs- und Auskunftspflicht sowie ihrer Pflicht zum Ersatz von Anwalts- und Gerichtskosten sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung durch den Provider nach § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG dar und bot an, gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 EUR (netto) von der gerichtlichen Verfolgung dieser Ansprüche abzusehen.
Daraufhin gingen im Streitjahr Zahlungen von Rechtsverletzern in Höhe von insgesamt satte 416.245,85 EUR auf einem von der Kanzlei geführten Fremdgeldkonto ein.
Für ihre Tätigkeiten sowie für die von ihr gestellte technische, personelle und sonstige Infrastruktur erhielt die Kanzlei von der Klägerin vereinbarungsgemäß 75 % aller Zahlungen von Rechtsverletzern. Dieses Honorar sollte sich laut der Vereinbarung zzgl. Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe verstehen und monatlich in Rechnung gestellt werden.
Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die ersten drei Quartale des Streitjahres kam der Prüfer des seinerzeit zuständigen Finanzamts zu der Überzeugung, das von der Klägerin durch die Kanzlei betriebene Abmahnverfahren führe zu einem Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Rechtsverletzer.
Entgegen dieser Auffassung meldete die Klägerin in der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr eine verbleibende Umsatzsteuer von ./. 39.373,36 EUR an. Sie ging dabei von der Nichtsteuerbarkeit der von den Rechtsverletzern erhaltenen Beträge aus. Die in den Rechnungen der Kanzlei ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 63.333,21 EUR zog die Klägerin als Vorsteuer ab.
Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 32.785,79 EUR fest. Den dagegen gerichteten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage teilweise statt1 teilweise statt. Es entschied, dass die Abmahnungen der Rechtsverletzer durch die Klägerin nicht umsatzsteuerbar seien. Allerdings sei im Gegenzug der Vorsteuerabzug aus den Leistungen der beauftragten Kanzlei zu versagen.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Revision; das Finanzamt legte Anschlussrevision ein.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs:
Dr Bundesfinanzhof sieht die Sache nun gänzlich anders als das Finanzgericht Berlin-Brandenburg und hat sowohl die Revision als auch die Anschlussrevision als begründet angesehen, die Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Zu Unrecht habe das Finanzgericht die Abmahnungen zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs als nicht steuerbar angesehen. Im Gegenzug sei der Klägerin der Vorsteuerabzug zu gewähren.
Und zwar aus folgenden Gründen:
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Für das Vorliegen einer entgeltlichen Leistung, die in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar ist, sind nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der Bundesfinanzhof angeschlossen hat, im Wesentlichen folgende unionsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen:
Zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen eines zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde2.
Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet3.
Die Frage, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Leistungen erfolgt, stellt eine unionsrechtliche Frage dar, die unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden ist. Für die Auslegung der Bestimmungen der MwStSystRL ist irrelevant, ob ein Betrag nach nationalem Recht als Schadensersatzanspruch oder als Konventionalstrafe anzusehen ist und wie er bezeichnet wird4.
Eine Leistung gegen Entgelt liegt regelmäßig dann vor, wenn der Leistende im Auftrag des Leistungsempfängers für diesen eine Aufgabe übernimmt und insoweit gegen Aufwendungsersatz tätig wird5. Dasselbe gilt, wenn ein Unternehmer für einen anderen als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig wird und von ihm nach § 683 BGB den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann6.
Entschädigungs- oder Schadensersatzleistungen sind dagegen kein Entgelt i.S. des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine Folgen einzustehen hat7.
Die Klägerin hat – entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg – an die Rechtsverletzer steuerbare Leistungen erbracht.
Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Verletzte bei Vorliegen einer widerrechtlichen Urheberrechtsverletzung und Wiederholungsgefahr einen Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer. Vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung soll gemäß § 97a Abs. 1 Satz 1 UrhG der Verletzte den Verletzer abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist.
Neben dem Unterlassungsanspruch hat der Verletzte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG gegen den vorsätzlich oder fahrlässig handelnden Verletzer auch einen Anspruch auf Ersatz des daraus entstehenden Schadens.
Eine Abmahnung ist die Mitteilung des Verletzten an den Verletzer, dass der Verletzer durch eine im Einzelnen bezeichnete Handlung einen Urheberrechtsverstoß begangen habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Die Abmahnung wird regelmäßig mit der Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall der Nichtabgabe versehen.
Das richterrechtliche Institut der Abmahnung nach dem Vorbild der wettbewerbsrechtlichen Regelung in § 12 Abs. 1 UWG wurde für den Bereich des Urheberrechts in § 97a Abs. 1 UrhG normiert8. Anstatt des bis dahin unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleiteten Kostenerstattungsanspruchs nach §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB9 enthält § 97a Abs. 2 UrhG eine ausdrückliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen.
Zweck der Abmahnung ist in erster Linie die Beseitigung und Unterlassung der Verletzungshandlung10. Dazu soll sie den Verletzer auf sein rechtsverletzendes Verhalten aufmerksam machen und ihn vor einem drohenden Gerichtsverfahren warnen (Warnfunktion), auf eine außergerichtliche Streitbeilegung hinwirken (Streitbeilegungsfunktion) und einen kostspieligen Prozess vermeiden.
Eine berechtigte Abmahnung, in der die konkreten Verletzungshandlungen und die Sachbefugnis des Abmahnenden dargelegt werden, dient dahingehend dem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen des Verletzers, als der Rechteinhaber, der zunächst abmahnt, statt sofort Klage zu erheben oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen, dem Verletzer damit die Möglichkeit gibt, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beruht auf dieser Erwägung11.
Die Klägerin hat nach den Grundsätzen der vorliegenden Rechtsprechung mit den Abmahnungen den Rechtsverletzern einen Weg gewiesen, sie als Gläubigerin eines Unterlassungsanspruchs ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen, und ihnen hiermit einen konkreten Vorteil verschafft, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Die Abmahnungen sind deshalb steuerbar.
Unerheblich ist, dass nach den Abmahnschreiben der Klägerin die Zahlungen pauschal auf die Erstattung der Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben, die Anwalts- und Gerichtskosten für einen gerichtlichen Antrag gemäß § 101 Abs. 9 UrhG und die geleisteten Aufwendungserstattungen an den Provider gemäß § 101 Abs. 2 Satz 3 UrhG sowie eine Schadensersatzzahlung aufgrund der Urheberrechtsverletzung entfallen sollten. Denn die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, ist nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben zu beantworten12. Ob die geltend gemachten Ansprüche (z.T.) neben § 97a Abs. 2 UrhG auch (bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Handlung) im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 97 Abs. 2 UrhG geltend gemacht werden können13, spielt nach Auffassung des Bundesfinanzhofs insofern keine Rolle. Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen, d.h. auch der Ersatz von Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers (z.B. Gerichtskosten des richterlichen Gestattungsverfahrens gemäß § 101 Abs. 9 Satz 5 UrhG sowie Kosten für die Beauskunftung durch den Internetprovider nach § 101 Abs. 2 Satz 3 UrhG).
Der Einwand der Klägerin, es liege eine bloße Ersparnis von Ausgaben bzw. es lägen Geldzahlungen vor, die mangels verbrauchbaren Vorteils nicht als Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG qualifiziert werden könnten, greift nicht – so der Bundesfinanzhof.
Mit der Abmahnung erhält der Abgemahnte nicht nur die Gelegenheit, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen, sondern ihm werden (möglicherweise erstmals) der Rechtsverstoß zur Kenntnis gebracht und – durch die konkrete Bezeichnung des verletzten Rechts und dem Nachweis der Berechtigung des Rechteinhabers – die notwendigen Informationen gegeben, um durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung den (nicht auf Geld gerichteten) Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Dementsprechend handelt es sich nur bei Erfüllung dieser Mindestvoraussetzungen um eine berechtigte Abmahnung, die einen Kostenersatzanspruch auslöst14.
Insofern ist die Abmahnung auch nicht mit einem gerichtlichen Mahnverfahren vergleichbar, bei dem die Mahnung gegen Erstattung von Mahnkosten nicht steuerbar ist15. Denn hierbei wird eine Zahlung angemahnt, deren Anspruchsgrundlagen dem säumigen Schuldner bereits bekannt sind.
Der Qualifizierung der Abmahnung als Leistung steht nicht entgegen, dass auch der Verletzte insbesondere mit Blick auf das Prozesskostenrisiko ein Interesse an der Abmahnung hat.
Zwar hilft die Abmahnung – ohne dass es sich um eine Prozessvoraussetzung handeln würde (§ 97a Abs. 1 UrhG: „soll“) – auch dem Verletzten. Er kann auf diese Weise einen Prozess vermeiden. Vor allem aber bewahrt ihn die vorherige Abmahnung vor dem Kostentragungsrisiko nach § 93 ZPO. Außerdem kann – je nach Konstellation des Falles – die Abmahnung auch ein Mittel der Sachverhaltsaufklärung darstellen, da sie einem Auskunftsverlangen den notwendigen Nachdruck verleihen kann.
Jedoch steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen, so der Bundesfinanzhof weiter, wenn der Unternehmer mit der Tätigkeit (auch) einen eigenen Zweck verwirklicht16, da die Motive für die Begründung des Leistungsaustauschs den für den Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang nicht in Frage stellen17. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das Verhalten der Klägerin gegenüber den Abgemahnten rechtsmissbräuchlich ist18.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs bestehen zwischen Abmahnungen wegen Wettbewerbs- und Urheberrechtsverstößen keine entscheidungserheblichen Unterschiede.
Zwar handelt es sich beim verletzten Urheberrecht um ein absolutes und individuelles Recht, bei dem – aufgrund der konkreten Rechtsverletzung – die Ermittlung des Verletzers, der nicht immer der Anschlussinhaber ist, aufwändiger sein mag. Allerdings unterscheiden sich Abmahnschreiben bei einem Wettbewerbsverstoß und bei einer Urheberrechtsverletzung in ihrem wesentlichen Inhalt nicht. Die Abmahnung dient in beiden Fällen insofern den gleichen Zwecken, als mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Möglichkeit eröffnet wird, einen Prozess zu vermeiden, und der Kostenerstattungsanspruch auf einer (spezialgesetzlich kodifizierten) Geschäftsführung ohne Auftrag gründet19.
Dieser Sichtweise stehen die EuGH-Urteile Cesky rozhlas20 und SAWP21 nicht entgegen.
Anders als in den vom EuGH entschiedenen Fällen besteht zwischen der Klägerin und den Rechtsverletzern durch die Geschäftsführung ohne Auftrag ein Rechtsverhältnis.
Außerdem wird mit der auf Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gerichteten Abmahnung weder eine Urheberrechtsverletzung sanktioniert noch ein Schaden ausgeglichen, sondern dem Verletzer aufgrund der Warn-, Streitbeilegungs- und Kostenvermeidungswirkung der Abmahnung ein Vorteil zugewendet. Dementsprechend bemisst sich der zu zahlende Kostenersatz auch nicht wie der Schadensersatz nach der sog. Lizenzanalogie22, sondern nach dem Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs.
Die Klägerin hat diese Leistung auch gegen Entgelt erbracht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich nichts anderes daraus, dass bei Versendung der Abmahnung nicht mit Sicherheit feststeht, ob der Adressat tatsächlich der Rechtsverletzer ist.
Entgelt ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der für das Streitjahr geltenden Neufassung des Umsatzsteuergesetzes durch Bekanntmachung vom 21. Februar 200523 grundsätzlich alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs setzt eine „Leistung gegen Entgelt“ das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet24.
Zwar haben der EuGH durch Urteil Bastova vom 10.11.201625 und im Anschluss daran der Bundesfinanzhof26 entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein – sei es auch ein im Voraus festgelegtes – Preisgeld erhalten, da die Ungewissheit einer Zahlung geeignet sei, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.
Der vorliegende Fall ist mit diesen Fällen allerdings nicht vergleichbar, so der Bundesfinanzhof weiter:
Weder geht es um die Teilnahme der Klägerin an einem Wettbewerb, noch erfolgten die Zahlungen an die Klägerin für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses. Vielmehr besteht zwischen gezahltem Entgelt und der Abmahnleistung ebenso ein unmittelbarer Zusammenhang wie bei dem Honorar der für die Klägerin tätigen Kanzlei bei „erfolgreicher“ Abmahnung und bei einem gegen Erfolgsprovision tätigen Vermittler.
Zudem erfolgt die Zahlung durch die zu Recht abgemahnten Rechtsverletzer weder aus freien Stücken noch zufallsabhängig.
Da die Abmahnleistungen der Klägerin umsatzsteuerpflichtige Umsätze darstellen, steht der Klägerin der – vom Finanzamt gewährte und vom Finanzgericht versagte – Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG aus den in den Rechnungen der Kanzlei für ihre Tätigkeiten in diesem Zusammenhang ausgewiesenen Umsatzsteuer zu.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.02.2019 – XI R 1/17
ECLI:DE:BFH:2019:U.130219.XIR1.17.0
- FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.11.2016 – 7 K 7078/15 [↩]
- EuGH, Urteile Société thermale d’Eugénie-les-Bains vom 18.07.2007 – C-277/05, EU:C:2007:440; Cesky rozhlas vom 22.06.2016 C-11/15, EU:C:2016:470; SAWP vom 18.01.2017 – C-37/16, EU:C:2017:22, UR 2017, 230; Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 – C-295/17, EU:C:2018:942; BFH, Urteile vom 30.06.2010 – XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl. II 2010, 1084; vom 20.03.2013 – XI R 6/11, BFHE 241, 191, BStBl. II 2014, 206; vom 21.12.2016 – XI R 27/14, BFHE 257, 154 [↩]
- BFH, Urteile vom 18.12.2008 – V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl. II 2009, 749 [↩]
- EuGH, Urteil Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942; BFH, Urteil vom 21.12.2016 – XI R 27/14, BFHE 257, 154 [↩]
- BFH, Urteile vom 11.04.2002 – V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl. II 2002, 782; vom 27.11.2008 – V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl. II 2009, 397; vom 24.04.2013 – XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl. II 2013, 648 [↩]
- BFH, Urteile vom 16.01.2003 – V R 92/01, BFHE 201, 339, BStBl. II 2003, 732; vom 21.12.2016 – XI R 27/14, BFHE 257, 154 [↩]
- BFH, Urteile vom 10.12.1998 – V R 58/97, BFH/NV 1999, 987; vom 16.01.2014 – V R 22/13, BFH/NV 2014, 736; vom 21.12.2016 – XI R 27/14, BFHE 257, 154 [↩]
- BT-Drs. 16/5048, 48 [↩]
- BGH, Urteile vom 17.07.2008 – I ZR 219/05, GRUR 2008, 996; vom 28.09.2011 – I ZR 145/10 [↩]
- BT-Drs. 17/13057, 11 [↩]
- BGH, Urteile vom 01.06.2006 – I ZR 167/03, GRUR 2007, 164; vom 21.01.2010 – I ZR 47/09, GRUR 2010, 354, Rz 8; vom 11.06.2015 – I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 [↩]
- EuGH-Urteil Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942, HFR 2019, 58 [↩]
- BGH, Urteil vom 22.03.2018 – I ZR 265/16, GRUR 2018, 914 [↩]
- BGH, Urteile vom 12.05.2016 – I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275; vom 26.07.2018 – I ZR 64/17, GRUR 2018, 1044; vgl. ausdrücklich § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG in der seit 2013 geltenden Fassung [↩]
- BFH, Urteil vom 11.05.1995 – V R 86/93, BFHE 177, 563, BStBl. II 1995, 613; Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 1 UStG Rz 154; Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 10 Rz 105; BeckOK UStG/Peltner, 20. Ed. 15.01.2019, UStG § 1 Rz 95.9; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 853 [↩]
- BFH, Urteil vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BFHE 250, 268, BStBl. II 2015, 862 [↩]
- BFH, Urteil vom 28.05.2013 – XI R 32/11, BFHE 243, 419, BStBl. II 2014, 411 [↩]
- BGH, Beschluss vom 08.02.2017 – 1 StR 483/16, GRUR 2017, 1046; BGH, Urteil vom 31.05.2012 – I ZR 106/10, GRUR 2013, 176 [↩]
- LG Düsseldorf, Beschluss vom 23.10.2017 – 2a O 135/17; Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 1 Rz 163.2; Omsels, juris PraxisReport Wettbewerbsrecht 6/2017 Anm. 1; Pörksen, juris PraxisReport IT-Recht 13/2017 Anm. 5; a.A. Streit/Rust, DStR 2018, 1321, 1322; Pull/Streit, Mehrwertsteuerrecht 2018, 108, 114 [↩]
- EU:C:2016:470, UR 2016, 632 [↩]
- EU:C:2017:22, UR 2017, 230 [↩]
- BGH, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 124/16 [↩]
- BGBl. I 2005, 386 [↩]
- EuGH, Urteile Tolsma vom 03.03.1994 – C-16/93, EU:C:1994:80; Gemeente Borsele vom 12.05.2016 – C-520/14, EU:C:2016:334, HFR 2016, 664; Lajver vom 02.06.2016 – C-263/15, EU:C:2016:392, HFR 2016, 665; BFH, Urteile vom 30.08.2017 – XI R 37/14, BFHE 259, 175; vom 02.08.2018 – V R 21/16, BFHE 262, 548 [↩]
- EuGH, Urteil Bastova vom 10.11.2016 – C-432/15, EU:C:2016:855, UR 2016, 913 [↩]
- BFH, Urteil vom 30.08.2017 – XI R 37/14, BFHE 259, 175; BFH, Beschluss vom 25.07.2018 – XI B 103/17, DStR 2019, 507 [↩]