Der Bundesgerichtshof hatte in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung über einen Fall der Schadensersatzpflicht des Reiseveranstalters für Reisemängel zu entscheiden, bei dem der Reisende die einmonatige Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB versäumt hatte.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen eines Unfalls, der ihr während eines bei dem beklagten Reiseveranstalter gebuchten Urlaubs in einem Ferienclub zustieß. Sie besuchte eine Animationsveranstaltung, bei der die Animateurin im Rahmen eines Wetten-dass-Spiels einem Kind die Wette anbot: „Wetten, dass es deiner Mama nicht gelingt, in zwei Minuten 60 verschiedene Schuhe einzusammeln?“ Daraufhin begannen die Zuschauer, Schuhe auf die Bühne zu werfen. Dabei traf ein Schuh mit hohem, spitzem Absatz die in der ersten Reihe sitzenden Klägerin am Hinterkopf. Nach ihrer alsbaldigen Rückkehr von der Reise diagnostizierte ihr Hausarzt eine Gehirnerschütterung. Zwei Wochen nach dem Unfall hatte die Klägerin keine Beschwerden mehr. Einige Monate später traten bei ihr Kopfschmerzattacken und Sprach- und Koordinationsstörungen auf. Im Krankenhaus wurde aufgrund eines Elektroenzephalogramms ein Herdbefund festgestellt. Daraufhin meldete die Klägerin bei der Beklagten Schadensersatzansprüche an. Sie trägt vor, sie habe bei dem Vorfall im Ferienclub ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, das ein symptomatisches fokales Anfallsleiden ausgelöst habe, und es sei noch nicht abzusehen, ob ihr Leiden ausheilen oder aber sich zu einer bleibenden Epilepsie entwickeln werde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die vertragliche Haftung des Reiseveranstalters dem rechtlichen Ansatz nach bejaht (§ 651f BGB). Der Unfall stellte zumindest deshalb einen Reisemangel dar, weil nach der vom Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbaren Feststellung des Berufungsgerichts die Gefahr des Schuhewerfens und die damit verbundene Verletzungsgefahr nicht fern lagen und die als Erfüllungsgehilfin des Reiseveranstalters zu behandelnde Animateurin diese Gefahr hätte vorhersehen und durch ein Verbot des Schuhewerfens hätte abwenden können.
Einen Ausschluss des Ausspruchs wegen Fristversäumung nach § 651g Abs. 1 BGB hat der Bundesgerichtshof verneint, weil die Klägerin an der Fristversäumung kein Verschulden traf. Denn der Reiseveranstalter hatte sie nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, auf die Ausschlussfrist hingewiesen. Zum Verstoß des Reiseveranstalters gegen seine Hinweispflicht und zu der daraus folgenden Vermutung eines fehlenden Verschuldens des Reisenden hat der Bundesgerichtshof nähere Ausführungen gemacht. Er hat ein Verschulden der Klägerin auch deshalb abgelehnt, weil diese, solange sie an eine harmlose Gehirnerschütterung glauben konnte, auf die Anmeldung von Ansprüchen verzichten durfte.
Der Rechtsstreit war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dieses noch keine tragfähigen Feststellungen zu der streitigen Frage getroffen hat, ob der Unfall für das von der Klägerin geltend gemachte fokale Anfallsleiden kausal war.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Juni 2007- X ZR 87/06