Bei mehreren Lieferorten im selben Mitgliedstaat ist nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dasjenige Gericht für alle Klagen zuständig ist, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Ort der Hauptlieferung befindet. Die Hauptlieferung ist dabei nach wirtschaftlichen Kriterien zu bestimmen. Lässt sich der Ort der Hauptlieferung nicht feststellen, kann der Kläger unter den Gerichten der Lieferorte wählen.
Die Entscheidung bezieht sich auf bewegliche Kaufsachen. Im Ausgangsverfahren hatte sich ein deutsches Unternehmen gegenüber einem österreichischem Unternehmen verpflichtet, bewegliche Sachen an verschiedene Orte in Österreich zu liefern. Wegen Nichterfüllung verklagte der Lieferant seinen österreichischen Kunden auf Vertragsrückabwicklung und machte diese Klage vor dem Gericht anhängig, in dessen Zuständigkeit sie ihren Sitz hat. Die Beklagte legte Berufung bezüglich der Gerichtszuständigkeit ein. Das Berufungsgericht legte die Frage der Anwendbarkeit und der Auslegung der hier entscheidenden Verordnung Nr. 44/2001 über gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen dem EuGH vor. Laut EuGH sei die Verordnung im vorliegenden Fall anzuwenden. Die Verordnung lege den Lieferort als autonomes Anknüpfungskriterium fest, das auf sämtliche Klagen aus demselben Vertrag anwendbar sei. So würden die Ziele der Verordnung gefördert, nämlich die Vereinheitlichung von Zuständigkeitsvorschriften sowie die räumliche Nähe des Gerichtsstands. Die dadurch erhöhte Vorhersehbarkeit fördere den Rechtsschutz der in der EU ansässigen Personen.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 3. Mai 2007 – C-386/05