Das Oberlandesgericht Zweibrücken hatte sich als Berufungsinstanz mit einem Fall zu beschäftigen, in dem sich ein Hund per Biss dagegen gewehrt hatte, mit einem Handtuch „dekoriert“ zu werden.
In dem entschiedenen Fall ging es um Folgendes:
Die Klägerin machte Schadensersatzansprüche aufgrund eines Hundebissvorfalls geltend. Ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Erstgerichts1 ist zwar zulässig, hat in der Sache nach Auffassung des Oberlandesgerichts Zweibrücken jedoch keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht Kaiserslutern hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, weil der an sich gem. § 833 Satz 1 BGB bestehende Anspruch der Klägerin durch ein überragendes Eigenverschulden gänzlich verdrängt wird. Ein Mitverschulden nach § 254 BGB trifft den Verletzten, wenn er die Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch gegenüber Tieren zu beobachten pflegt, um sich vor einem Schaden zu bewahren, sich insbesondere auch nicht auf allgemein bekannte Tiergefahren einstellt und Vorsicht walten lässt2.
Gemessen daran gilt nach Auffassung des Oberladesgerichts Zweibrücken hier folgendes:
Nach der eigenen Schilderung der Klägerin kam es zu dem Hundebiss, nachdem die damals als Mitarbeiterin der Bäckerei tätige Klägerin dem angeleinten, auf seinen Hinterpfoten sitzenden Hund „Benny“ ein Geschirrtuch über den Kopf gelegt hatte und es anschließend wieder entfernen wollte. Mit diesem Verhalten, durch das die Klägerin (nach der plastischen Beschreibung der Zeugen ) den Hund „wie ein altes Mütterchen“ hat aussehen lassen, hat die Klägerin selbst die Gefahrenlage geschaffen, die zu dem Hundebiss führte. Es wurde dadurch – wie von der Sachverständigen eingehend und überzeugend beschrieben – eine „Eskalationsleiter“ begonnen, die im Ergebnis zum Hundebiss führte. Das vor dem Bissvorfall an den Tag gelegte Verhalten der Klägerin ist nach den zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts als besonders grober Sorgfaltspflichtverstoß anzusehen.
Was die Berufung hiergegen erinnert, rechtfertigt keine andere Entscheidung, so das Oberlandesgericht Zweibrücken. Die Auffassung, der Hund sei durch das „Spiel“ der Klägerin nicht beeinträchtigt worden, entbehrt jeder Grundlage. Vielmehr ist für jedermann (auch ohne besonderen Hundesachverstand) offensichtlich, dass das Legen eines Handtuches auf den Kopf eines Hundes ein inadäquates, weil übergriffiges Verhalten darstellt, auf das ein Hund, der sein Missfallen naturgemäß nicht verbalisieren kann, mit aggressivem Verhalten reagieren kann. Dass die Klägerin den Hund nach eigenen Angaben schon längere Zeit kennt und ihm auch bei früheren Besuchen ein Tuch über den Kopf legte, ändert nichts an der Tatsache, dass das Verhalten der Klägerin unangemessen und massiv gefahrerhöhend war. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Klägerin sogar einräumte, dass der Hund ihre Hand schon öfters „im Maul“ gehabt habe.
Nach alledem erscheint selbst eine anteilige Haftung des Beklagten nicht vertretbar, weil von einem überragenden Eigenverschulden der Klägerin auszugehen ist.
Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 28.04.2022 – 2 U 32/21
ECLI:DE:POLGZWE:2022:0428.2U32.21.00