Das Oberverwaltungsgericht Münster musste aktuell im Rahmen eines Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren über die Frage entscheiden, ob eine Hundehalterin, die mehrfach wegen Betruges rechtkräftig verurteilt wurde, einen gefährlichen Hund nach § 3 Abs. 3 LHundG oder einen Hund „bestimmter Rassen“ nach § 10 LHundG NRW halten darf.
Das Oberverwaltungsgericht Münster ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Versagung der Haltung eines solchen Hundes bei diesen Gegebenheiten rechtmässig ist.
Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW soll das Halten eines gefährlichen Hundes oder eines Hundes im Sinne des § 10 Abs. 1 LHundG NRW u. a. untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LHundG NRW wird die Erlaubnis nur erteilt, wenn die antragstellende Person die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die z. B. wegen einer Straftat gegen das Eigentum oder das Vermögen rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 LHundG NRW. Die Antragstellerin wurde zuletzt im November 2019 wegen Betrugs in drei Fällen rechtskräftig zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen verurteilt. Umstände, die das Vorliegen eines atypischen Falls begründen könnten, der die Regelvermutung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LHundG NRW erschüttern könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor. Die Nennung von Straftaten gegen Eigentum und Vermögen in § 7 Abs. 1 Nr. 1 LHundG NRW zeigt – so auch schon das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen1, dass nicht nur Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung Berücksichtigung finden können. Der Gesetzgeber hat die Verurteilung wegen Eigentumsdelikten einbezogen; er geht demnach davon aus, dass alle diese Straftaten die Unzuverlässigkeit begründen. Auf einen von der Antragstellerin vorgetragenen unterschiedlichen Unrechtsgehalt kommt es deshalb schon im Ansatz nicht an. Der von der Antragstellerin angeführte, ein anderes Landesgesetz betreffende Rechtsprechungsbeleg2 ist angesichts dessen nicht geeignet, den Schluss zu ziehen, dass nur solche Straftaten einzubeziehen seien, die eine Gefahr für Menschen oder Tiere begründen, so das Oberverwaltungsgericht Münster. Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin ersichtlich nicht Voraussetzung für die Annahme der Unzuverlässigkeit. Es ist auch weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich, dass es sich bei dem von der Antragstellerin begangenen Betrug (in jeweils drei vollendeten und versuchten Fällen) um eine Straftat „im deutlichen unteren Bereich“ handelt. Eine Verurteilung zu 120 Tagessätzen führt vielmehr dazu, dass die Antragstellerin als vorbestraft gilt. Die Tatsache, dass sie die Straftat begangen haben mag, um Tierfutter zu erwerben, streitet nicht für sie, sondern belegt (auch im Zusammenhang mit der Hundehaltung), dass sie nicht gewillt ist, das Eigentum anderer zu respektieren, ao das Oberverwaltungsgericht NRW weiter. Die Tatsache, dass die Antragstellerin den durch den Betrug entstandenen Schaden „wiedergutmacht“, führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil sie hierzu schon nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verpflichtet gewesen ist. Ob die weiteren Verurteilungen ebenfalls zur Begründung der Unzuverlässigkeit herangezogen werden können, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
Es ist angesichts dessen auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Anordnung der Haltungsuntersagung unverhältnismäßig bzw. ermessensfehlerhaft ist.
Mit Blick auf die erweiterte Haltungsuntersagung des angefochtenen Bescheids zeigt die Antragstellerin ebenfalls nicht auf, dass insoweit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen von ihrer Zuverlässigkeit auszugehen wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem von ihr zitierten Vermerk der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Haltung ihres früheren Hundes „B.“, im Rahmen derer es zu einem Beißvorfall mit einem Hund und einem mit einem Kind gekommen ist. Aus der Tatsache, dass die Antragsgegnerin hinsichtlich der dort in Bezug genommenen Vorfälle nicht von der Verwirklichung eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes durch die Antragstellerin ausgegangen ist, lässt sich ersichtlich nicht ihre Zuverlässigkeit herleiten. Im Übrigen beschränkt sich das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich der – vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen detailliert geschilderten – Vorwürfe die Haltung von „B.“ betreffend auf die pauschale Behauptung, „dass dies so nicht stimmt“. Selbst wenn der nicht belegte Vortrag der Antragstellerin, sie sei psychisch „wieder gefestigt“ und stehe nicht mehr unter Betreuung des sozialpsychiatrischen Dienstes, zutreffen sollte, reicht dies vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nicht aus, um von ihrer Zuverlässigkeit auszugehen. Das Bestehen der Verhaltensprüfung lässt für sich genommen keine Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit der Antragstellerin zu.
Die danach vorzunehmende allgemeine rechtmäßigkeitsunabhängige Interessenabwägung geht nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht NRW zu Lasten der Antragstellerin aus. Dies ergibt sich aus dem gewichtigen Interesse der Antragsgegnerin, Menschen und Tiere vor etwaigen Angriffen durch einen Hund zu bewahren. Demgegenüber muss das Interesse der Antragstellerin, ihren Hund weiter zu halten, zurückstehen.
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 08.02.2023 – 5 B 1701/21 und 5 E 900/21
ECLI:DE:OVGNRW:2023:0208.5B1701.21UND5E900.00
- Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Beschluss vom 11.10.2021 – 19 L 1087/21 [↩]
- VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12. August 2004 – 1 S 564/04 [↩]