Das Amtsgericht München hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es darum ging, ob der Klägerin ein Hund zurückzugeben war, den sie der Beklagten übergeben hatte.
Die Klägerin behauptete, der Hund sei nur vorübergehend in Pflege gegeben worden, während die Beklagte behauptete, der Hund sei ihr übereignet worden und wollte den Hund nicht wieder herausgeben.
Das Amtsgericht München hat der Herausgabeklage stattgegeben.
Im Einzelnen:
Die Klägerin hatte den Hund aufgrund ihrer damaligen schwierigen persönlichen Situation in die Obhut der Beklagten gegeben.
Sie sei damals hochschwanger gewesen und hätte sich von dem Kindsvater getrennt, weshalb sie das Angebot der Beklagten angenommen hätte, den Hund bei sich aufzunehmen. Nach Angaben der Klägerin hatte sie dabei jedoch von vorneherein klargestellt, dass dies nur vorübergehend sei und sie den Hund zurückholen werde, „sobald sie es wieder schaffe“. Auch das zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Angebot der Beklagten, den Hund dauerhaft zu übernehmen, habe sie abgelehnt. Im Mai 2022 habe sie den Hund erfolglos von den Beklagten zurückverlangt.
Nach Angaben der Beklagten war der Hund bereits im Juni 2021 zu ihnen gekommen. Im September 2021 hätte die Klägerin den Hund zwar nochmals herausgefordert. Nach drei bis vier Tagen sei er jedoch wieder zu Ihnen gekommen. Die Beklagten behaupteten, der Chihuahua sei zum dauerhaften Verbleib abgegeben worden.
Die Entscheidung:
Nach Auffassung des Amtsgerichts München hat die Klägerin gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Hundes aus § 985 BGB, denn die Klägerin ist weiterhin Eigentümerin des Hundes und ein Besitzrecht der Beklagten besteht nicht.
Ein Nachweis für eine dingliche Einigung der Parteien dahingehend, dass der Hund dauerhaft und nicht nur vorübergehend bei den Beklagten verbleiben soll, liegt nach Auffassung des Amtsgerichts München hingegen nicht vor.
Nach Auffassung des Amtsgerichts München steht es im Hinblick auf die Frage, ob eine Einigung der Parteien über einen dauerhaften Eigentumsübergang des Hundes an die Beklagten vorliege, Aussage gegen Aussage, ohne dass eine Aussage gegenüber der anderen überwiegt und ohne dass einer der Aussagen ein erhöhter Beweiswert zukommt.
Weitere Beweismittel, die eine entsprechende Einigung belegen könnten, liegen hingegen nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, so das Amtsgericht München weiter, dass die Schilderungen der Beklagten und die entsprechenden vorgelegten Unterlagen, die die Pflege des Hundes durch die Beklagten betreffen zwar ihre Bemühungen um das Tierwohl dokumentieren. Dies ist jedoch nicht geeignet, einen Nachweis über die dingliche Einigung zu führen, da insoweit der für eine Einigung erforderliche rechtsverbindliche Erklärungswille der Klägerin nicht erkennbar ist.
Auf der bloßen Grundlage des sich widersprechenden Aussagen der Parteien lässt sich hingegen nach Auffassung des Amtsgerichts München keine richterliche Überzeugung begründen. Die beweispflichtige Beklagtenpartei ist ein Nachweis über das Vorliegen einer entsprechenden dinglichen Einigung daher nicht gelungen.
Eine dingliche Einigung i.S.v. §§ 929 S.1, 90a BGB ist auch nicht konkludent durch die Länge der Zeitdauer zustande gekommen. Die von der Beklagtenpartei dargelegte Pflege des Hundes und das Gewährenlassen durch die Klägerin stellt insoweit keine konkludente Einigung über einen dauerhaften Einigungsübergang dar, da es auch insoweit an einem rechtsverbindlichen Erklärungswillen der Klägerin fehlt.
Die Klägerin hat ihr Eigentum an dem Hund auch nicht durch Dereliktion an die Beklagten verloren. Nach § 958 Abs. 1 BGB erwirbt derjenige das Eigentum an einer Sache, der eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt. Gemäß § 959 BGB wird eine bewegliche Sache dann herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.
Im vorliegenden Fall fehlt es, so das Amtsgericht München, bereits an der Äußerung eines Aufgabewillens durch die Klägerin. Voraussetzung hierfür wäre, dass dem Eigentümer das künftige Schicksal der betreffenden Sache völlig gleichgültig sein muss.
Durch die Abgabe des Hundes an die Beklagten hat die Klägerin nach Auffassung des Amtsgerichts München jedoch vielmehr gezeigt, dass ihr das Schicksal des Chihuahuas gerade nicht gleichgültig ist. Dass die Klägerin nach der Abgabe an die Beklagten einen längeren Zeitraum den Hund nicht herausverlangte, begründet hingegen keine Gleichgültigkeit, denn die Versorgung des Hundes durch die Beklagten war unstreitig sichergestellt.
Die Beklagten haben zudem nach Auffassung des Amtsgerichts München gegenüber der Klägerin kein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Insbesondere liegt kein schuldrechtliches Besitzrecht aufgrund einer Schenkung nach § 516 Abs. 1 BGB vor.
Eine Schenkung nach § 516 Abs. 1 BGB ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Zwar wird seitens der Beklagtenpartei behauptet, der Ausspruch der gegnerischen Seite, der Hund solle bei den Beklagten bleiben, stelle ein konkludentes Schenkungsversprechen nach § 516 Abs. 1 BGB dar. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Aussage von der Klägerin bestritten wurde. Die Unaufklärbarkeit geht, wie bereits dargelegt, hingegen zulasten der Beklagten. Ein Nachweis über entsprechende Einigung einer unentgeltlichen Zuwendung zugunsten der Beklagten ist somit nicht gegeben.
Amtsgericht München, Urteil vom 11.07.2023 – 275 C 1437/23
Anmerkung:
Das Urteil steht im Gegensatz zu dem vom Landgericht Aachen bestätigten Urteil des Amtsgerichts Schleiden und berücksichtigt – soweit man dies der Pressemitteilung entnehmen kann – nicht die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.