Darf eine Mutter dem Vater das Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind verweigern, weil er Hunde hält? Oder muss er die Hunde wegsperren?
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat nun entschieden, dass dem Vater aufgegeben wird, sicherzustellen, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem oder mehreren im Haushalt lebenden Hund(en) nicht unbeaufsichtigt sein wird.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Der Vater eines in 2019 geborenen Kindes regte die Einleitung eines Umgangsverfahrens an und begehrte insbesondere die Regelung des Umgangs mit Übernachtungen am Wochenende. Die nicht mit ihm verheiratete Mutter verweigerte den Umgang solange nicht gewährleistet sei, dass das Kind nicht mit mehr als zwei Hunden in Kontakt kommt und die anderen Hunden in dieser Zeit im Zwinger gehalten werden. Hintergrund ist, dass der Vater mit seiner neuen Lebensgefährtin, die Schlittenhundesport betreiben, mit insgesamt 7 Hunden (darunter 5 Huskys und ein Labrador) zusammenlebt.
Das Amtsgericht verpflichtete die Mutter insbesondere, dem Vater regelmäßigen Umgang zu gewähren, wobei dieser einen Umfang von zunächst sieben Stunden wöchentlich, ab Oktober 2020 von neun Stunden wöchentlich und ab Januar 2021 an jedem 2. Wochenende von 8 Uhr am Samstag bis 17 Uhr am Samstag hat. Darüber hinaus formulierte das Amtsgericht:
„Die zuvor geregelten Kontakte des Kindesvaters mit dem Kind sind nur in Abwesenheit der im Haushalt des Kindesvaters lebenden Hunde gestattet.“
Die Entscheidung:
Maßstab der familiengerichtlichen Entscheidung zum Umgang im Rahmen des § 1684 Abs. 3 BGB ist das, was dem Kindeswohl am besten entspricht (§ 1697a BGB).
Abzuändern war die amtsgerichtliche Entscheidung jedoch hinsichtlich der Auflage zur Abwesenheit der Hunde während der Umgangskontakte. Geeignet und erforderlich, den Bedenken der Mutter, soweit sie nachvollziehbar sind, Rechnung zu tragen, ist die Auflage, dass der Vater sicherzustellen hat, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem oder mehreren im Haushalt lebenden Hund(en) nicht unbeaufsichtigt sein wird.
Mit der Umgangsregelung, die den regelmäßigen Umgang nach Art, Ort und Zeit festlegt, können im Einzelnen ausgestaltende Auflagen verbunden werden. Diese können sowohl auf § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB, also auch auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden1. So kann das Familiengericht etwa die Gegenwart eines gefährlichen Tieres anlässlich des Umgangs verbieten2. In den Fällen der alleinigen elterlichen Sorge des umgangsgewährenden Elternteils hat dieser zwar die Befugnis, in Bereichen der elterlichen Sorge entsprechende Anordnungen in Angelegenheiten (von erheblicher Bedeutung) zu treffen. Besteht hingegen gemeinsame elterliche Sorge, sind unbeschadet dessen gegebenenfalls Auflagen zur Abwehr einer möglichen Kindeswohlgefährdung durch das Familiengericht geboten. Gleichermaßen hat das Familiengericht dann im Elternkonflikt unterhalb dieser Schwelle eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu treffen, die auch der grundsätzlichen Alleinentscheidungsbefugnis des umgangsausübenden Elternteils in Alltagsangelegenheiten (hierzu § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB) während des Umgangs Rechnung trägt.
Nach diesen Maßstäben ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. zwar eine Auflage zu erteilen, die jedoch wie eingangs genannt zu fassen ist.
Mutter und Vater üben hier die elterliche Sorge gemeinsam aus. Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls sind weder dargetan noch ersichtlich. Zwar handelt es sich um eine Vielzahl von Hunden, die während des Umgangs zugegen sein können. Die anwesenden Hunderassen sind jedoch für sich genommen nicht als gefährlich einzustufen, was bereits daraus ersichtlich ist, dass insbesondere Huskys oder Labradore nicht in der jeweiligen Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden eines Landes gelistet sind. Im Gegenteil gelten beide Rassen allgemeinbekannt eher als menschenfreundlich, sozial und sanftmütig.
Es kommt hinzu, dass die Vielzahl der Hunde sich dadurch erklärt, dass der Vater und seine Lebensgefährtin sich dem Hundesport zugewendet haben. Dies wiederum setzt voraus, dass die Hunde auch regelmäßig trainiert werden und damit zumindest einen Grundgehorsam haben. Dass dies auch konkret der Fall ist, wird etwa in den zur Akte gereichten Bildern ersichtlich, auf welchen alle Hunde sitzend, steady und gehorsam abzulichten waren. Auch die Verfahrensbeiständin konnte den Gehorsam der Hunde bei ihrem Besuch feststellen. Dass es zu irgendwelchen, das Wohl des Kindes beeinflussenden Hygieneproblemen kommen könnte, ist im Übrigen in keiner Weise nachvollziehbar dargetan oder ersichtlich.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vermag auch keine abstrakte Gefahr zu erkennen, die etwa auf Grund der Anzahl der Hunde nach einer weitergehenden Regelung verlangen würde. Vielmehr sind keinerlei Anhaltspunkte dargetan oder ersichtlich, dass der Vater seiner Elternverantwortung und Aufsichtspflichten zur Sicherstellung des Kindeswohls während der Umgangsausübung nicht Genüge tun würde.
Unbeschadet dessen geht das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. mit Blick auf den Kontakt des Kindes zu Hunden während des Umgangs davon aus, dass es sich um eine Alltagsangelegenheit handelt, denn immerhin hat ein Zusammenleben der Mutter mit dem Vater jedenfalls mit seinen beiden Hunden noch stattgefunden.
Mit Blick auf die Bedenken der Mutter und die Loyalitätspflichten des Vaters, die mit einer Pflicht zu einem kindeswohlorientierten Einvernehmen einhergeht3, erachtet es das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. – auch unter Einbeziehung von § 1687 Abs. 2 BGB – gleichwohl für geboten, die entsprechende Verpflichtung an den Vater zum Zwecke der Klarstellung und mahnenden Erinnerung zu tenorieren. Der Senat weist unbeschadet dessen jedoch deutlich darauf hin, dass es im Sinne einer vernünftigen Ausübung der Elternautonomie seitens des Vaters geboten ist, besondere Aufmerksamkeit in den Situationen walten zu lassen, in denen die Hunde besonders aufgeregt sind bzw. sein könnten und in denen B in engerem Kontakt mit einem der Hunde ist. Dass er in unmittelbarem und engerem Kontakt mit mehreren Hunden gleichzeitig ist, ist mit Blick auf das Alter des Kindes ohnehin ausgeschlossen und wird vom Vater bei angemessener Wahrnehmung seiner Erziehungsverantwortung, woran der Senat keinen Zweifel hat, verhindert werden.
Von der Erteilung einer Beratungsauflage hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. abgesehen. Zwar teilt das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. nicht die Ansicht des OLG Düsseldorf4, dass eine Beratungsauflage im Rahmen einer Endentscheidung zum Umgang rechtlich nicht statthaft ist, denn einerseits kann eine solche auf die Regelung des § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB gestützt werden und andererseits bestimmt § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB ausdrücklich, dass das Familiengericht die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Wohlverhaltenspflicht anhalten kann, was auch zu einer Beratungsauflage ermächtigt5. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. sieht die Fortführung einer Beratung, wie die Verfahrensbeiständin, im Hinblick auf den Elternkonflikt auch dringend als geboten an. Mit Blick auf den Umstand, dass das Jugendamt bereits intensiv involviert ist, geht der Senat aber davon aus, dass nach Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens beide Elternteile im Interesse ihres Sohnes auch freiwillig die bestehenden Beratungsangebote nutzen werden.
Eine hinreichende Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung ist vorhanden. Insbesondere konnte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. von einer erneuten persönlichen Anhörung der Beteiligten, welche erstinstanzlich erfolgt, absehen (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Insbesondere vermochte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. auch nicht zu erkennen, dass eine Entpflichtung der Verfahrensbeiständin, wie vom Vater angeregt, geboten gewesen wäre, denn diese hat im Verfahren in vertretbarer Weise die Interessen des Kindes wahrgenommen.
Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.10.2020 – 1 UF 170/20
ECLI:DE:OLGHE:2020:1027.1UF170.20.00
- Staudinger/Dürbeck, BGB, § 1684 Rn. 249 [↩]
- KG Berlin, FamRZ 2003, 112 [↩]
- Staudinger/Dürbeck, BGB, § 1684 Rn. 83 [↩]
- OLG Düsseldorf, NZFam 2020, 448 [↩]
- KG Berlin, ZKJ 2019, 234 und ZKJ 2017. 230; OLG Brandenburg, FamRZ 2016, 1473 [↩]