Auch Vermieter von Eigentumswohnungen müssen Betriebskostennachforderungen rechtzeitig gegenüber dem Mieter geltend machen – selbst wenn die WEG schläft.
Konkret hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, ob der Vermieter einer Eigentumswohnung, auch noch nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB für die Abrechnung über die Betriebskosten eine Nachforderung geltend machen kann, wenn der WEG-Verwalter verspätet abgerechnet hat.
In dem entschiedenen Fall war die Beklagte Mieterin einer in einer Wohnungseigentumsanlage gelegenen Wohnung des Klägers, für die sie neben der Nettomiete monatliche Betriebskostenvorauszahlungen zu entrichten hatte. Der Mietvertrag enthielt eine handschriftliche Ergänzung, wonach die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung in der Eigentümerversammlung mit dem Mieter abgerechnet werden. Die Betriebskosten für die Jahre 2010 und 2011 rechnete der Kläger gegenüber der Beklagten erst mit Schreiben vom 07.12.2013 ab, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft kurz zuvor den Beschluss über die Jahresabrechnungen der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG gefasst hatte.
Mit seiner Klage hat der Kläger für die jeweiligen Abrechnungszeiträume Nachforderungen geltend gemacht. Der Bundesgerichtshof hat nun die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen1 bestätigt.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat der Vermieter einer Eigentumswohnung grundsätzlich auch dann innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB über die Betriebskosten abzurechnen, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung noch nicht vorliegt. Nur wenn der Vermieter die Verspätung nach § 556 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 BGB nicht zu vertreten hat, wofür er darlegungs- und beweisbelastet ist, kann er nach Ablauf der Frist noch eine Nachforderung geltend machen. Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist gemäß § 556 Abs. 4 BGB unwirksam.
Nach § 556 Abs. 3 S. 1 BGB ist über die Vorauszahlungen für Betriebskosten jährlich abzurechnen. Diese Abrechnungspflicht ist nicht davon abhängig, dass dem Vermieter einer Eigentumswohnung bereits der Beschluss über die Jahresabrechnung der Wohnungseigentumsgemeinschaft vorliegt, die regelmäßig als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter genutzt wird. Eine solche (ungeschriebene) Voraussetzung ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik und wäre insbesondere mit dem Zweck der Vorschrift, Abrechnungssicherheit für den Mieter und – durch eine zeitnahe Abrechnung der Betriebskosten – rasche Klarheit und Rechtssicherheit über die gegenseitigen Forderungen der Mietvertragsparteien zu schaffen, nicht vereinbar. Zudem würde hierdurch der Mieter einer Eigentumswohnung in einer aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise gegenüber dem Mieter einer sonstigen Wohnung benachteiligt, da er durch das zusätzliche Erfordernis eines Beschlusses der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG dem erhöhten Risiko ausgesetzt wäre, die Betriebskostenabrechnung nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Jahresfrist zu erhalten.
Die Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), entsteht zwar gegenüber den anderen Eigentümern im Innenverhältnis nicht bereits durch die Entstehung der Kosten und Lasten, sondern erst durch den Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG. Dieser Beschluss entfaltet jedoch gegenüber einem Dritten, wie hier dem Mieter, keine Bindung. Die Frage des laufenden Entstehens und des Anfallens der Betriebskosten für die vermietete Eigentumswohnung ist damit unabhängig hiervon nach den Grundsätzen des Wohnraummietrechts und dem Inhalt des konkreten Mietverhältnisses zu beurteilen.
Damit kann ein Vermieter einer Eigentumswohnung, wenn die Hausverwaltung die WEG-Abrechnung verspätet erstellt hat, nach Ablauf der Jahresfrist nur dann noch eine Nachforderung geltend machen, wenn er die verspätete Abrechnung über die Vorauszahlungen nicht zu vertreten hat, was er konkret darzulegen hat.
Hieran fehlte es im konkreten Fall. Zwar muss sich der Kläger ein Verschulden des (früheren) Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zurechnen lassen, weil dieser, wie der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden hat, grundsätzlich – und so auch hier – nicht Erfüllungsgehilfe des Vermieters der Eigentumswohnung hinsichtlich der Erstellung der mietrechtlichen Betriebskostenabrechnung ist. Der Kläger hat jedoch lediglich geltend gemacht, die bis zum 31. Dezember 2012 tätige Hausverwaltung habe die Wohngeldabrechnung der Hauseigentümer für die Jahre 2010 und 2011 nicht ordnungsgemäß erstellt und sei wegen dieser Versäumnisse von der Wohnungseigentümergemeinschaft zum 31.12.2012 abberufen worden. Die neue, ab 01.01.2013 tätige Hausverwaltung sei mit Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 20.08.2013 zur Abrechnung der Wohngelder für die Jahre 2010 und 2011 beauftragt worden und habe diese im November 2013 fertiggestellt. Dies genügt nicht. Denn es fehlt jeder Vortrag dazu, was der Kläger selbst veranlasst hat, nachdem für ihn im Laufe des Jahres 2010 erkennbar wurde, dass die bisherige Hausverwaltung die Wohngeldabrechnung, die er als Grundlage für die von ihm selbst erstellte Betriebskostenabrechnung benötigte, nicht rechtzeitig vorlegen würde oder die schließlich erstellte Abrechnung so fehlerhaft war, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung eignete.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.01.2017 – VIII ZR 249/15
- AG Schwetzingen, Urteil vom 26.11.2014 – 4 C 81/14; LG Mannheim, Urteil vom 14.10.2015 – 4 S 142/14 [↩]