Im Einzelnen:
Das Amtsgericht Mönchengladbach hatte den Beklagten verurteilt, der seinen Teppichboden durch Fliesen ersetzt hatte, in der Wohnung Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag mit einem Trittschallverbesserungsmaß von mindestens ∆Lw = 15 db fachgerecht zu verlegen1. #
Hiergegen wendete sich der Beklagte mit seiner Berufung und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren auf Klageabweisung weiter.
Das Landgericht Düsseldorf ist in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger von dem Beklagten in der Tat Maßnahmen des Trittschallschutzes gemäß §§ 1004 Abs. 1 BGB, 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG verlangen kann.
Der Kläger macht zu Recht eine Beeinträchtigung durch fehlenden Trittschallschutz zwischen den Wohnungen der Parteien geltend.
§ 14 WEG konkretisiert das der Gemeinschaft immanente Schuldverhältnis und verpflichtet jeden Wohnungseigentümer zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des bzw. der anderen2. Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.
Die Wohnungstrenndecke genügt nicht den Anforderungen der DIN 4109 in der im Jahr 1995 geltenden Fassung. Dies ergibt sich sowohl aus dem Gutachten des TÜV vom 10.03.2014 als auch dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 13.02.2017.
Die im Jahr 1995 geltende DIN 4109 Ausgabe 1989 ist hier heranzuziehen, da der Ausbau der Räumlichkeiten im Dachgeschoss zu Wohnräumen im Jahre 1995 erfolgte. Jedenfalls bei erheblichen Eingriffen wie im vorliegenden Fall des Dachgeschossausbaus muss der aktuell geforderte Schallschutz eingehalten werden3.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat die Trittschalldämmung im Ist-Zustand mit Fliesenbelag in zwei Raumsituationen jeweils für die kritischste Übertragungssituation (vertikal von oben nach unten in den jeweils unmittelbar darunter gelegenen Empfangsraum in der Wohnung des Klägers im 2. OG) messtechnisch ermittelt. Er hat festgestellt, dass die Anforderungen an die Trittschalldämmung mit dem Fliesenbelag nicht eingehalten werden. Die Anforderung nach DIN 4109 Ausgabe 1989 mit ≥ 53 R’w bzw. L’n,w in dB ist verfehlt. Der Istwert im Wohnzimmer des Klägers beträgt 67 dB, im Schlafzimmer 66 dB. Damit wurden die bauordnungsrechtlichen Anforderungen deutlich um 14 dB verfehlt. Dies stellt einen erheblichen Nachteil für den Kläger dar.
Damit ist – auch unter konkreter Abwägung der insoweit betroffenen Eigentümergrundrechte gemäß Art. 14 GG – eine über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinausgehende Verschlechterung der Trittschallbelästigungen gegeben. Abweichende Vereinbarungen der Parteien wie etwa in der Teilungserklärung, die ein geringeres Schallschutzniveau rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hierfür ist der Beklagte verantwortlich. Das Landgericht Düsseldorf verkennt nicht, dass grundsätzlich jeder Eigentümer nach Belieben über sein Sondereigentum verfügen kann und damit auch einen Bodenbelag durch einen anderen ersetzen kann, wobei es ohne Belang ist, welche Art von Belag bei Errichtung der Wohnanlage vorgesehen war oder eingebracht wurde. Führt allerdings eine Veränderung des Bodenbelags zu Trittschallbelästigungen in der darunterliegenden Wohnung und gehen diese über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus, ist der Störer zur Beseitigung dieser Einwirkungen verpflichtet4. Die Wohnungseigentümer dürfen zumindest auf die Fortdauer des infolge des Bauzustands vorgeprägten Schallschutzniveaus vertrauen5.
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Wohnung sei vermietet und die Verlegung der Fliesen durch die Mietpartei erfolgt. Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen – wozu nach allgemeiner Auffassung auch der Oberbodenbelag gehört – nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Dabei macht es keinen Unterschied, wenn die beanstandete Beeinträchtigung durch Schallimmissionen nicht auf einem eigenen Tun des Wohnungseigentümers beruht. Dieser hat nach § 14 Nr. 2 WEG für die Einhaltung der in § 14 Nr. 1 WEG bezeichneten Pflichten durch diejenigen Personen zu sorgen, denen er die Wohnung zur Benutzung überlässt6.
Der Kläger kann, so das Landgericht Düsseldorf, von dem Beklagten Dämmmaßnahmen verlangen, die ein dem Zustand vor der Veränderung entsprechendes Schutzniveau gewährleisten.
Der Berufungsangriff des Beklagten, er könne nicht verpflichtet werden, durch eigenständige Maßnahmen zu seinen Kosten im Sondereigentum für die – erstmalige – Erreichung des Mindestmaßes des Schallschutzes Sorge zu tragen, verfängt nicht. Insbesondere dringt er nicht damit durch, der mangelnde Schallschutz könne durch einen mangelhaften Estrich, bei dem es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, begründet sein. Das Landgericht Düsseldorf verkennt nicht, dass dem Beklagten nicht aufgegeben werden kann, das Gemeinschaftseigentum herzustellen bzw. auf eigene Kosten zu verbessern. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
Es kann dahinstehen, dass auf der vorliegenden Massivdecke kein schwimmender Estrich vorhanden ist bzw. dieser aufgrund von Ausführungsmängeln (Schallbrücken) keine trittschallentkoppelnde Wirkung entfaltet. Ausweislich der weiteren gutachterlichen Feststellungen war die Trittschalldämmung davon unabhängig mit Teppich sehr viel besser, der Schall war in einer Größenordnung von ca. 15-24 dB niedriger. Die Dachgeschosswohnung des Beklagten wurde im Jahr 1995 mit Teppichboden als Bodenbelag ausgebaut. Der Teppichboden stellte damit einen das ursprüngliche Schallschutzniveau prägenden maßgeblichen Umstand dar. Es ist unstreitig, dass mit den aufgebrachten Fliesen der Schallschutz nicht gewahrt wird. Der zu gewährende Schallschutz richtet sich grundsätzlich nach den im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerten6. Ob darüber hinaus noch die – strengeren – Anforderungen im Zeitpunkt der Baumaßnahme (Fliesenverlegung im Jahr 2008) anzuwenden sind, bedarf hier keiner Entscheidung7. Dies ist nicht beantragt und insoweit kann auch dahinstehen, ob in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wurde.
Daher geht der Beklagte fehl, so das Landgericht Düsseldrof weiter, wenn er anführt, es bestehe kein allgemeiner Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen Trittschallschutzes. Der Schallschutz nach der Sanierung sollte wieder so gut sein, wie er zuvor war8. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat festgestellt, dass die Trittschalldämmung nach Austausch des Teppichs durch Fliesen „in sehr erheblichem Maße verschlechtert wurde“. Dies gilt nach den Ausführungen des Sachverständigen sowohl unter der Annahme von handelsüblichem Teppich als auch Velours-Teppich.
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass als Alternativmaßnahme eine Herstellung des schwimmenden Estrichs in Betracht kommt. Die Kammer verkennt nicht, dass bei dem hier betroffenen ehemaligen NATO-Gebäude keine trittschallgedämmten Geschossdecken wie in einem Neubau zu erwarten sind und ein nachträglicher Einbau der Gemeinschaft insgesamt und nicht einem Sondereigentümer obläge. Der Beklagte kann aber die Herstellung einer trittschallgedämmten Geschossdecke nicht als Alternativmaßnahme an die Wohnungseigentümergemeinschaft verweisen. Zum einen ist offen geblieben, ob der Estrich bereits ursprünglich mangelhaft war. Hierzu hat der Beklagte nichts vorgetragen. Zum anderen haben nach den gutachterlichen Feststellungen gerade die Entfernung des Teppichbodens und die Verlegung der Fliesen zu einer Verschlechterung des Trittschallschutzes geführt. Es kann insofern dahinstehen, ob die Fliesen fachgerecht verlegt wurden.
Im Übrigen gebietet es nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf die Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander, dass ein Sondereigentümer sich nicht mit der Mangelhaftigkeit des Gemeinschaftseigentums entlasten kann, wenn er mit weit weniger aufwendigen Maßnahmen, etwa durch die Verlegung von Teppichboden anstelle von Fliesen, den notwendigen Schallschutz herbeiführen kann9. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat sich im vorliegenden Fall mit etwaigen Maßnahmen auf Kosten der Gemeinschaft befasst und diese durch bestandskräftigen Beschluss abgelehnt. Der Beklagte kann seiner Verpflichtung nachkommen, ohne dass der Estrich ausgebessert oder ausgetauscht wird; vor der Fliesenverlegung gab es unstreitig keine Trittschallbeeinträchtigung. Bei Ausbau und Wiederherstellung des Estrichs würden weitaus höhere Kosten entstehen. Insofern ist auch erheblich, dass es sich bei dem Objekt um ein altes NATO-Gebäude mit Stahldecken handelt, so dass die nachträgliche Herstellung schwimmenden Estrichs im Dachgeschoss zu ganz erheblichen Mehrkosten führen würde.
Das Landgericht Düsseldorf konnte im Übrigen nicht feststellen, dass die Verlegung schwimmenden Estrichs die einzige Möglichkeit wäre, den erforderlichen Trittschallschutz herbeizuführen. Insbesondere hat der Kläger selbst ein Gutachten des TÜV Rheinland vorgelegt, wonach es zwei Möglichkeiten zur Erhöhung des Schallschutzes gibt, nämlich neben der Aufbringung eines schwimmenden Estrichs alternativ die Anbringung eines Bodenbelags auf die bestehenden Fliesen. Ob der Beklagte seinerseits bei Vornahme der schalldämpfenden Maßnahmen einen Ausgleichsanspruch gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft hat, ist hier nicht streitgegenständlich und bedarf keiner Entscheidung
Die Berufung hat jedoch insofern Erfolg, als erstinstanzlich die Verlegung einer Trittschalldämmung mit einem Verbesserungsmaß von mindestens ∆ Lw = 15 dB tenoriert wurde. Dies hält die Kammer nicht für angemessen, da die Differenz zwischen dem Richtwert und den Messergebnissen laut Sachverständigengutachten nur 13-14 dB beträgt. Der Kläger kann lediglich verlangen, dass der Norm-Trittschallpegel von L‘n,w ≤ 53 dB eingehalten wird.
Darüber hinaus kann dem Sondereigentümer nicht die Verlegung von Teppichboden oder einem anderen Bodenbelag in sämtlichen Zimmern der Wohnung unabhängig von der Verbesserung des Schallschutzes aufgegeben werden. Zum einen steht die Art der Ausführung des Trittschallschutzes im Ermessen des Beklagten. Zum anderen macht der Beklagte mit der Berufung zutreffend geltend, dass die Küche und das Bad nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien bereits ursprünglich nicht mit Teppichboden ausgestattet waren. Der Kläger hat selbst ausgeführt, dass im Bad bereits ursprünglich Fliesen vorhanden waren und in der Küche Laminat verlegt wurde; dass in der Küche nachträglich Fliesen verlegt wurden, ist nicht ersichtlich.
Insofern kann der Kläger – so das Landgericht Düsseldorf weiter – nichts verlangen, was über den ursprünglichen Zustand hinausgeht. Es fehlt im Hinblick auf das Bad und die Küche an einer dem Beklagten zurechenbaren Beeinträchtigung. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es in diesen unverändert gebliebenen Räumen zu einer Überschreitung der Schallschutzwerte kommt, da sie nicht Gegenstand der Untersuchung durch den Sachverständigen waren. Gegenstand des Sachverständigengutachtens waren Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer und Diele.
Das Landgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen denkbar ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt10. Diese Voraussetzungen sind hier im Hinblick auf die streitentscheidenden Rechtsfragen zur Verantwortung für Trittschallschutz in einer Wohnungseigentümergemeinschaft bei nachträglicher Veränderung des Bodenbelags nach Meinung des Landgerichts Düsseldorf gegeben.
- AG Mönchengladbach, Urteil vom 28.11.2018 – 36 C 438/17 [↩]
- Staudinger-Rapp, WEG, Neubearbeitung 2018, § 14 Rn. 5 [↩]
- BGH, Urteil vom 16.03.2018 – V ZR 276/16, NJW 2018, 2123; Jennißen-Hogenschurz, WEG, 6. Aufl. 2019, § 22 Rn. 105b mwN [↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2007 – 3 Wx 115/07, NZM 2008, 288 [↩]
- OLG Schleswig, Beschluss vom 08.08.2007 – 2 W 33/07 [↩]
- BGH, Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 [↩] [↩]
- BGH, Urteil vom 16.03.2018 – V ZR 276/16, NJW 2018, 2123 [↩]
- Jennißen-Hogenschurz, § 22 WEG Rn. 106d [↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2001 – 3 Wx 120/01, NZM 2001, 958; OLG München, Beschluss vom 25.06.2007 – 34 Wx 20/07 [↩]
- BGH, Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02, NJW 2003, 65; Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 543 Rn. 11 [↩]