Ein Vermieter kann eine Mieterhöhung u.A. auf den Mietspiegel stützen.
Muss es sich hierbei aber um den aktuellen Mietspiegel handeln oder kann auch ein älterer Mietspiegel zur Begründung ausreichen?
Mit dieser Frage hatte sich nun das Amtsgericht Hamburg zu beschäftigen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ein älterer Mietspiegel jedenfalls dann nicht zur Begründung herangezogen werden kann, wenn sich die einzelnen Bewertungskriterien des Mietspiegels in der Zwischenzeit verändert haben.
In dem konkreten Fall verlangte der Kläger (Vermieter) von den Beklagten (Mieter) die Zustimmung zu einer Erhöhung der Netto-Kalt-Miete für die von den Beklagten angemietete Wohnung. Die Wohnung ist vermieterseits nicht mit einer Sammelheizung ausgestattet worden. Das Badezimmer bestand aus einer freistehenden Stahlwanne mit Fußen, wobei das Warmwasser über einen Holzbadeofen aufgeheizt wurde. Dieses Bad wurde dann von der Mutter des Beklagten zu 1) mit Zustimmung des Vermieters auf eigene Kosten erneuert.
Die Netto-Miete belief sich seit dem 01.06.2017 auf € 835,34.
Der Kläger bat die Beklagten 2021 um Zustimmung zu einer Erhöhung der Netto-Kalt-Miete von € 835,34 auf € 960,64. Er verwies darauf, dass das Haus in normaler Wohnlage liege und das Rasterfeld B 4 mit Bad oder Sammelheizung ab 91 Quadratmeter in normaler Wohnlage des Mietenspiegels 2013 einschlägig sei. Soweit es Ausstattungsnachteile gäbe, würden diese durch den Garten der Wohnung aufgewogen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er zur Begründung des Erhöhungsverlangens auf das Rasterfeld B 4 des Mietenspiegels für die Freie und Hansestadt Hamburg des Jahres 2013 zurückgreifen könne, da für spätere Mietenspiegel entsprechende Angaben nicht mehr vorhanden seien. Auch sei die Wohnung als vermieterseitig mit einem Bad ausgestattet anzusehen.
Das sahen die Mieter anders – und das Amtsgericht Hamburg ebenso.
Nach Auffassung des Amtsgerichts Hamburg hat es, wenn zur Begründung einer Mieterhöhung ein veralteter Mietenspiegel verwendet wird, zwar noch nicht zwingend die formelle Unwirksamkeit der Erhöhungserklärung zur Folge. Ändert sich aber im Rahmen der danach veröffentlichten Mietenspiegel die Struktur und Kategorisierung zum vorherigen Mietenspiegel grundlegend, entspricht das Mieterhöhungsverlangen unter Bezugnahme auf den vorherigen Mietenspiegel nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung der Erhöhungserklärung1. Daher ist etwa ein 20 Jahre alter Mietenspiegel mangels eines Informationsgehaltes für den Mieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens ungeeignet2.
Zwar steht der Bezugnahme auf den Mietenspiegel 2013 nicht schon entgegen, dass vorliegend nicht das Rasterfeld B 4, sondern A 4 einschlägig ist, da auch vom Mieter auf eigene Kosten in die Wohnung eingebrachte Einrichtungen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf Dauer unberücksichtigt bleiben3. Allerdings wird die fehlerhafte Einordnung in den Mietenspiegel, jedenfalls wenn dies nicht vorsätzlich erfolgt4, nicht als Problem einer unzureichenden Bezugnahme auf das Begründungsmittel angesehen5. Insoweit durfte der Kläger nach Maßgabe des Vorprozesses auch unter Berücksichtigung der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (noch) davon ausgehen, dass die Wohnung zwar ohne Sammelheizung, aber doch mit einem vermieterseitig gestellten Bad ausgestattet gewesen ist, auch wenn dies sich nunmehr als rechtlich unzutreffend erweist.
Jedoch ist es dem Kläger nicht möglich, eine Mieterhöhung mit dem Mietenspiegel 2013 zu begründen. Vom Bundesgerichtshof ist in der Entscheidung vom 16.10.20192 insoweit ausgeführt worden, dass die in § 558 Abs. 2 BGB genannten Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richtet, typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel unterliegen2. So können etwa im Laufe der Zeit bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung einen besonderen Wert verleihen und deshalb Gegenstand eines Mietenspiegels sind, zur Standardausstattung werden. Auch kann die Bewertung einer Wohnlage durch mit der Zeit auftretende strukturelle Veränderungen beeinflusst werden2.
Solche Feststellungen gelten auch hinsichtlich des Mietenspiegels 2013 im Vergleich zu dem Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens vorliegenden Mietenspiegel 2019. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die Lagebewertung im zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung von Wohnlagenkennwerten im Hamburger Wohnlagenverzeichnis ganz erheblich verändert haben und insoweit hinsichtlich der Lageeinordnung deutlich veränderte Bewertungsgrundlagen gegeben sind.
Zudem ist – so das Amtsgericht Hamburg weiter – vom Gesetzgeber durch das Gesetz über die energetische Modernisierung von vermieteten Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln zum 01.05.2013 und damit einen Monat nach dem Stand des Mietenspiegels 2013 in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB aufgenommen worden, dass die energetische Ausstattung und Beschaffenheit der angemieteten Wohnung im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete in besonderer Weise zu berücksichtigen ist, was bis dahin nach dem Wortlaut des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht der Fall gewesen ist.
Ebenso belegen die Veränderungen der Kommentierung zum Mietenspiegel 2019 im Vergleich zum Mietenspiegel 2013, dass die Mietenspiegelerhebung auf veränderten Grundlagen beruht. So umfasst der Mietenspiegel 2019 in Punkt 6.3.2 Merkmale besserer Ausstattungen beispielhaft in 5 Ziffern. Beim Mietenspiegel 2013 waren es demgegenüber noch 11 Ziffern, wozu etwa auch Balkon, Loggia oder Terrasse mit einer Nutzfläche größer als 7 Quadratmeter und einer Mindesttiefe von 1,50 Metern zählten. Ebenso sind Rollläden, hochwertige Fußböden oder Bodenbelege, wie vollständige Fliesung des Bades, ein Bad mit einer Fläche von mehr als 8 Quadratmetern oder auch die Trennung von Bad und WC 2013 noch als Merkmale besserer Ausstattung ausdrücklich genannt worden, die jeweils im Mietenspiegel 2019 nicht mehr als Merkmale besserer Ausstattung aufgeführt werden.
Bei der Lagebewertung unter der Ziff. 6.5. der Mietenspiegelkommentierung wird nunmehr auch die Entfernung zur nächsten Metrobus-Station sowie die Entfernung zum Einzelhandel (Nahversorgungsmöglichkeiten im Wohnmietrecht) berücksichtigt, was im Mietenspiegel 2013 nach dem dortigen Wortlaut der Kommentierung noch nicht der Fall gewesen ist. Zudem berücksichtigt der Mietenspiegel 2019 im Weiteren bei der Lagebewertung auch das Vorhandensein straßenbildprägenden Grüns beziehungsweise von Straßenbäumen sowie Lärmbeeinträchtigungen durch Kleingewerbe.
Hiernach hat sich die Einordnung und Bewertung von Wohnungen im Rahmen der Mietenspiegelerstellung nachhaltig verändert, so dass der Mietenspiegel 2013 nicht als Grundlage eines Mieterhöhungsverlangens Anfang des Jahres 2021 mehr zu bilden vermag.
Im Übrigen ergibt sich aus der seit nunmehr 6 Jahren beziehungsweise den Mietenspiegeln 2015, 2017 und 2019 bestehenden Leerfeldern beim Rasterfeld B 4, dass es eine ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen, die unter das Rasterfeld B 4 fallen nicht mehr für die Mietenspiegelerstellung unmittelbar gibt, so dass insoweit auch dies nach Auffassung des Gerichts gegen eine Heranziehung des Mietenspiegels 2013 spricht. Entsprechendes gilt im Übrigen für das Rasterfeld A 4, das vorliegend nach Auffassung des Gerichtes einschlägig ist, da das mieterseitig erneuerte Badezimmer nicht zu berücksichtigen ist6.
Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 22.12.2021 – 49 C 213/21
Anmerkung:
Auch, wenn Sie als Vermieter in der Vergangenheit vielleicht keine Probleme bei Mieterhöhungen hatten, so können Sie – gerade jetzt aufgrund der gestiegenen Betriebskosten, Heiz- und Stromkosten – davon ausgehen, dass Mieter Mieterhöhungen immer genauer überprüfen bzw. überprüfen lassen. Bevor Sie unnötigen Ärger und Kosten riskieren, lassen Sie sich von einem im Mietrecht tätigen Rechtsanwalt beraten bzw. vertreten.
- AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 27.02.2018 – 5 C 800/17, WuM 2018, 775 [↩]
- BGH, Urteil vom 16.10.2019 – VIII ZR 340/18, NZM 2019, 852 [↩] [↩] [↩] [↩]
- BGH, Urteil vom 24.10.2018 – VIII ZR 52/18 [↩]
- AG Hamburg, Urteil vom 29.10.2021 – 49 C 119/21 [↩]
- BGH, Urteil vom 12.12.2007 – VIII ZR 11/07, NZM 2008, 164 [↩]
- AG Hamburg, Urteil vom 29.10.2021 – 49 C 119/21 [↩]