Ein zur Unwirksamkeit einer Formularklausel führender so genannte Summierungseffekt aufgrund des Zusammentreffens zweier – jeweils für sich genommen – unbedenklicher Klauseln kann auch dann vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist. Ist in einer derartigen Kostellation die Pflicht zur Übernahme von Schönheitsreparaturen formularvertragich vereinbart und eine zusätzliche Endrenovierungspflicht individualvertraglich, führt dies gem. § 139 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung, so das Amtsgericht Mannheim.
In dem vom Amtsgericht Mannheim entschiedenen Fall war im Mietvertrag formularmäßig unter § 5 Abs. 1 die Pflicht zur Übernahme der Schönheitsreparaturen während der Dauer des Mietverhältnisses durch den Mieter vereinbart, unter § 5 Abs. 4 ein diesbezüglicher Fristenplan aufgeführt sowie eine Regelung zur quotalen Abgeltung unterlassener Schönheitsreparaturen. Unter § 19 hatten die Beteiligten individualvertraglich unter anderem vereinbart: „§ 5 Abs. 4 wird gestrichen. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist die Wohnung renoviert und in ursprünglichem, bezugsfertigen Zustand zu übergeben“.
Die Mieter weigerten sich, beim Auszug Schönheitsreparaturen durchzuführen und wurden in ihrer Haltung vom Amtsgericht Mannheim bestätigt.
Nach Auffassung des Amtsgerichts Mannheim sind die diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarungen nämlich unwirksam. Maßgeblich kommt es dabei auf das Zusammenspiel der Formularklausel unter § 5 und der Individualvereinbarung unter § 19 an. Mit letzterer wurde nicht die gesamte unter § 5 des Vertrages enthaltene Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen gestrichen, sondern lediglich der Fristenplan gemäß § 5 Abs. 4 sowie die dort weiter enthaltene Regelung zur Abgeltung im Falle nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen zum Zeitpunkt des Auszug des Mieters. Die grundsätzliche Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gem. § 5 Abs. 1 des Vertrages blieb damit unverändert in Kraft. Dabei begegnet sowohl die Klausel unter § 5 Abs. 1 wie auch die individualvertraglich vereinbarte Pflicht zur Renovierung bei Auszug, unabhängig von dem Zustand der Wohnung bzw. des Zeitpunktes der letztmals durchgeführter Renovierungsarbeiten, für sich betrachtet keinen Bedenken.
Allerdings führen diese Klauseln in ihrer Gesamtwirkung zu einem so genannten Summierungseffekt und sind deshalb in ihrer Gesamtheit unwirksam. Auch wenn beide Regelungen in zwei getrennten Paragrafen mit unterschiedlichen Überschriften enthalten sind, müssen sie ihrer Bestimmung wegen als zusammengehörig gewertet werden und zwar auch dann, wenn – wie hier – es sich bei der einen um eine Formularklausel handelt und die andere auf individueller Vereinbarung beruht1. Derartige, jeweils für sich unbedenkliche Klauseln haben wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs einen Summierungseffekt und führen in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters und zwar gerade auch in dem Fall, dass die formularvertragliche Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen mit einer Individualvereinbarung zusammentrifft, wonach bei Auszug auf alle Fälle eine Endrenovierung durchzuführen ist2. Dies hat zunächst gem. § 307 Abs. 1 BGB zur Folge, dass die Formularklausel unwirksam ist2.
Da beide Klauseln wegen ihres sachlichen Zusammenhangs ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellen, hat dies weiter gemäß Regelfall des § 139 BGB zur Folge, dass die Nichtigkeit dieses Teils des Vertrages dazu führt, dass auch die inhaltlich und wirtschaftlich nicht zu trennende Individualabrede – der Vermieter will, dass die Renovierungslast insgesamt auf den Mieter übertragen wird – über die Endrenovierung nichtig ist, somit beide Regelungen insgesamt unwirksam sind3. Insbesondere liegt auch entgegen der Regelvermutung des § 139 BGB nicht die als Sonderfall zu wertende Konstellation vor, dass die Individualvereinbarung über die Endrenovierungsverpflichtung erst zeitlich nach Abschluss des Mietvertrags und hiervon gesondert erfolgte4.
Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 20.05.2011 – 10 C 14/11
- Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.12.1992 – VIII AZR 5/92 [↩]
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.04.2006 – VIII ZR 163/05 [↩] [↩]
- Landgericht Freiburg Freiburg, Urteil vom 21.06.2001 – 3 S 12/01; Landgericht Hamburg, Urteil vom 08.11.2007 – 307 S 164/06 [↩]
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2009 – VIII ZR 71/08 [↩]