Überschreiten die Mietrückstände insgesamt eine Monatsmiete: Ausserordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt

Für die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses gilt nach § 543 BGB:

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

 (2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn (…)

3. der Mieter
 
a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder (…).

In § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB heisst es sodann:

Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt.

Müssen hierfür nun die einzelnen Mietrückstände in den Monaten jeweils für sich „erheblich“ sein oder kann man einfach die Rückstände zusammenrechnen und das ist dann „erheblich“?

Der Bundesgerichtshof hat nun seine Rechtsprechung aus dem Jahr 19871 bestätigt, mit der er sich der zweiten Alternative angeschlossen hat.

Zu dem konkreten Fall:

Die Beklagte ist seit 2005 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin. Von der Bruttomiete in Höhe von monatlich 704 € blieb die Beklagte für den Monat Januar 2018 135,41 € schuldig; für Februar 2018 entrichtete sie keine Miete. Wegen dieser Rückstände erklärte die Klägerin die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietvertrags.

Später glich die Beklagte, die die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB bereits weniger als zwei Jahre zuvor in Anspruch genommen hatte, den Zahlungsrückstand aus.

Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg hat der von der Klägerin erhobenen Räumungs- und Herausgabeklage stattgegeben2. Dabei hat es der Beklagten unter der Voraussetzung der Entrichtung einer Nutzungsentschädigung eine Räumungsfrist bis 31.01.2019 gewährt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Klägerin habe das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB wirksam fristlos gekündigt, weil die Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung für zwei aufeinander folgende Monate mit der Entrichtung eines die geschuldete Miete für einen Monat übersteigenden und damit nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug gewesen sei2.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen3.

Dies sah der Bundesgerichtshof nun anders und hat die Entscheidung des Landgerichts Berlin aufgehoben.

Die Entscheidung:

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Mietverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin beendet worden, weil zu diesem Zeitpunkt ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB vorgelegen hat. Nach dieser Vorschrift ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gegeben, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Für Mietverhältnisse über Wohnraum, der wie hier nicht nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 BGB), bestimmt § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB, dass der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies ist hier der Fall, wie das Amtsgericht zu Recht entschieden hat. Die Beklagte befand sich zur Zeit der Kündigungserklärung mit Mietzahlungen für die Monate Januar 2018 (135,41 €) und Februar 2018 (704 €) in Höhe von insgesamt 839,41 € in Verzug. Dieser Betrag übersteigt die geschuldete Monatsmiete von 704 €.

Anders als das Landgericht Berlin, dessen Sichtweise auch im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen ist4, angenommen hat, steht der Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht entgegen, dass der in den Monaten Januar und Februar 2018 rückständige Teil zwar insgesamt die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), der für den Monat Januar 2018 entstandene Rückstand in Höhe von 135,41 € gemessen an einer Monatsmiete von 704 € jedoch für sich allein gesehen wie das Landgericht Berlin gemeint hat als unerheblich zu werten sei.
Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB ist die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen berechtigenden Mietrückstands allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Der Gesamtrückstand ist wie hier jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht das Gesetz nicht vor, so der Bundesgerichtshof. Dies hat der Bundesgerichtshof, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt hat, bereits hinsichtlich der Vorgängerbestimmung zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB entschieden5. Daran ist festzuhalten.

Die davon abweichende Ansicht des Landgerichts Berlin findet nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bereits im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB keine hinreichende Stütze. Das Berufungsgericht hat insoweit gemeint, die Wortwahl „für zwei aufeinander folgende Termine“ anstelle von „nach zwei aufeinander folgenden Terminen“, lege es nahe, dass nicht nur der in beiden Monaten entstandene Gesamtrück-stand nicht unerheblich sein müsse, sondern auch jeder einzelne Teilbetrag.
Der Gesetzeswortlaut „für zwei aufeinander folgende Termine“ bezieht sich jedoch nur darauf, dass der Mieter „für“ beide Termine mit der Verpflichtung zur Zahlung der Miete in Verzug sein muss. Hätte der Gesetzgeber zusätzlich verlangen wollen, dass auch die beiden aufeinander folgenden Einzelrückstände jeweils für sich gesehen als „nicht unerheblich“ zu gelten hätten, hätte es nahegelegen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB dahin zu fassen, dass der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung „jeweils“ eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug sein muss. In dieser Weise ist der Gesetzgeber jedoch nicht verfahren.

Außerdem verkennt das Landgericht Berlin, so der Bundesgerichtshof weiter, dass § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB für Mietverhältnisse über Wohnraum ausdrücklich und abschließend bestimmt, welche Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal eines nicht unerheblichen Rückstands im Sinne der Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB zu stellen sind5 und damit kein Raum für eine richterliche Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs bleibt.

Die für alle Mietverhältnisse geltende Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB lässt offen, wann von einem „nicht unerheblichen Teil der Miete“ auszugehen ist. Das galt bereits für die durch das Erste Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29.07.19636 neugefasste Vorgängerbestimmung des § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BGB aF. Diese Regelung sah ebenfalls vor, dass der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Errichtung „eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses“ in Verzug ist.
Mit dem Erfordernis, wonach nur ein Verzug mit einem „nicht unerheblichen Teil“ der Miete kündigungsrelevant ist, hat der Gesetzgeber des Ersten Mietrechtsänderungsgesetz klarstellend dem vom Reichsgericht unter dem Ge-sichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelten Grundsatz Rechnung tragen wollen, dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht gekündigt werden dürfe. Dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien7:

„[…] In dem neugefassten § 554 Abs. 1 kommt für alle Mietverhältnisse der in der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entwickelte Grundsatz zum Ausdruck, dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden kann (RGZ 86, 334). Für Mietverhältnisse über Wohnraum, der nicht zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, wird besonders bestimmt, dass der Rückstand mindestens einer Monatsmiete gleichkommen muss […]“.

In seiner Ursprungsfassung sah § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BGB aF das Erfordernis des Verzugs mit einem „nicht unerheblichen Teil“ der Miete nicht ausdrücklich vor, sondern bestimmte lediglich, dass der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Errichtung „eines Theiles des Miethzinses“ in Verzug sein müsse8. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts durfte die Vorschrift des § 554 BGB aF allerdings nicht dazu führen, den Mieter auch dann einer fristlosen Kündigung auszusetzen, wenn es sich nur um unerhebliche Teile einer Mietzinsrate handelt; es verstieße gegen Treu und Glau-ben, wenn der Vermieter sich auf einen geringfügigen Rückstand berufen dürfte9. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber des Ersten Mietrechtsänderungsgesetzes umgesetzt und § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BGB aF dahingehend klargestellt, dass nur ein Zahlungsverzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete kündigungsrelevant ist.

Die in den Gesetzesmaterialien gewählte Pluralform, „wegen nur unerheblicher Rückstände“ dürfe nicht fristlos gekündigt werden, eröffnet allerdings, was das Landgericht Berlin nach Meinung des Bundesgerichtshofs verkennt, keinen Raum für die Annahme eines zweiten Erheblichkeitserfordernisses. Denn wann von einem nicht unerheblichen Teil der Miete im Sinn dieser Bestimmung auszugehen ist, hat bereits der Gesetzgeber des Ersten Mietrechtsänderungsgesetzes für Mietverhältnisse über Wohn-raum nicht offen lassen wollen, sondern ersichtlich aus Gründen der Rechtssicherheit „besonders bestimmt“7.
Die neu eingeführte Regelung des § 554 Abs. 2 Nr. 1 BGB aF sah nunmehr vor, dass im Fall einer Kündigung nach § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Diese besondere Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters10 hat der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes in § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB mit Ausnahme der im Streitfall nicht relevanten Verlängerung der Schonfrist ohne inhaltliche Änderungen übernommen. Die Gesetzesmaterialien11 heben insoweit ausdrücklich hervor, dass „Absatz 3 [des § 569 BGB] die Sonderregelung für die fristlose Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges aus § 554 Abs. 2 BGB auf[nimmt]“.

Soweit die Gesetzesmaterialien zum Ersten Mietrechtsänderungsgesetz auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug nehmen, betrifft dies ausschließlich den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben, „dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden kann“. Hingegen hat der Gesetzgeber des Ersten Mietrechtsänderungsgesetzes das vom Reichsgericht aufgestellte Erfordernis, es komme auf das „Verhältnis des rückständigen Teilbetrags zu der betreffenden Rate“ an, gerade nicht umgesetzt, sondern mit der neu geschaffenen Bestimmung des § 554 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 1 BGB aF (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB) allein „den rückständigen Teil der Miete“ als kündigungsrelevant bestimmt. Nichts spricht dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Erheblichkeitsschwelle mit der in § 554 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 1 BGB aF vorgesehenen und in § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB übernommenen Anbindung an den Gesamtrückstand einerseits „besonders bestimmt“, andererseits aber wie das Landgericht Berlin gemeint hat zugleich ein zu beträchtlicher Rechtsunsicherheit führendes, unbestimmtes Zusatzerfordernis in Gestalt der Erheblichkeit der Rückstände auch zu den beiden jeweiligen Einzelterminen aufge-stellt werden sollte.
Anders als die Revisionserwiderung meint, ist dem Wortlaut der Bestimmung des § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB, der vorsieht, dass der rückständige Teil der Miete „nur dann“ als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt, nicht zu entnehmen, dass dies keine abschließende Definition darstelle. Hierbei handelt es sich entgegen der Ansicht der Revisions-erwiderung nicht um eine bloße Mindestvoraussetzung, die Raum für höhere Anforderungen an die Erheblichkeitsgrenze ließe. Mit der verwendeten Formulierung hat der Gesetzgeber, was auch in den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu § 554 BGB aF7 zum Ausdruck kommt, vielmehr klargestellt, dass der Rückstand im Bereich der Wohnraummiete zum Schutz des Wohnraummieters nicht darunterliegen darf.

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung gebietet es auch der Schutzzweck des § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB nicht, die Erheblichkeitsschwelle über den Gesamtrück-stand hinaus zusätzlich auch an dem Verhältnis der Einzelrückstände zu der jeweils geschuldeten Monatsmiete zu messen. Der Gesetzgeber hat in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB die Wertung getroffen, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter jedenfalls dann unzumutbar ist, wenn sich der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem Teil der Miete in Verzug befindet, der die Miete für einen Monat übersteigt12, oder ob aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit auch ein solch geringfügiger Betrag als für den Kündigungstatbestand des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB ausreichend anzusehen ist, ohne dass es noch einer Abwägung zwischen den Mieter- und den Vermieterinteressen bedürfte13.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 32/20

ECLI:DE:BGH:2021:081221UVIIIZR32.20.0

  1. BGH, Urteil vom 15.04.1987 – VIII ZR 126/86, NJWRR 1987, 903 []
  2. AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 30.08.2018 – 16 C 161/18 [] []
  3. LG Berlin, Urteil vom 08.01.2020 – 66 S 181/18 []
  4. NK-BGB/Hinz, 4. Aufl., § 569 Rn. 62 ff.; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 543 BGB Rn. 150a; Staudinger/ V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 543 Rn. 74; Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 543 BGB Rn. 243; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl., § 543 BGB Rn. 171 []
  5. BGH, Urteil vom 15.04.1987 – VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987, 903 [] []
  6. BGBl. I S. 505 []
  7. BT-Drs. IV/806, S. 10 [] [] []
  8. RGBl. I 1896, S. 288 f. []
  9. RG, Urteil vom 19.03.1915 – Rep. III. 565/14, RGZ 86, 334, 335 []
  10. BGH, Urteil vom 15.04.1987 – VIII ZR 126/86, NJW-RR 1987, 903; BGH, Urteil vom 13.05.2015 – XII ZR 65/14, BGHZ 205, 300 []
  11. BT-Drs. 14/4553, S. 64 []
  12. BGH, Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 193/16, NJW 2018, 939(). Die Schutzwirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB besteht daher darin, für die Wohnraummiete die kündigungsbewehrte Schwelle der Erheblichkeit des Mietrückstands unter Beachtung der beiderseitigen Interessen ausgewogen zu bestimmen. Die davon abweichende Sichtweise des Landgerichts Berlin, die zusätzlich Anforderungen an das Verhältnis der Einzelrückstände aus den beiden aufeinander folgenden Terminen zu der jeweils geschuldeten Monatsmiete stellen will, führte hingegen zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Anhebung des Schutzniveaus des säumigen Mieters.

    Das Landgericht Berlin möchte seine Bewertung schließlich auf den Grenzfall stützen, dass die Regelung der § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs auch dann eröffne, wenn der Mieter mit der Zahlung einer Monatsmiete und im Vor- oder Folgemonat mit einem Minimalbetrag in Verzug sei.

    Dieser hier ohnehin nicht gegebene Sonderfall ist nicht geeignet, ein im Gesetz nicht vorgesehenes zusätzliches Tatbestandserfordernis, wie die gesonderte Erheblichkeit der beiden Einzelrückstände im Verhältnis zu einer Monats-miete, zu begründen, zumal eine solche Fallgestaltung auch dann eintreten kann, wenn es wie das Berufungsgericht gemeint hat auf eine Einzelbetrachtung der Erheblichkeit des Rückstands für jeden der beiden Fälligkeitstermine ankäme. Auch bei den Einzelrückständen könnte die Erheblichkeitsgrenze wo immer sie nach der Einschätzung des Berufungsgerichts auch anzusetzen wäre um nur einen Cent überschritten sein.
    In Anbetracht dessen kann auf sich beruhen, ob einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB unter besonderen Umständen des Einzelfalls der Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) entgegen-stehen kann, wenn der Rückstand eine Monatsmiete zwar übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), jedoch nur um einen Cent ((MünchKommBGB/ Häublein, 8. Aufl., § 569 Rn. 42; BeckOGK-BGB/Geib, Stand: 1. Oktober 2021, § 569 Rn. 59 []

  13. Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl., § 543 BGB Rn. 171; Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 569 BGB Rn. 97; jurisPK-BGB/Tiedemann, Stand: 25. Mai 2021, § 569 Rn. 149 mwN []

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