Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Schadensersatzansprüche gegen den Partner gehen nicht auf den Kfz-Kasko-Versicherer über

Verursacht der Fahrer eines Kraftfahrzeuges einen Schaden an dem von ihm geführten Fahrzeug, welches ihm nicht gehört, so ist er dem Eigentümer des Fahrzeuges gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Hat die Kfz-Kasko-Versicherung des Eigentümers letzterem die Reparatur bezahlt, geht der Schadensersatzanspruch des Eigentümers auf den Versicherer über, d.h. die Versicherung kann den Fahrer in Regreß nehmen – es sei denn, es handelt sich um einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen (so der § 67 Abs. 2 VVG a.F.; der heutige § 86 Abs. 3 VVG spricht von einer Person, die mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt).

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs war mit der Frage befasst, ob der in § 67 Abs. 2 VVG a. F. bestimmte Ausschluss des Übergangs von Schadensersatzansprüchen gegen einen mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen auch für Ansprüche gegen den nichtehelichen Lebensgefährten des Versicherungsnehmers gilt.

Der klagende Kaskoversicherer nimmt die Beklagte in Regress wegen einer Versicherungsleistung, die er an den Versicherungsnehmer auszahlte, nachdem der versicherte Pkw bei einem von der Beklagten verursachten Verkehrsunfall zerstört worden war.

Das Oberlandesgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Übergang des Schadenersatzanspruchs auf den Versicherer bereits deswegen ausgeschlossen sei, weil die Beklagte im Unfallzeitpunkt mit dem Versicherungsnehmer in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe und damit einem Familienangehörigen im Sinne des § 67 Abs. 2 VVG a. F. wenigstens gleichstehe.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie und der Versicherungsnehmer seit Jahren einen gemeinsamen Hausstand führten und ein 1999 geborenes gemeinsames Kind hätten, das sie gemeinsam aufzögen. Im Einzelnen hat die Beklagte behauptet, sie lebe mit dem Versicherungsnehmer bereits seit dem Jahr 1989 nichtehelich zusammen und übe das Sorgerecht für das Kind mit ihm gemeinsam aus. Der Lebensunterhalt werde seit Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinschaftlich aus ihren beiden Einkommen bestritten, ohne dass eine Trennung der erwirtschafteten Mittel vorgenommen werde. Ein gemeinsam errichtetes Eigenheim sei von beiden gemeinsam finanziert worden und werde aus den gemeinschaftlichen Einkünften abbezahlt.

Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom heutigen Tage die Einbeziehung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den Schutzbereich des § 67 Abs. 2 VVG a. F. für geboten erachtet. Er hat offen gelassen, ob Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift begriffen werden können. Die Vergleichbarkeit der Schutzwürdigkeit erfordert zumindest ihre analoge Anwendung. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, für die gemeinsame Mittelaufbringung und -verwendung prägende Merkmale sind, trifft die Inanspruchnahme des Partners den Versicherungsnehmer wirtschaftlich nicht minder als in einer Ehe. Der häusliche Friede zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften kann durch zwischen diesen auszutragende Streitigkeiten über die Verantwortung für Schadenszufügungen in gleicher Weise gestört werden wie bei Ehegatten. Der Gesetzgeber des im Jahre 2008 in Kraft getretenen VVG hat durch die Streichung des Erfordernisses der Familienangehörigkeit in § 86 Abs. 3 VVG n. F. zum Ausdruck gebracht, dass insoweit eine Änderung geboten war; die Beschränkung auf Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft entspreche nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen.

Lediglich weil einzelne Voraussetzungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft noch streitig sind, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07

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