Schenkkreise

Die Teilnehmer an einem sogenannten „Schenkkreis“ können, wie der Bundesgerichshof in zwei jetzt veröffentlichten Urteilen bestätigt hat, die Rückerstattung der Beträge verlangen, die er im Zuge der Teilnahme an diesem „Schenkkreis“ gezahlt hat.

Die „Schenkkreise“ sind typischerweise nach Art einer Pyramide organisiert. Die an der Spitze stehenden Mitglieder des „Empfängerkreises“ erhielten von ihnen nachgeordneten „Geberkreisen“ bestimmte Geldbeträge. Darauf schieden die „Beschenkten“ aus dem „Spiel“ aus; an ihre Stelle traten die Mitglieder der nächsten Ebene, die nunmehr die Empfängerposition einnahmen. Es galt dann, genügend Teilnehmer für neu zu bildende „Geberkreise“ zu finden, die bereit waren, den festgelegten Betrag an die in den „Empfängerkreis“ aufgerückten Personen zu zahlen. Die Anwerbung war Sache der auf der untersten Reihe verbliebenen „Mitspieler“.

Der BGH hat hier die Entscheidungen der Instanzgerichte bestätigt, die dem Kläger die Rückzahlung der auf der untersten Ebene von ihm selbst gezahlten Beträge nebst Zinsen und Auslagen zugesprochen hatten.

Nach Auffassung des BGH kann der Kläger von den Beklagten die gezahlten Beträge zurückfordern. Denn er hat sie ohne rechtlichen Grund gezahlt. Die Vereinbarung des „Schenkkreises“ war, da auf ein Schneeballsystem gerichtet, sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Der Bereicherungsanspruch scheiterte entgegen der Annahme der Revision auch nicht an § 817 Satz 2 BGB. Die Vorschrift bestimmt, dass eine Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Gesetz- oder Sittenverstoß zur Last fällt, allerdings spriht hier der Grund und Schutzzweck der Nichtigkeitssanktion des § 138 Abs. 1 BGB ausnahmsweise gegen eine Kondiktionssperre gemäß § 817 Satz 2 BGB. Die in dem Streitfall zu beurteilenden, nach dem Schneeballsystem organisierten „Schenkkreise“ waren anstößig (§ 138 Abs. 1 BGB), weil die große Masse der Teilnehmer im Gegensatz zu den initiierenden „Mitspielern“, die (meist) sichere Gewinne erzielten – zwangsläufig keinen Gewinn machte, sondern lediglich ihren „Einsatz“ verlor. Das „Spiel“ zielte allein darauf ab, zugunsten einiger weniger „Mitspieler“ leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des „Einsatzes“ zu bewegen. Einem solchen sittenwidrigen Verhalten steuert § 138 Abs. 1 BGB, indem er für entsprechende Vereinbarungen Nichtigkeit anordnet. Das würde aber im Ergebnis konterkariert und die Initiatoren solcher „Spiele“ zum Weitermachen geradezu einladen, wenn sie die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder ungeachtet der Nichtigkeit der das „Spiel“ tragenden Abreden – behalten dürften.

Der vorbeschriebenen, § 817 Satz 2 BGB einschränkenden Wertung steht nicht entgegen, dass das aufgrund eines Spiels Geleistete gemäß § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zurückgefordert werden kann. Diese Vorschrift greift nur dann Platz, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Ist die „Spielvereinbarung“ wie hier – gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, gelten die allgemeinen Regeln, d.h. die Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung ist zulässig.

BGH, Urteile vom 10. November 2005 – III ZR 72/05 und III ZR 73/05

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