Das Landgericht Köln hatte über eine Schmerzensgeldklage zu entscheiden, die auf den Folgen der Wegnahme eines Hundes beruhte – insbesondere einer psychische Schädigung.
Was war passiert?
Die Klägerin saß abends gemeinsam mit ihrer Schwester, der Zeugin C, und ihrem damaligen Lebensgefährten Herrn L im Garten der Familie C in der L-Gasse in Köln. Die Klägerin konnte dabei den Eingang der Wohnung ihrer Nachbarin, der Zeugin D, sehen. Gegen 22:00 Uhr erschienen die Beklagte und ihr damaliger Ehemann, der Zeuge T, und klingelten längere Zeit an der Tür der Zeugin D. Die Beklagte beabsichtigte, den Hund „Trulla“ (früher „Luna“) von der Zeugin zurückzuholen, den sie der Zeugin D im Jahre 2008 gegeben hatte, wobei streitig ist, ob dies im Wege einer Schenkung passierte, oder ob die Zeugin D den Hund lediglich hatte verwahren sollen. Nachdem die Zeugin D die Tür geöffnet hatte, kam es zu einer Auseinandersetzung, deren genauer Hergang zwischen den Parteien streitig ist. Unstreitig versuchte die Beklagte im Rahmen dieser Auseinandersetzung jedoch, den Hund mitzunehmen und die Klägerin, ihre Schwester und ihr damaliger Lebensgefährte versuchten, dies zu verhindern. Die Beklagte und ihr damaliger Ehemann verließen schließlich ohne den Hund die Örtlichkeit.
Beide Parteien suchte im Nachgang die Polizei auf. Die Klägerin begab sich anschließend in das S-Krankenhaus, wo ein Hyperventilationssyndrom diagnostiziert wurde.
Die Klägerin behauptet, dass sich die Beklagte, als die Zeugin D die Tür öffnete, derart gegen die Tür geworfen habe, dass die Zeugin D mit dem Kopf gegen den Türrahmen geprallt sei, wodurch die Nähte einer am selben Tag durchgeführten Kieferoperation geplatzt seien. Die Beklagte habe laut geschrien und den Hund, der nach Behauptung der Klägerin der Zeugin D gehört, herausverlangt. Als die Beklagte den Hund gegriffen hatte und zu ihrem Auto befördern wollte, sei die Klägerin der Beklagten gefolgt. Sie habe die Autotür des PKW der Beklagten zugedrückt, sodass die Beklagte den Hund nicht in ihr Auto habe verbringen können. Die Beklagte habe daraufhin versucht, der Klägerin den Arm umzudrehen. Während des gesamten Vorfalls habe die Beklagte geschrien und um sich geschlagen. Die Beklagte habe die Schwester der Klägerin mit mehreren Stößen zur Seite gestoßen und die Klägerin beschimpft und auf den Arm geschlagen. Außerdem habe sich der damalige Ehemann der Beklagten auf den damaligen Lebensgefährten der Klägerin gestürzt und diesen auf die Rippen geschlagen. Die Klägerin habe an eine Entführung des Hundes geglaubt und durch die Angriffe auf Frau D und den Eindruck eines Raubüberfalls auf den Hund einen Schock erlitten.
Die Klägerin behauptet, dass sie bei der Behandlung im Krankenhaus Beruhigungsmittel, einen Blutdrucksenker sowie ein Gerät erhalten habe, in welches sie bei Wiederauftreten des Hyperventilationssyndroms ein- und ausatmen könne. Bei ihrem damaligen Lebensgefährten sei eine Thoraxprellung festgestellt worden. Die Klägerin behauptet, dass sich bei ihr durch den Vorfall eine ständig steigernde generalisierte Angststörung, eine Zwangsstörung und eine mittelgradige depressive Störung ergeben haben. Eine Psychose wirke sich zudem dahin aus, dass die Klägerin nicht mehr alleine auf die Straße gehen wolle, da sie in jedem Vorbeigehenden die Beklagte vermute und der Vorfall dann als „Film“ wieder vor ihr ablaufe. Die Klägerin befinde sich seitdem in ständiger psychiatrischer Behandlung. Ihre Friseurlehre habe sie vorfallsbedingt abbrechen müssen. Sobald ein Kunde den Raum betreten habe, habe sie eine starke Zwangspsychose erlitten und den Raum verlassen müssen. Sie könne wegen des Vorfalls keine Tätigkeiten in der Öffentlichkeit mehr ausführen. Durch den Berufsausfall habe sie insgesamt € 8.830,00 Verdienstausfall erlitten.
Die Klägerin machte neben materiellen Ansprüchen auch Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens € 10.000 geltend.
Die Beklagte behauptet, dass sie den Hund, um den es ging, der Zeugin D lediglich zur Verwahrung gegeben hatte. Bei dem streitgegenständlichen Vorfall habe sie lediglich die Situation in Ruhe mit der Zeugin D klären wollen. Das aggressive Verhalten sei ausschließlich von der Klägerin und deren Schwester und Lebensgefährten ausgegangen. Als die Beklagte mit dem Hund den Schauplatz habe verlassen wollen, sei die Klägerin von hinten erschienen und habe ihr von hinten an den Haaren gezerrt.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Köln hat die Klage abgewiesen.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ansprüche ergeben sich insbesondere nicht aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 223 StGB bzw. § 229 StGB.
Zwar hat die Beklagte bei dem streitgegenständlichen Vorfall eine unerlaubte Handlung begangen. Unabhängig von der Frage, wem der Hund zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalls gehörte und wie sich der Vorfall im Einzelnen ereignete, beging die Beklagte bereits nach ihrem eigenen Vortrag eine verbotene Eigenmacht gem. § 858 Abs. 1 BGB, indem sie der Zeugin D gegen deren Willen den Hund entnahm und dadurch zumindest kurzzeitig in dessen Besitz gelangte. Darin und zum Beispiel in dem eingeräumten Verhalten – Fuß in die Tür Stellen, In das Haus Drängen – lag zudem eine Nötigung gem. § 240 StGB.
Auch ist das Landgericht Köln davon überzeugt, dass die Klägerin durch den Vorfall die von ihr behaupteten psychischen Erkrankungen – mit Ausnahme der Psychose – erlitten hat.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte scheitert aber daran, dass dieser Kausalzusammenhang der Beklagten haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden kann, bzw. dass die Beklagte ein Verschulden mangels objektiver Vorhersehbarkeit der psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin nicht trifft.
Für eine zivilrechtliche Haftung genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof eine bloße naturwissenschaftlich-logische Kausalität allein nicht. Vielmehr muss zwischen dem Verhalten eines Schädigers und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang dergestalt bestehen, dass das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonderen, eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen, und der Schaden überdies gerade vom Schutzzweck der verletzten Norm erfasst sein1. Bei Primärverletzungen ist im Hinblick auf das Verschulden des Schädigers für die Zurechenbarkeit außerdem erforderlich, dass deren Eintritt vorhersehbar war2. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
Zurechenbarkeit eines Schockschadens der Klägerin
Als Ausgangspunkt der Frage einer Zurechenbarkeit der Beeinträchtigungen der Klägerin ist zunächst zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Handlungen der Beklagten sich zunächst nicht gegen die Klägerin selbst, sondern gegen die Zeugin D, bzw. den Hund richteten. Die Klägerin hat dementsprechend ursprünglich auch vorrangig einen Schaden geltend gemacht, der ihr nicht durch einen Angriff gegen sie selbst entstanden sei, sondern dadurch, dass sie miterleben musste, wie die Beklagte gegenüber der Zeugin D versuchte, im Wege der verbotenen Eigenmacht – gewissermaßen „überfallartig“ – den Hund zu entwenden. Sie hat selbst vorgetragen, dass sie an eine Entführung des Hundes geglaubt und „durch die Angriffe auf Frau D und durch den Eindruck eines Raubüberfalls auf den Hund“ einen Schock erlitten habe. Auch in der Klageschrift hat die Klägerin zur Frage der Zurechenbarkeit vorgetragen, die Beklagte habe „grundlos die Nachbarin der Klägerin angegriffen, was zu dem Schockerlebnis führte“. Derartige Schockschäden sind aber nach ständiger Rechtsprechung und h.M. in der juristischen Fachliteratur nur unter besonders engen Voraussetzungen erstattungsfähig, da andernfalls eine uferlose Haftung des Schädigers begründet würde. Fälle, in denen ausnahmsweise einmal ein psychischer Schockschaden eines Dritten, der nicht unmittelbar selbst in seinen Rechtsgütern angegriffen worden war, erstattungsfähig ist, liegen zum Beispiel bei schweren Schockschäden infolge eines tödlichen Unfalls eines nahen Angehörigen vor. Bei anderen Personen als nahen Angehörigen ist dagegen in aller Regel eine Haftung für Schockschäden ausgeschlossen. Insgesamt gilt bei Schockschäden zudem, dass der Schock im Hinblick auf den Anlass verständlich sein muss. Eine Überempfindlichkeit gegen unerfreuliche Ereignisse geht bei Schockschäden nicht zu Lasten des Schädigers3.
An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Die Zeugin D, die hier unmittelbares Opfer des Angriffs der Beklagten war, stand als bloße Nachbarin bereits in keinem derartigen Näheverhältnis zur Klägerin, dass nach der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung die Erstattungsfähigkeit eines Schockschadens begründet werden könnte. Eine in erheblichem Maße enge – einem nahen Angehörigen entsprechende – Verbindung der Klägerin zur Zeugin D ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch Angriffe auf andere nahe Angehörige der Klägerin hat diese nicht beweisen können.
Eine Zurechenbarkeit eines Schockschadens der Klägerin scheitert nach den vorgenannten Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung überdies daran, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Landgericht davon überzeugt ist, dass die psychischen Schäden der Klägerin infolge des Ereignisses vornehmlich auf einer besonderen Überempfindlichkeit der Klägerin beruhen, die bei Schockschäden nicht zu Lasten des Schädigers gehen kann4.
Zurechenbarkeit infolge einer eigenen Auseinandersetzung der Klägerin mit der Beklagten
Eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten für die vorfallsbedingten psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer eigenen unmittelbaren Auseinandersetzung der Klägerin mit der Beklagten. Zwar hat die Klägerin auch behauptet, dass auch sie selbst von der Beklagten geschlagen und geschubst worden sei. Zudem hat die Klägerin ihren Vortrag dahingehend konkretisiert, dass sie durch die Vorkommnisse gerade für sich selbst eine Gefahr befürchtet habe, wodurch es zu den psychischen Schäden gekommen sei. Auch diese Umstände vermögen eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten aber nicht zu begründen.
Zwar ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass allein der Umstand, dass ein Geschädigter nur infolge einer besonderen Vulnerabilität einen bestimmten Schaden erlitten hat, eine Haftung des Schädigers nicht per sé ausschließt. Denn nach ständiger Rechtsprechung scheitert eine Zurechnung von Schäden nicht bereits daran, dass sie auf einer konstitutiven Schwäche des Verletzten beruhen5. Ein Schädiger kann sich nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten ist oder ein besonderes Ausmaß hat, weil der Verletzte infolge von körperlichen oder seelischen Anomalien oder Dispositionen zur Krankheit besonders schadensanfällig gewesen sei. Denn der Schädiger hat keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als habe er einen bis dahin gesunden Menschen verletzt6. Dieser Grundsatz wird nur ausnahmsweise dann durchbrochen, wenn die psychoreaktiven Folgen der Verletzungshandlung in einem groben Missverhältnis zu dem schädigenden Ereignis stehen und damit Ausdruck einer offensichtlich unangemessenen Erlebnisverarbeitung sind, die auf der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen beruht und somit zu dessen allgemeinem Lebensrisiko gehört7.
Es ist aber in diesem Zusammenhang – was die Klägerin bei ihren juristischen Ausführungen zu diesem Thema zu übersehen scheint – zu beachten, dass für die Bewertung der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit zunächst einmal danach zu unterscheiden ist, ob die geltend gemachten psychischen Schäden eine haftungsbegründende Primärverletzung oder einen haftungsausfüllenden Folgeschaden einer Primärverletzung darstellen. Die vorstehenden Grundsätze zur Zurechenbarkeit, auf die sich die Klägerin beruft, gelten als alleinige Voraussetzung für eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit grundsätzlich nur für den Fall, dass die psychischen Beeinträchtigungen Folgeschäden einer durch den Vorfall erlittenen Primärverletzung darstellen (BGH, Urteil vom 11.11.1997 – VI ZR 376/96; OLG Köln, Urteil vom 12.12.2006 – 3 U 48/06)).
Auf einen solchen psychischen Folgeschaden einer Primärverletzung stützt sich die Klägerin aber gerade nicht. Sie stützt sich vielmehr darauf, dass sie die psychischen Schäden unmittelbar aufgrund des Ereignisses erlitten habe. Es ist nach dem gesamten Inhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Primärverletzung der Klägerin, die die behaupteten psychischen Schäden als Folgeschäden verursacht haben könnte, auch nicht ersichtlich. Zwar hat die Klägerin auch behauptet, selbst von der Beklagten geschubst und geschlagen worden zu sein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht davon überzeugt, dass bereits die Tätlichkeit selbst nur von geringer Intensität war. Die Klägerin selbst hat insoweit nur von einem „Wegschubsen“ bzw. einem „festeren Zurückstoßen am Oberarm“ gesprochen, infolge dessen sie aber nicht hingefallen sei. Insgesamt hat die Klägerin den Vorgang als „Däu“ bezeichnet, was das kölsche Wort für „Druck“, „Puff“, „Schub“ bzw. „Stoß“ ist (Wrede, Neuer Kölnischer Sprachschatz, 13. Aufl., Köln 2010). Auch die Zeugin C hat lediglich von einem Schlagen mit einer Hand gegen die Schulter, bzw. einem Wegschubsen mit einer Hand gesprochen. Eine ernsthafte Primärverletzung kann daraus nicht hergeleitet werden. Zwar hat die Klägerin auf Nachfrage erklärt, dadurch einen blauen Fleck erlitten zu haben. Dieser Vortrag genügte zur Überzeugung des Landgerichts aber nicht. Die Klägerin konnte diese Behauptung auf Nachfrage schon nicht näher konkretisieren. Eine derartige Verletzung wurde zudem in den Unterlagen des S-Krankenhauses nicht dokumentiert. Jedenfalls würde eine derartige Primärverletzung aber auch eine reine Bagatellverletzung darstellen, die für sich genommen schon nicht schmerzensgeldfähig wäre. Hinzu kommt, dass sich aus der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme auch nicht ergeben hat, dass die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin auf eine derartige Primärverletzung in Form eines blauen Flecks zurückzuführen waren. Vielmehr ist der Vortrag der Klägerin, dass die psychischen Beeinträchtigungen darauf zurückzuführen seien, dass sie sich selbst bedroht gefühlt habe, gerade so zu verstehen, dass sie die psychischen Schäden als unmittelbar durch den Vorfall verursacht empfindet. Auch der Sachverständige hat die psychischen Erkrankungen der Klägerin – ungeachtet seiner Hinweise auf die Vulnerabilität – als unmittelbar durch den Vorfall erlittene Verletzungen und nicht als bloße Folgen von anderen durch den Vorfall erlittenen Verletzungen erklärt. Er hat insoweit ausgeführt, dass die Klägerin den gewaltsamen Versuch, den Hund wegzunehmen, und die kurze (eigene) Auseinandersetzung mit der Beklagten (unmittelbar) als traumatisierend erlebt habe.
Für die haftungsrechtliche Zurechenbarkeit einer solchen psychischen Primärverletzung gelten aber zusätzliche Anforderungen. Da es sich bei der Primärverletzung gerade um eine Frage des haftungsbegründenden Tatbestandes handelt – es hier also um das Hervorrufen einer Gesundheitsbeschädigung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB geht – ist zwingende Voraussetzung einer Haftung, dass sich das Verschulden des Schädigers gerade auch auf das Hervorrufen der psychisch vermittelten Gesundheitsschäden bezieht. Verschulden setzt aber Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolges voraus. Geht es wie hier um einen haftungsbegründenden Primärschaden, ist demnach ein psychisch vermittelter Gesundheitsschaden haftungsrechtlich nur dann zurechenbar, wenn er vorhersehbar war. Jedenfalls an dieser Voraussetzung fehlt es hier aber.
Die Frage der Vorhersehbarkeit eines Schadens ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen, die sich an der Erfahrung des täglichen Lebens orientieren. Ausreichend ist dabei, dass eine Schädigung überhaupt vorhersehbar ist – auf die Vorhersehbarkeit des konkreten Kausalverlaufs und der konkret eingetretenen Verletzungsfolge kommt es nicht an. Die Möglichkeit einer entsprechenden Schädigung darf nicht ganz fern liegen. Beruht der Eintritt der Folge auf einer ganz außergewöhnlichen, dem Schädiger unbekannten Disposition des Geschädigten, fehlt es an der Zurechenbarkeit.
Von diesen Maßstäben ausgehend war die Entwicklung einer psychischen Störung der Klägerin von Krankheitswert infolge des Verhaltens der Beklagten nicht vorhersehbar, zumal der Beklagten die vom Sachverständigen festgestellte besondere Vulnerabilität der Klägerin nicht bekannt war. Zwar kann es ohne Weiteres als bekannt angesehen werden, dass objektiv schwerwiegende Bedrohungen, wie etwa Geiselnahmen oder die Konfrontation mit objektiv und subjektiv schwerwiegenden Unglücksfällen zu psychischen Störungen von Krankheitswert führen können. Bei dem hier streitgegenständlichen Fall ist dies aber wegen des auch vom Sachverständigen bestätigten objektiv erheblich geringeren Schweregrad des Vorfalls nicht der Fall. Es handelte sich bei der Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und der Klägerin, die sich anlässlich des Versuchs der Beklagten, den Hund der Zeugin D entwenden, entsponnen hatte, um eine Auseinandersetzung von objektiv bloß geringem Schweregrad. Bewiesen sind insoweit lediglich – wenn auch laute und gereizte – Wortgefechte und Schreie sowie ein Stoß bzw. Schubs gegen den Arm der Klägerin, der nicht zu Verletzungen führte. Desweiteren hat die Klägerin noch eine Beleidigung behauptet, die jedoch nicht als schwerwiegend zu charakterisieren ist („Du dumme Pute“). Dass jemand aufgrund einer derartigen Auseinandersetzung eine psychische Störung von Krankheitswert entwickelt, liegt außerhalb der Erfahrungen des täglichen Lebens und kann damit nach Ansicht der Kammer nicht als vorhersehbar für die Beklagte gewertet werden. Dies gilt auch dann, wenn man in einer Gesamtschau auch diejenigen Begleitumstände der Auseinandersetzung zwischen Klägerin und Beklagter („überfallartiger“ Wegnahmeversuch des Hundes) berücksichtigt, deren bloßes Miterleben durch die Klägerin für sich genommen nach den Grundsätzen zur Zurechenbarkeit von Schockschäden nicht haftungsbegründend ist (s.o.). Denn auch in diesem Zusammenhang sind Tätlichkeiten von erheblichen Ausmaßen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfolgt. Im Raum steht insoweit allein das Aufdrücken der Tür, in dessen Rahmen die Tür gegen die frische Operationsnarbe der Zeugin D gestoßen wurde.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Beklagte für die der Klägerin bedauerlicherweise entstandenen erheblichen psychischen Schäden haftungsrechtlich nicht verantwortlich ist. Die Schäden beruhen in einem Maße auf einer schadensgeneigten Veranlagung der Klägerin, das einer Zurechnung des Schadens gegenüber der Beklagten entgegensteht.
Landgericht Köln, Urteil vom 25.04.2014 – 7 O 362/11
- BGH, Urteil vom 09.10.1997 – III ZR 4/97; BGH, Urteil vom 11.01.2005 – X ZR 163/02 [↩]
- BGH, Urteil vom 03.02.1976 – VI ZR 235/74; OLG Köln, Urteil vom 12. 12. 2006 – 3 U 48/06; OLG München, Urteil vom 08.02.2002 – 10 U 3448/99 [↩]
- OLG Hamm, Urteil vom 02.07.2001 – 13 U 224/00; OLG Nürnberg, Urteil vom 24.05.2005 – 1 U 538/05 [↩]
- OLG Hamm, Urteil vom 02.07.2001 – 13 U 224/00; OLG Nürnberg, Urteil vom 24.05.2005 – 1 U 538/05 [↩]
- BGH, Urteil vom 16.11.1999 – VI ZR 257/98; KG Berlin, Urteil vom 22.04.2002 – 12 U 7385/00; OLG Hamm, Urteil vom 20. 6. 2001 – 13 U 136/99 [↩]
- BGH, Urteil vom 30.04.1996 – VI ZR 55/95; KG Berlin, Urteil vom 22.04.2002 – 12 U 7385/00 [↩]
- BGH, Urteile vom 16.03.1993 – VI ZR 101/92; vom 11.11.1997 – VI ZR 376/96; KG Berlin, KG Berlin, Urteil vom 22.04.2002 – 12 U 7385/00; OLG Köln, Urteil vom 29.07.1999 – 1 U 27/99; LG Gera, Urteil vom 31.08.2005 – 1 S 189/05 [↩]