EUR 900 Hundesteuer für den zweiten gefährlichen Hund ist in Ordnung

Wir haben schon mehrfach (u.a. hier und hier und hier) über die Problematik der für sogenannte gefährliche Hunde höheren Hundesteuer berichtet.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat nun entschieden, dass Steuersätzen von 660,00 EUR für den ersten gefährlichen und von 900,00 EUR für den zweiten gefährlichen Hund keine erdrosselnde Wirkung zukommt.

In dem konkreten Fall wendet sich der Kläger gegen die Veranlagung zur Hundesteuer.

Im Haushalt des Klägers werden die Hunde „B.“ und „C.“ gehalten.

Die Beklagte setzte gegenüber dem Kläger schlussendlich für das Jahr 2014 Hundesteuern nach einem Jahresbetrag von EUR 660,00 für den ersten Hund und EUR 900,00 (vor einer rückwirkenden Änderung der Satzung lag der Betrag bei € 1.542,00) für den zweiten Hund fest, da beide Hunde als „gefährliche Hunde“ im Sinne des § 7 NHundG eingestuft wurden.

Der Kläger vertrat die Auffassung, eine Steuer in Höhe von 900,00 € sei darauf angelegt, die Haltung eines gefährlichen Hundes grundsätzlich zu unterbinden, so dass der Steuer erdrosselnde Wirkung zukomme. Auch im Vergleich mit anderen Gemeinden sei die von der Beklagten erhobene Steuer zwei bis dreimal so hoch, was als Indiz für die erdrosselnde Wirkung angesehen werden könne. Damit gingen die Auswirkungen der Steuer über den zulässigen Lenkungszweck einer Steuer hinaus. Der Beklagten fehle aber die Regelungskompetenz, mit Hilfe einer Steuer die Haltung von gefährlichen Hunden unmöglich zu machen. Zudem habe die Beklagte die Höhe der Steuer „einfach so“ festgesetzt, ohne die von der obergerichtlichen Rechtsprechung dazu entwickelten Kriterien – das Verhältnis des Steigerungssatzes zu dem Steuersatz für „normale“ Hunde sowie die Relation der Steuer zu den durchschnittlichen Hundehaltungskosten – zu beachten. Die Steuer in Höhe von 900,00 € stelle das 17-fache der Steuer für andere Hunde dar. Die Änderungssatzung aus 2015 leide daher auch an einem Abwägungsmangel und könne keine Grundlage für eine rechtmäßige Besteuerung sein. Ein weiteres Indiz für die erdrosselnde Wirkung sei der Umstand, dass der von der Beklagten veranlagte Steuersatz für den zweiten gefährlichen Hund zwei- bis dreimal über dem der vergleichbaren Gemeinden in der Umgebung liege.

Die beklagte Gemeinde hingegen argumentierte, die Hundesteuer sei in erster Linie eine Aufwandsteuer, mit der allerdings auch ordnungspolitische Zwecke verfolgt würden. Mit den unterschiedlichen Steuersätzen für „normale“ und gefährliche Hunde sowie der nach Anzahl der gehaltenen Hunde gestaffelten Tarife solle die Anzahl der als gefährlich einzustufenden Hunde im Gemeindegebiet begrenzt werden. Ein Steuersatz in Höhe von 900,00 € entfalte dabei keine erdrosselnde Wirkung. Die laufenden Haltungskosten für einen „normalen“ Hund betrügen aktuell 1.077,00 €, wobei die Kosten für eine Hundehalterhaftpflichtversicherung nicht mitberücksichtigt worden seien, und überstiegen damit die streitgegenständliche Steuer. Zur Höhe der Steuer habe es auch innerhalb der Verwaltung und in den politischen Gremien Diskussionen gegeben. Die streitgegenständliche Steuer überschreite die Steuer für „normale“ Hunde auch nicht, wie vom Kläger vorgetragen, um das 17-, sondern nur um das 7-fache, da insofern der Steuersatz für den zweiten gefährlichen Hund mit dem für den zweiten „normalen“ Hund zu vergleichen sei und nicht – wie vom Kläger vorgenommen – ein Vergleich zwischen dem ersten „normalen“ und dem zweiten gefährlichen Hund anzustellen sei. Auch im Hinblick auf die von anderen Gemeinden erhobenen Hundesteuern stelle sich der streitgegenständliche Steuersatz nicht als besonders hoch dar.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Steuerfestsetzung sind die §§ 2, 3 und 4 der Hundesteuersatzung der Gemeinde Hambühren vom 16.12.20101 i. d. F. der Zweiten Änderungssatzung vom 27.04.20152. Danach erhebt die Beklagte für das Halten von mehr als drei Monate alten Hunden im Gemeindegebiet eine Hundesteuer (§ 1 Satz 1 HStS). Steuerpflichtig ist, wer einen oder mehrere Hunde in seinem Haushalt, Betrieb, Institution oder Organisation für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgenommen hat (§ 2 Abs. 1 Satz 1 HStS). Alle nach Absatz 1 aufgenommen Hunde gelten als von ihren Haltern gemeinsam gehalten. Halten mehrere Personen gemeinschaftlich einen Hund oder mehrere Hunde, so sind sie Gesamtschuldner. Neben der Hundehalterin/dem Hundehalter haften die Eigentümerin/der Eigentümer für die Steuer (§ 2 Abs. 2 Sätze 1-3 HStS). Die Steuer wird als Jahressteuer erhoben, Steuerjahr ist das Kalenderjahr (§ 3 Abs. 1 HStS). Die Steuer entsteht mit dem ersten des Kalendermonats, nachdem ein Hund in den Haushalt aufgenommen wurde (§ 3 Abs. 2 Satz 1 HStS). Die Steuer beträgt jährlich a) für den ersten Hund 54,00 €, b) für den zweiten Hund 126,00 €, c) für jeden weiteren Hund 186,00 €, d) für einen gefährlichen Hund 660,00 €, e) für jeden weiteren gefährlichen Hund 900,00 €. Gefährliche Hunde im Sinne von Absatz 1 Buchstaben d) und e) sind solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann (§ 4 Abs. 2 Satz 1 HStS). Gefährliche Hunde in diesem Sinne sind insbesondere auch diejenigen Hunde, die bereits in der Öffentlichkeit durch eine gesteigerte Aggressivität aufgefallen sind, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt haben, soweit die zuständige Behörde die Gefährlichkeit nach § 3 Abs. 3 Niedersächsisches Hundegesetz festgestellt hat (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HStS). Gefährliche Hunde im Sinne dieser Vorschrift sind ebenfalls Hunde der Rassen American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier, Pitbull-Terrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden (§ 4 Abs. 2 Satz 3 HStS).

Die streitgegenständliche Festsetzung der Hundesteuer entspricht diesen Vorgaben der Hundesteuersatzung, so das Verwaltungsgericht Lüneburg. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die einschlägigen Satzungsregelungen im Falle des Klägers fehlerhaft angewandt worden wären. Bei den von dem Kläger gehaltenen Hunden handelt es sich insbesondere um gefährliche Hunde im Sinne von § 4 Abs. 2 HStS. Denn die zuständige Behörde – das Amt für Veterinärsangelegenheiten und Verbraucherschutz des Landkreises Celle – hat mit bestandskräftigem Bescheid die Gefährlichkeit der Hunde „B.“ und „D.“ im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG festgestellt.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Hundesteuersatzung der Beklagten auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Rechtsgrundlage der Hundesteuersatzung sind die  §§ 1 Abs. 1, 2, 3 Abs. 1 NKAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 a GG, §§ 10, 11 58 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG.

Die Hundesteuer ist eine traditionelle örtliche Aufwandsteuer, denn das Halten eines Hundes geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – zusätzlichen Vermögensaufwand3. Es entspricht zudem gefestigter Rechtsprechung, dass eine Steuerregelung auch Lenkungswirkungen mitverfolgen darf, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein, und dass die Kommune hierfür keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz bedarf4. Hiervon ausgehend ist bereits im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass die Hundesteuersatzung der Beklagten einen erhöhten Steuersatz für die Halter gefährlicher Hunde vorsieht5. Die spezielle Besteuerung von gefährlichen Hunden nach Maßgabe der in der Hundesteuersatzung enthaltenen Regelungen dient vorliegend nicht (nur) der Einnahmenerzielung, sondern zielt (jedenfalls auch) darauf ab, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet die Haltung solcher Hunde zurückzudrängen, die entweder aufgrund konkreter Vorfälle (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HStS) oder aufgrund ihres Züchtungspotentials (§ 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 HStS) in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren6.

Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, dass dieser – an sich zulässige – Lenkungszweck nicht so dominieren darf, dass der (weitere) Zweck, Einnahmen zu erzielen, völlig zurücktritt. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abzielt, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen7. Die „Erdrosselungsgrenze“ stellt die äußerste Schranke der Besteuerung dar. Erst dann, wenn die – grundsätzlich zulässige (s.o.) – steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, indem der steuerpflichtige Vorgang unmöglich gemacht wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage8.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Einzelrichterin folgt, ist hinsichtlich der Verbotswirkung einer örtlichen Aufwandsteuer nicht auf den individuellen Steuerpflichtigen – hier den Kläger -, sondern auf den durchschnittlichen Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet abzustellen. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich. Dabei muss das konkret besteuerte Verhalten in den Blick genommen werden, hier also das Halten von zwei gefährlichen Hunden. Erst dann, wenn das verfolgte Lenkungsziel dazu führt, dass gerade das besonders hoch besteuerte Verhalten faktisch nicht mehr ausgeübt werden kann, bietet allein die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage9.

Nach der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung kann zur Beantwortung der Frage, ob die „Erdrosselungsgrenze“ erreicht bzw. überschritten ist, bei der Steuer für gefährliche Hunde maßgeblich auf zwei Kriterien abgestellt werden. Ein Kriterium ist dabei der Steigerungssatz des erhöhten Steuersatzes im Verhältnis zum „normalen“ Steuersatz für nicht gefährliche Hunde. So hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von ihm zu entscheidenden Fall einen auf 2.000,00 € festgesetzten Steuersatz für einen gefährlichen Hund, der 26 Mal höher war als der Steuersatz für „normale“ Hunde, als erdrosselnd eingestuft10. Das zweite Kriterium ist, dass die Jahressteuer für einen gefährlichen Hund den durchschnittlichen sonstigen Aufwand für das Halten eines solchen Hundes nicht deutlich übersteigen darf4. Denn in einem solchen Falle würde die erhöhte Steuer außer Verhältnis zu dem besteuerten Aufwand stehen, den sich ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger nicht mehr leisten wird9. Die durchschnittlichen Kosten für die Haltung eines gefährlichen Hundes werden dabei maßgeblich durch die laufenden Unterhaltskosten (insbesondere Futter, Versicherung, Zubehör, Impfkosten, sonstige Tierarztkosten usw.) bestimmt. Daneben sind aber auch einmalig anfallende Kosten wie etwa Anschaffungs- und Bestattungs- bzw. Tierkörperbeseitigungskosten sowie besondere Kosten im Zusammenhang mit der Kampfhundeeigenschaft (insbesondere Kosten für den Wesenstest, die Gebühr für das Negativzeugnis sowie ggf. Kosten für sicherheitsrechtliche Auflagen wie Maulkorb oder Zwinger) einzubeziehen4.

Ausgehend von diesen Maßstäben sind die hier einschlägigen Regelungen der Hundesteuersatzung der Beklagten – insbesondere der von dem Kläger kritisierte Steuersatz von 900,00 € für den zweiten gefährlichen Hund – nicht zu beanstanden. Ihnen kommt insbesondere nicht die vom Kläger angeführte sog. erdrosselnde Wirkung zu, denn der erhöhte Steuersatz steht weder außer Verhältnis zu dem Steuersatz für „normale“ Hunde, noch überschreitet er die durchschnittlichen Haltungskosten für gefährliche Hunde.

Hinsichtlich des Vergleiches der Steuersätze zwischen gefährlichen und „normalen“ Hunden sind vorliegend nach Auffassung der Einzelrichterin der Satz für den ersten normalen Hund (54,00 €) mit dem Satz für den ersten gefährlichen Hund (660,00 €) sowie der Satz für den zweiten normalen Hund (126,00 €) mit dem Steuersatz für den zweiten gefährlichen Hund (900,00 €) zu vergleichen. Davon ausgehend umfasst der Steuersatz für den ersten gefährlichen Hund das 12-fache des Steuersatzes für den ersten Steuerpflichtigen „normalen“ Hund und der Steuersatz für den zweiten gefährlichen Hund das 7-fache des Steuersatzes für den zweiten „normalen“ Hund. Diese Steigerungssätze liegen damit hinsichtlich der ersten – jeweils „normal“ und gefährliche – Hunde bei weniger als der Hälfte und hinsichtlich der zweiten Hunde bei weniger als einem Drittel des vom Bundesverwaltungsgerichts als verfassungswidrig beanstandetem Steigerungssatzes und sind daher noch als zulässig zu erachten.

Soweit der Kläger ausgeführt hat, der Steuersatz von 900,00 € jährlich überschreite den Satz für andere Hunde um das 17-fache, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bei dieser Berechnung hat der Kläger offensichtlich den Steuersatz für den ersten steuerpflichtigen mit demjenigen für den zweiten gefährlichen Hund verglichen. Dabei hat er jedoch nicht Gleiches mit Gleichem (erster „normaler“ mit erstem gefährlichen Hund), sondern Ungleiches (erster „normaler“ mit zweitem gefährlichem Hund) verglichen und damit einen unzutreffenden Vergleichsmaßstab („Äpfel mit Birnen“) angewandt.

Schließlich stellt die Einzelrichterin des Verwaltungsgerichts Lüneburg – in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung11 maßgeblich darauf ab, dass die Steuersätze für den ersten und zweiten gefährlichen Hund die durchschnittlichen Unterhaltungskosten für solche Hunde nicht deutlich übersteigen. Dazu hat die Beklagte eine detaillierte Berechnung vorgelegt, aus der nachvollziehbar hervorgeht, dass sich allein die laufenden Haltungskosten für einen Hund auf mindestens 1.077,00 € belaufen. Dabei ist sie von laufenden Monatskosten für Futter in Höhe von 81,00 € sowie jährlichen Kosten für Impfung, Entwurmung, tierärztliche Untersuchung und Chip in Höhe von 105,00 € ausgegangen. Einmalige Kosten für die Anschaffung des Tieres sowie für die Grundausstattung (Geschirr, Spielzeug, Futternapf, Leine, Pflege, Schlafplatz und Sicherheitsgeschirr, die die Beklagte mit 270,00 € veranlagt hat) wurden dabei ebenso wenig berücksichtigt wie besondere Kosten im Zusammenhang mit der Gefährlichkeit des Hundes (z. B. Kosten für den Wesenstest, für einen Maulkorb und eine spezielle Hundehalterhaftpflichtversicherung).

Soweit der Kläger gegen die von der Beklagten vorgelegte Berechnung in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, dass die Kosten zu hoch veranlagt worden seien und im Fall des Klägers – bei dem aufgrund der langjährigen Hundehaltung viele Ausstattungsgegenstände bereits vorhanden seien und die Hunde als „Jagdhunde“ besonderes, weniger kostenintensives Futter bekämen – geringere Kosten anfielen, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass es bei der Frage der Haltungskosten auf die durchschnittlichen Kosten ankommt und evtl. im Haushalt des Klägers bzw. der dort gehaltenen Hunde vorhandene Besonderheiten daher nicht zu berücksichtigen sind. Im Übrigen konnte der Kläger auch auf Nachfrage nicht angeben, wie hoch die durchschnittlichen jährlichen Haltungskosten aus seiner Sicht zu veranlagen wären. Insoweit ist sein pauschaler Einwand, die von der Beklagten angegebenen Kosten seien zu hoch, nicht ausreichend, um die Schlüssigkeit der Berechnung der Beklagten zu widerlegen.

Dafür, dass die streitgegenständlichen Steuersätze von 660,00 und 900,00 € nicht die durchschnittlichen jährlichen Haltungskosten für einen gefährlichen Hund überschreiten, spricht dabei auch, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits im Juli 2013 davon ausgegangen ist, dass sich die durchschnittlichen Haltungskosten für einen normalen Hund auf ca. 900,00-1.000,00 € jährlich belaufen. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15.10.20144 ausgeführt, dass dieser Betrag zu niedrig angesetzt sei, weil auch „einmalig anfallende allgemeine Kosten“ wie Kosten für Anschaffung und Ausstattung sowie besondere Kosten für die Kampfhundehaltung zu berücksichtigen seien. Diese Kosten hat jedoch auch die Beklagte nicht in ihre Kalkulation einbezogen, so dass diese – ausgehend von der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts – eher als zu niedrig einzustufen sind. Berücksichtigt man zudem, dass die allgemeinen Verbraucherpreise seit dem Jahr 2013 gestiegen sind, sind die von der Beklagten ermittelten durchschnittlichen Haltungskosten als äußerst moderat einzustufen. Wenn das Bundesverwaltungsgerichts bereits im Jahr 2013 bzw. 2014 die durchschnittlichen jährlichen Haltungskosten für einen „normalen“ Hund mit 900,00-1.000,00 € als zu niedrig angesehen hat4, kann im Jahr 2017 erst recht nicht festgestellt werden, dass eine jährliche Hundesteuer für den ersten gefährlichen Hund in Höhe von 660,00 € sowie für den zweiten gefährlichen Hund in Höhe von 900,00 € die durchschnittlichen Haltungskosten für das Halten eines gefährlichen Hundes deutlich übersteigen und damit erdrosselnd wirken würde.

Hinsichtlich des Einwands des Klägers, dass die von der Beklagten festgesetzten Steuersätze über denen von „in der Nachbarschaft“ gelegenen Gemeinden lägen und dies ein Indiz für eine erdrosselnde Wirkung sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass ein solcher Vergleich für die Frage der Rechtmäßigkeit und der Verfassungskonformität einer kommunalen Steuersatzung unerheblich ist. Denn eine Gemeinde hat ihre Entscheidungen auf dem Gebiet des kommunalen Abgabenrechts in eigener Verantwortung zu treffen11. Als Gemeindesteuer hat die Hundesteuer nur innerhalb des Gemeindebereichs den Gleichheitssatz zu wahren12. Der Gleichheitsanspruch besteht folglich nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt. Die Gemeinde als Satzungsgeber ist daher nur verpflichtet, in ihrem Bereich den Gleichheitssatz zu wahren13. Es ist somit bei der Hundesteuer als örtliche Steuer auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Belastung der Abgabepflichtigen nicht in allen Gemeinden der gleichen Größenordnung gleich groß ist14. Im Übrigen wäre es auch mit der den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Selbstverwaltung nicht vereinbar, wenn eine Gemeinde sich bei Wahrnehmung der ihr zustehenden Rechtsetzungsbefugnisse den Regelungen anderer Gemeinden anzupassen hätte15.

Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte zu Unrecht keinerlei Überlegungen zu den finanziellen Belastungen eines Hundehalters im ihrem Gemeindegebiet angestellt habe, so das Verwaltungsgericht Lüneburg. Dieser Einwand ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil er in der Sache nicht zutrifft. Denn dazu hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass innerhalb der Verwaltung und der politischen Gremien Diskussionen zur Höhe des Steuersatzes, insbesondere des Satzes für den zweiten gefährlichen Hund, stattgefunden haben. Dieser Vortrag ist nicht nur lebensnah, sondern wird auch durch die von der Beklagten übermittelte „Vorlage zur Vorbereitung einer Bürgermeisterentscheidung“ betreffend die Festsetzung der Hundesteuer bestätigt. Diesem substantiierten und schlüssigen Vortrag ist der Kläger im Übrigen nicht weiter entgegengetreten.

Insofern ist lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, so das Verwaltungsgericht Lüneburg, dass den Gemeinden bei der Frage, wie hoch eine örtliche Aufwandsteuer sein soll, innerhalb der aus verfassungsrechtlichen Vorschriften folgenden Grenzen ein Ermessen zusteht. Sie haben daher hinsichtlich der Erhebung der Steuer sowie der Höhe des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, bei dessen Ausübung vor allem kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen. Eine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die die Gemeinde dazu verpflichtete, vor dem Erlass einer Steuersatzung die davon berührten Interessen der Steuerpflichtigen abzuwägen, besteht nicht16. Folglich kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Steuersätze auch nicht auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers an17.

Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 09.03.2017 – 2 A 40/16

  1. ABl. LK Celle v. 22.12.2010, S. 226 ff. []
  2. ABl. LK Celle v. 13.05.2015, S. 188 – HStS - []
  3. BVerwG, Urteil vom 19.01.2000 – 11 C 8/99 []
  4. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 – 9 C 8/13 [] [] [] [] []
  5. BVerwG, Beschluss vom 28.07.2005 – 10 B 34/05; BVerwG, Urteil vom 19.01.2000 – 11 C 8/99; VG Aachen, Urteil vom 14.02.2008 – 4 K 1500/16 []
  6. BVerwG, Urteil vom 19.01.2000 – 11 C 8/99; Bayerischer VGH, Urteil vom 25.07.2013 – 4 B 13.144 []
  7. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1994 – 8 N 1/93; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.5.2013 – 6 C 11221/12; Bayerischer VGH, Urteil vom 25.07.2013 – 4 B 13.144 []
  8. BVerfG, Beschluss vom 17.07.1974 – 1 BvR 51/69; BVerwG, Urteil vom 15.10. 2014 – 9 C 8/13 []
  9. BVerwG, Urteil vom 15.10. 2014 – 9 C 8/13 [] []
  10. kritisch zu diesem Kriterium OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.06.2016 – 2 LB 34/15 []
  11. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.06.2016 – 2 LB 34/15 [] []
  12. BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 – VII C 7/74 []
  13. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1966 – 1 BvR 33/64 []
  14. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16.10.2009 – 9 PA 91/09 []
  15. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1966 – 1 BvR 33/64; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16.10.2009 – 9 PA 91/09 []
  16. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2012 – 2 S 2995/11 []
  17. VG München, Urteil vom 27.09.2012 – M 10 K 11.6018 []

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