Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Verfahren, in dem es um die Geltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen für den Transport und die Vermittlung von Hunden aus dem europäischen Ausland nach Deutschland geht, den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung unionsrechtlicher Bestimmungen angerufen.
Dem liegt folgender Fall zugrunde:
Der Kläger übernimmt von Tierschutzvereinen, Tierschutzorganisationen oder Tierschützern im europäischen Ausland Hunde. Er lässt diese in die Bundesrepublik Deutschland verbringen und vermittelt die Tiere in Deutschland an Pflegestellen oder Hundehalter. Der Tätigkeitsbereich des Klägers erstreckt sich unter anderem auf die Sicherstellung einer ausreichenden tierärztlichen Versorgung der aufgegriffenen Tiere, auf vorbeugende Schutzimpfungen, die Aufnahme und Fütterung herrenloser Tiere sowie die Förderung, Betreuung und Unterstützung von Patenschaften für die Tiere. Der Kläger wird durch Mitgliedsbeiträge und Spenden unterstützt.
Der Ablauf der Vermittlung der Tiere gestaltet sich wie folgt: Die noch im Ausland befindlichen Tiere werden über die Internetseite des Klägers angeboten. Interessenten können sich dort mit dem Kläger in Verbindung setzen. Bei der Vermittlung wird ein sogenannter Schutzvertrag abgeschlossen. Die Tiere werden mittels eines Lieferwagens in einem Sammeltransport von Mitgliedern des Klägers aus dem Ausland nach Deutschland transportiert. Gegen eine Schutzgebühr von 270 € werden die Tiere an die neuen Besitzer abgegeben. Es findet keine Eigentumsübertragung statt. Nach den Angaben auf der Homepage wurde der Kläger am 12.01.2007 gegründet. Die Zahl der vermittelten Tiere betrug zuletzt (Stand 05.12.2012) 2088 Tiere und damit fast ein Tier pro Tag.
Am 07.01.2009 erließ der Beklagte ein Rundschreiben an die Veterinärbehörden der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein mit dem Hinweis, dass das von dem Kläger organisierte Verbringen beziehungsweise Einführen von Heimtieren nach Deutschland nicht durch die erleichterten Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 über den nicht gewerblichen Reiseverkehr mit Heimtieren gedeckt sei. Es unterliege vielmehr den strengeren Regelungen der Vorschriften für den Handelsverkehr. Außerdem greife die tierseuchenrechtliche Anzeige- und Registrierungspflicht nach §§ 4 und 5 BmTierSSchV ein. In der Vergangenheit sei es bei einem Sammeltransport durch den Kläger zumindestens in einem Falle zu Unregelmäßigkeiten gekommen; der Gesundheits- und Impfstatus eines Hundes sei nicht einwandfrei nachvollziehbar gewesen.
Zwischen dem Kläger und dem beklagten Landwirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein ist daher unter anderem streitig, ob der Verein die unionsrechtlichen Bestimmungen über den Schutz von Tieren beim Transport nach der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zu beachten hat. Des Weiteren ist streitig, ob die Verbringung der Hunde nach Deutschland der Anzeige- und Registrierungspflicht nach § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung unterliegt, die insbesondere der Umsetzung von Art. 12 der Richtlinie (RL) 90/425/EWG dient, die unter anderem Regelungen zu veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel zum Gegenstand hat.
Die Vorinstanzen haben dies bejaht und die Klage abgewiesen1.
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat dabei (letztlich) offen gelassen, ob der Kläger mit seiner Vermittlungstätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht verfolge und – zumindest mit einem Teil seiner Tiertransporte – einen Gewinn erziele.
In dem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kommt es insbesondere darauf an, wann eine solche Vermittlung von Hunden eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 darstellt und unter welchen Voraussetzungen ein innergemeinschaftlich Handel treibendes Unternehmen im Sinne von Art. 12 RL 90/425/EWG vorliegt. Da diese Fragen bislang nicht geklärt sind und sich auch nicht zweifelsfrei beantworten lassen, hat das Bundesverwaltungsgericht beschlossen, den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung zu ersuchen.
Dem Europäischen Gerichtshof werden folgende Fragen zur Auslegung der
Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl Nr. L 3 S. 1)
und
der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26.06.1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt2
zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist es im Sinne von Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 ein Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird, wenn dieser Transport von einem als gemeinnützig anerkannten Tierschutzverein durchgeführt wird und dazu dient, herrenlose Hunde an Dritte gegen ein Entgelt („Schutzgebühr“) zu vermitteln, das
a) hinter den Aufwendungen des Vereins für das Tier, den Transport und die Vermittlung zurückbleibt oder diese gerade deckt,
b) über diese Aufwendungen hinausgeht, der Gewinn aber dazu dient, ungedeckt gebliebene Aufwendungen für die Vermittlung anderer herrenloser Tiere, Aufwendungen für herrenlose Tiere oder andere Tierschutzprojekte zu finanzieren?
2. Liegt ein innergemeinschaftlich Handel treibendes Unternehmen im Sinne von Art. 12 RL 90/425/EWG vor, wenn ein als gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein herrenlose Hunde nach Deutschland verbringt und an Dritte gegen ein Entgelt („Schutzgebühr“) vermittelt, das
a) hinter den Aufwendungen des Vereins für das Tier, den Transport und die Vermittlung zurückbleibt oder diese gerade deckt,
b) über diese Aufwendungen hinausgeht, der Gewinn aber dazu dient, ungedeckt gebliebene Aufwendungen für die Vermittlung anderer herrenloser Tiere, Aufwendungen für herrenlose Tiere oder andere Tierschutzprojekte zu finanzieren?
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.04.2014 – 3 C 2.13
- VG Schleswig Urteil vom 17.08.2011 – 1 A 31/10; OVG Schleswig Urteil vom 06.12.2012 – 4 LB 11/11 [↩]
- ABl. Nr. L 224 S. 29 [↩]