Amtsdauer des Notvorstandes eines Vereins richtet sich nach seiner Aufgabe

Über die Amtsdauer des Notvorstandes eines Vereins, die Möglichkeiten einer Beschwerde hiergegen und die Folgen einer Neuwahl hatte das Thüringer Oberlandesgericht zu entscheiden.

Die Beteiligte zu 1. (ein Schützenverein) ist als gemeinnütziger Verein in dem Vereinsregister des Amtsgerichts Meiningen eingetragen. Zweck des Vereins ist die Pflege und Organisation des Sportschießens sowie die Erhaltung und Pflege des Schützenbrauchtums und der Tradition des Schützenwesens.

Die Vereinssatzung lautet auszugsweise wie folgt:

§ 5 Bildung des Vorstandes

(1) Der Vorstand besteht aus:

a) dem Präsidenten

b) dem Stellvertreter

c) dem Schriftführer

d) dem Schatzmeiser

e) dem Jugendleiter

f) dem Sportleiter

(2) Den geschäftsführenden Vorstand bilden der Präsident, der Stellvertreter und der Schriftführer. Sie vertreten den Verein gerichtlich und außergerichtlich in Einzelvertretungsmacht. Scheidet eines der Mitglieder während seiner Amtszeit aus, kann sich der geschäftsführende Vorstand bis zur nächsten Vorstandswahl selbst ergänzen.

und:

§ 8 Die außerordentliche Mitgliederversammlung

(1) Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist vom Vorstand einzuberufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert oder wenn 40% der volljährigen Mitglieder dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe beantragen.

Ursprünglich bestand der Vorstand des Vereins aus dem Beteiligten zu 3. als Präsidenten, Herrn V. M. als Stellvertreter, dem Beteiligten zu 2. als Schriftführer, Frau S. G. als Schatzmeisterin, Herrn T. G. als Jugendleiter und Herrn A. M. als Sportleiter.

Im Laufe des Vereinslebens kam es zu erheblichen Streitigkeiten zwischen verschiedenen Vorstands- und Vereinsmitgliedern.

Im Zuge dieser Streitigkeiten legte zunächst die Schatzmeisterin Frau S. G. ihr Amt nieder. Am 10.12.2012 legten auch die Vorstandsmitglieder V. M., T. G sowie A. M. ihre Ämter nieder. Durch mehrere Mitglieder des Vereines wurden Anträge zum Ausschluss der Beteiligten zu 2. und zu 3. aus dem Verein gestellt.

Auf Antrag der Vereinsmitglieder R. B., R. E. und S. J. bestellte das Amtsgericht Meiningen mit Beschluss vom 11.12.2012 die antragstellenden Personen mit jeweiliger Einzelvertretungsbefugnis zum Notvorstand des Vereines nach § 29 BGB. Der Verein sei wegen den Amtsniederlegungen und der beantragten Ausschließung der Beteiligten zu 2. und zu 3. vertretungslos, es sei u.a. umgehend eine Mitgliederversammlung zur Neuwahl des Vorstandes einzuberufen.

Der Notvorstand wurde in das Vereinsregister eingetragen.

Gegen diesen am 13.12.2012 zugestellten Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 10.01.2013 beim Amtsgericht Meiningen eingegangenen Beschwerde. Sie begründen ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass nach § 5 Abs. 2 der Vereinssatzung ein Bedürfnis zur Bestellung eines Notvorstandes nicht bestanden habe, der Notvorstand sei daher unverzüglich abzuberufen.

Mit Schreiben vom 18.01.2013 teilte das Amtsgericht Meiningen den Mitgliedern des Notvorstandes mit, es beabsichtigte der Beschwerde abzuhelfen, da die Neuwahl eines Vorstandes in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 28.12.2012 nicht weiterbetrieben worden sei.

Nachdem das Amtsgericht Meiningen unterrichtet worden war, dass am 16.02.2013 eine außerordentliche Mitgliederversammlung u.a. wegen der Wahl eines eines neuen Vorstandes einberufen worden sei, teilte das Amtsgericht Meiningen den Antragstellern mit, dass ihrem Antrag auf Abberufung des Notstandes nicht entsprochen werden könne.

Im Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde die Bestellung der Beteiligten zu 2. und 3. zu Vorstandsmitgliedern widerrufen und ein neuer Vorstand des Vereins gewählt, bestehend aus Herrn V. M (Präsident), R. B. (Stellvertreter), H. K. (Schriftführer), S. G. (Schatzmeisterin), H. M. (Jugendleiter) und T.G. (Sportleiter).

Auf Anfrage des Amtsgerichts Meiningen an die Antragsteller, ob das Beschwerdeverfahren nach der Wahl des neuen Vorstandes für erledigt erklärt werde, teilten diese mit, dass das Beschwerdeverfahren nicht für erledigt erklärt, sondern auf eine förmliche Entscheidung bestanden werde. Die Amtsdauer des Notvorstandes sei nicht automatisch beendet, da die Beteiligten zu 2. bis 3. beim zuständigen Amtsgericht Meiningen1 eine Klage u.a. mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit der Vorstandswahl am 16.02.2013 erhoben hätten. Die Wahl des neuen Vorstandes sei daher zur Zeit schwebend unwirksam.

Das Amtsgericht Meiningen half der Beschwerde mit Beschluss vom 06.03.2013 nicht ab.

Mit notarieller Urkunde vom 05.03.2013 wurde die Änderung des Vorstandes gem. § 67 Abs. 1 BGB angezeigt. Eine Eintragung des in der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 16.02.2013 gewählten Vorstandes in das Vereinsregister erfolgte noch nicht. Stattdessen setzte das Amtsgericht Meiningen das Eintragungsverfahren wegen der anhängigen Klage vor dem Amtsgericht Meiningen mit Beschluss vom 11.03.2013 nach §§ 21 Abs. 1, 381 FamFG aus.

Das Thüringer Oberlandesgericht hat die Beschwerde gegen die Bestellung des Notvorstandes als unzulässig verworfen.

Die ursprünglich nach §§ 58, 59, 61, 63 FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 11.12.2012 ist mittlerweile wegen des Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Die Amtsdauer des – wie hier in dem angefochtenen Beschluss – nach § 29 BGB bestellten Notvorstandes endet mit der Erfüllung der Aufgabe, für die er bestellt war2.

Die eigentliche Aufgabe des Notvorstand wurde inzwischen erfüllt, so dass die Amtsdauer des Notvorstandes entgegen der Auffassung der Antragsteller beendet ist.

Wie sich den Beschlussgründen des angefochtenen Beschlusses entnehmen lässt, bestellte das Amtsgericht Meiningen einen Notvorstand, weil es den Verein für vertretungslos hielt. Im Wesentlichen sollte es Aufgabe des Notvorstandes sein, eine Mitgliederversammlung zur Wahl eines neuen Vorstandes einzuberufen.

Nachdem der Notvorstand zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 16.02.2013 einberufen hatte, wurde die Bestellung der Beteiligten zu 2. und 3. zu Vorstandsmitgliedern widerrufen und ein neuer Vorstand des Vereins gewählt, bestehend aus Herrn V. M. (Präsident), R.B. (Stellvertreter), H. K. (Schriftführer), S. G. (Schatzmeisterin), H. M. (Jugendleiter) und T. G.(Sportleiter).

Die Amtsdauer des Notvorstandes ist entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht deshalb nicht beendet, weil die Beteiligten zu 2. bis 3. beim zuständigen Amtsgericht Meiningen eine Klage u.a. mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit der Vorstandswahl am 16.02.2013 erhoben haben und die Wahl des neuen Vorstandes daher zur Zeit schwebend unwirksam sei.

Die Erhebung der Klage zur Feststellung der Nichtigkeit der Vorstandswahl hat nämlich die schwebende Unwirksamkeit der Wahl des Vorstandes nicht zur Folge. In Anlehnung an das Arbeits- und Gesellschaftsrecht kann die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes nach Aufnahme der Organtätigkeit mit Wissen und Willen der Mitglieder des Bestellungsorganes grundsätzlich nur für die Zukunft geltend gemacht werden; für die Vergangenheit ist so zu urteilen, als sei die Bestellung fehlerfrei erfolgt. Dies folgt daraus, dass ähnlich wie bei der Behandlung fehlerhafter Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse im Hinblick auf die Interessen des Rechtsverkehrs das Organhandeln nicht ungeschehen gemacht werden kann. Denn die Organbestellung betrifft nicht nur die Interessen der Beteiligten selbst, sondern konstruiert die Handlungsfähigkeit eines Rechtssubjekts, das davon gegenüber einer Vielzahl von Personen Gebrauch machen kann3.

Die Wahl des Vorstandes in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 16.02.2013 ist mithin bis zu einer eventuellen Feststellung der Nichtigkeit der Vorstandswahl so zu behandeln, als sei diese wirksam erfolgt. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der neu gewählte Vorstand noch nicht in das beim Amtsgericht Meiningen geführte Vereinsregister eingetragen ist. Denn die Registereintragung hat für die Bestellung nur rein deklaratorische Bedeutung.

Demzufolge hat sich mit der Bestellung des neuen Vorstandes die Aufgabe des Notvorstandes erfüllt und die Amtsdauer des Notvorstandes hat damit auch geendet, so dass sich zeitgleich die Hauptsache des Beschwerdeverfahrens gegen die Bestellung des Notvorstandes erledigt hat. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller an der Durchführung des Beschwerdeverfahren besteht mithin nicht mehr.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 62 FamFG, so das Thüringer Oberlandesgericht.

Nach § 62 Abs. 1 FamFG spricht das Beschwerdegericht, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat, auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichtes des ersten Rechtszuges den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

Unabhängig davon, dass die Antragsteller vorliegend einen entsprechenden Antrag nach § 62 FamFG nicht gestellt, sondern das Beschwerdeverfahren ausdrücklich nicht als erledigt angesehen haben, bestünde auch kein berechtigtes Interesses an der Feststellung i.S.d. § 62 Abs. 2 FamFG., da vorliegend weder ein aus der Bestellung des Notvorstandes folgender schwerwiegender Grundrechtseingriff ersichtlich noch eine konkrete Wiederholungsgefahr zu erwarten ist.

Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 23.08.2013- 9 W 134/13

  1. AG Meiningen – 11 C 219/13 []
  2. BayObLG, Beschluss vom 09.07.2004 – 3Z BR 12/04 []
  3. BGH, Urteil vom 17.04.1967 – II ZR 157/64 []

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