Die Änderung der Vereinssatzung in der Tagesordnung

Wird in einem Verein die Änderung der Satzung angestrebt, so ist dies häufig mit Streitigkeiten verbunden. Umso wichtiger ist es daher, die Formalien einzuhalten, damit entsprechende Beschlüsse auch wirksam sind.

Bei der Satzung handelt es sich um die Verfassung des Vereins, welche Grundlage sämtlichen Handelns ist. Ihre Änderung ist daher von erheblicher Bedeutung für alle Mitglieder.

Das Thüringer Oberlandesgericht hat im Rahmen einer aktuellen Entscheidung nun noch einmal darauf hingewiesen, dass daraus zugleich folgt, dass an die Mitteilung der Tagesordnung hohe Anforderungen zu stellen sind, um dem Zweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB gerecht zu werden. Dabei ist der Tagesordnungspunkt Satzungsänderung grundsätzlich ungenügend, erst recht gilt dies für Bezeichnungen wie Anträge oder Verschiedenes.

In dem entschiedenen Fall ist der Antragsteller als gemeinnütziger Verein, der als Karnevalsverein die Traditionen des Karnevals in der Stadt A und im Landkreis W fortsetzen will, im Vereinsregister des Amtsgerichts Apolda eingetragen.

Die Satzung des Vereins enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 2 Gemeinnützigkeit

(6) Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke ist das Vereinsvermögen zu steuerbegünstigten Zwecken zu verwenden. Beschlüsse über die künftige Verwendung des Vermögens dürfen erst nach Einwilligung des Finanzamtes durchgeführt  werden.

Eine gemeinnützige Institution, an die das Vermögen des F e.V. im Falle der Auflösung zu übertragen ist, wird  im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen benannt.

§ 5 Organe des F e.V.

(2) Die Hauptversammlung

– Die Hauptversammlung ist das oberste Organ des F e.V. und findet jährlich anlässlich des Gründungstages statt.

– Die Einberufung der Hauptversammlung muss schriftlich durch das Präsidium unter Bekanntgabe der Tagesordnung spätestens 4 Wochen vor der Hauptversammlung erfolgen.

– Die  Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als 50 % der Mitglieder anwesend sind.

– Anträge sind 2 Wochen vor der Hauptversammlung schriftlich beim Präsidium einzubringen.

– Anträge, die unmittelbar vor oder während der Hauptversammlung  zur Kenntnis gegeben bzw. gestellt werden, kommen nur dann zur Behandlung, wenn 2/3 der anwesenden Stimmberechtigten eine Dringlichkeit anerkennen.

 Am 27. 04.2013 versandte der Verein per E-Mail die Einladung zur Mitgliederversammlung. Der Text der Einladung wurde gleichzeitig veröffentlicht.

Die Einladung zur Mitgliederversammlung am 31.05.2013 sah folgende vorläufige Tagesordnung vor:

1. Eröffnung der Versammlung und Begrüßung der Mitglieder durch die Präsidentin

2. Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und der Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung

3. Genehmigung der Tagesordnung

4. Verlesen der Niederschrift der letzten Hauptversammlung

5. Rechenschaftsbericht der Präsidentin

6. Kassenbericht der Schatzmeisterin

7. Bericht der Kassenprüfer

8. Diskussion über neues Motto der Saison 2013/2014

9. Koordinierung Sommerfest (Datum 06.07.2013)

10. Weitere Anfragen und Diskussion

11. Schlusswort und Verabschiedung der Teilnehmer

Wenige Tage vor der Mitgliederversammlung wurden die Vereinsmitglieder per E-Mail, über die website des Vereins und über Facebook über die geänderte Tagesordnung und die anstehende Ergänzungwahl eines neuen Vorstandsmitgliedes informiert.

Aus der geänderten Tagesordnung ergibt sich unter Pkt. 3.a Folgendes:

3.a: Vorstellen der geänderten Tagesordnung

Neu hinzugekommende Punkte:

– TOP 8 Nachwahl eines Vorstandsmitglieds nach § 8 (1) aufgrund des Ausscheidens von TN aus beruflichen Gründen

– TOP 9 Abstimmung über § 2 (6) – Bestimmung einer gemeinnützigen Organisation für den Fall der Aufflösung des F oder den Wegfall des steuerbegünstigten Zwecks.

Bei der Mitgliederjahreshauptversammlung am 31.05.2013 waren lt. Protokoll von den 94 Mitgliedern des Vereins 50 anwesend und eine Person kam noch später hinzu. Laut Protokoll wurde u.a. folgendes beschlossen:

TOP 2 Wahl: 1 Enthaltung   Keine Gegenstimme 48 Stimmen dafür

Unter TOP 10: T legt Amt im Vorstand nieder

TOP 11: Ergänzungswahl für den Vorstand Geheime Wahl

TOP 11: Abstimmung:

K S 34 Stimmen

A B 12 Stimmen

Verabschiedung: von P/T

TOP 14

§ 2 Abs. 6

Bei Auflösung des Vereins

– Geld soll fließen in Förderverein Hospiz e.V. Jena

Abstimmung: 2 Vorschläge H – D S

– es muss ein eingetragener Verein gemeinnützig sein, wo die Gelder hinfließen

– es ist möglich, diesen Verein auch zu ändern

Verein zur Förderung Apoldaer Kinderklinik e.V.

– Abstimmung: einstimmig (51) * eine Person später

– Eintragung beim Amtsgericht

Der von dem Antragsteller beauftragte Notar beantragte folgende Eintragung in das Vereinsregister:

Die Jahreshauptversammlung vom 31.05.2013, deren satzungsgemäße Einberufung und Beschlussfähigkeit hiermit versichert wird, hat die Änderung des § 2 Abs. 6 „Gemeinnützigkeit“ der Satzung beschlossen. Weiterhin hat die vorgenannte Jahreshauptversammlung durch Ausscheiden von T N ein neues Vorstandsmitglied gewählt; Frau K S, geborene L, geb. am ……., wohnhaft ……..,……. A, wurde neu in den Vorstand gewählt. Die anderen Vorstandsmitglieder bleiben unverändert.

Am 12.02.2014 erteilte das Amtsgericht Apolda den Hinweis, dass das Protokoll der Mitgliederversammlung nicht vollständig sei, da sich aus diesem keine Hinweise dafür ergeben, wie die Wahl des Vorstandsmitglieds durchgeführt worden sei. Weiter wies das Amtsgericht darauf hin, dass sich aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung der genaue Wortlaut der Satzungsänderung zu § 2 Abs. 6 nicht ergebe.

Die Präsidentin des Vereins  verwies hierauf darauf, dass die Vereinsmitglieder kurz vor der Mitgliederversammlung über die geänderte Tagesordnung und die anstehende Ergänzungszahl eines neuen Vorstandsmitgliedes informiert worden seien.

Das Amtsgericht  – Registergericht – Apolda hat den Antrag auf Eintragung der Satzungsänderung zurückgewiesen. In der Einladung zur Mitgliederversammlung sei nicht angegeben worden, dass über eine Satzungsänderung abgestimmt werden soll. Darüber hinaus enthalte das Protokoll der Mitgliederversammlung auch keine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Formulierung über die erfolgte Satzungsänderung. Aus dem Protokoll müsse sich aber der genaue Wortlaut der geänderten Bestimmung ergeben. Das Protokoll sei nicht überarbeitet worden.

Gegen diesen Beschluss wendete sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Die Forderung, das Protokoll zu überarbeiten, könne nicht nachvollzogen werden. Zwar sei die in der Einladung nicht benannte Satzungsänderung beanstandungswürdig, müsse aber nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Eintragung führen. Die Satzungsänderung sei von den Mitgliedern unterstützt worden. Der Satzungsänderung könne stattgegeben werden, wenn sich weder die zur Versammlung anwesenden Mitglieder noch im Nachgang der Versammlung jemand gegen die Entscheidung ausgesprochen habe, was hier der Fall sei.

Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte diese  dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

Das Thüringer Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, da ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 S. 2 BGB vorliege.

§ 32 Abs. 1 S. 2 BGB setzt für einen gültigen Beschluss voraus, dass der Gegenstand des Beschlusses bei der Berufung bezeichnet, also bereits in der Einladung die Tagesordnung mitgeteilt wird. Zweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB ist es, die Mitglieder weitestgehend vor Überraschungen bei der Beratung und der Beschlussfassung zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in Kenntnis aller Umstände über die Notwendigkeit einer Teilnahme an der Mitgliederversammlung zu entscheiden und sich sachgerecht auf diese vorzubereiten. Diesen Anforderungen genügt die Einberufung zur Beschlussfassung, d.h. zur Mitgliederversammlung nur dann, wenn die Beschlussgegenstände so bestimmt genannt sind, dass eine Vorbereitung auf die Versammlung möglich ist und die Folgen des Nichterscheinens erkennbar sind1.

Da es sich bei der Satzung um die Verfassung des Vereins handelt, welche Grundlage sämtlichen Handelns ist, ist ihre Änderung von erheblicher Bedeutung für alle Mitglieder. Daraus folgt zugleich, dass an die Mitteilung der Tagesordnung hohe Anforderungen zu stellen sind, um dem Zweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB gerecht zu werden. Dabei ist der Tagesordnungspunkt Satzungsänderung grundsätzlich ungenügend, erst recht gilt dies für Bezeichnungen wie Anträge oder Verschiedenes.

Die oben zitierte Einladung zur Mitgliederversammlung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es ist lediglich unter Ziffer 10 als vorläufiger Tagesordungspunkt angeführt: Weitere Anfragen und Diskussionen. Weder das Ausscheiden und die Neuwahl eines Vorstandsmitgliedes noch die geplante Änderung zu § 2 (6) der Satzung sind in der Einladung genannt. Hier musste kein Vereinsmitglied mit der Änderung der Satzung rechnen, erst recht nicht mit einer entsprechenden Beschlussfassung. Die Einladung erfüllt demnach weder die Anforderungen des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB noch die Bestimmungen der Vereinssatzung selbst. § 5 Abs. 2 der Satzung schreibt nämlich vor, dass die Einberufung der Hauptversammlung schriftlich durch das Präsidium unter Bekanntgabe der Tagesordnung spätestens 4 Wochen vor der Hauptversammlung erfolgen muss.

Durch die bloße Mitteilung unter TOP 10: Weitere Anfragen und Diskussionen konnten sich die Vereinsmitglieder nicht sachgerecht vorbereiten. Noch schwerer wiegt, dass den ferngebliebenen Mitgliedern, welche ihre Teilnahme möglicherweise angesichts der ursprünglichen Tagesordnung für nicht notwendig hielten, auf diese Weise die Möglichkeit genommen wurde, über die Notwendigkeit einer Teilnahme vor dem Hintergrund der grundlegenden Bedeutung der Wahl eines neuen Vorstandsmitgliedes sowie der Änderung von § 2 (6) der Satzung sachgerecht zu entscheiden.

Auch durch die kurz vor der Mitgliederversammlung versandte geänderte Tagesordnung, in der unter 3.a ausgeführt ist:

Neu hinzukommende Punkte

– TOP 8 die Nachwahl eines Vorstandsmitgliedes nach § 8 (1) aufgrund des Ausscheiden von T N aus beruflichen Gründen

– TOP 9 die Abstimmung über § 2  ( 6) – Bestimmung einer gemeinnützigen Organisation für den Fall der Auflösung des F oder den Wegfall des steuerbegünstigten Zweckes sei,

wird der Zweck des § 32 nicht erfüllt.

Denn abgesehen davon, dass selbst die kurz vor der Jahreshauptversammlung versandte geänderte Tagesordnung ungenau formuliert ist, war die Mitteilung der Änderung der Tagesordnung nicht rechtzeitig i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 2 BGB sowie der Bestimmungen der eigenen Satzung der Antragstellerin.

Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerde ausführt, es fehle an den tatsächlichen Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis, da sich auch nachträglich kein Mitglied gegen die Neuwahl sowie gegen die Änderung von § 2 (6) der Satzung ausgesprochen habe, ist dies unbeachtlich. Denn es ist für die Unwirksamkeit des Beschlusses nicht erforderlich, dass der Verstoß gegen § 32 Abs.1 S. 2 BGB tatsächliche Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hat2. Der Schutzzweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB betrifft nämlich nicht nur die Beschlussfassung selbst, sondern bereits die vorangehende Beratung. Bei dieser ist nicht auszuschließen, dass sich ferngebliebene Mitglieder möglicherweise aktiv eingebracht und die Meinungsbildung der Versammlung so beeinflusst hätten. Vorliegend blieben eine erhebliche Anzahl stimmberechtigter Mitglieder der Versammlung fern, deren Einfluss auf die Meinungsbildung und damit auf das Abstimmungsergebnis nicht absehbar ist.

Auch die Satzung selbst sieht eine entsprechende Änderung der Tagesordnung nicht vor. Zwar kann nach § 40 BGB an sich eine von § 32 BGB abweichende Regelung in der Satzung aufgenommen werden. Dies setzt jedoch eine eindeutige und ausdrückliche Bestimmung voraus. Diese muss dem Zweck des § 32 Abs. 2 BGB entsprechen, da dessen Grundgedanke – die sachgerechte Vorbereitung der Mitglieder – entgegen § 40 nicht abdingbar ist3. Fehlt eine ausdrückliche Anordnung, sind ergänzte Tagesordnungspunkte den Mitgliedern so rechtzeitig vor der Versammlung mitzuteilen, dass ihnen genügend Zeit für eine sachgerechte Vorbereitung bleibt3, wenn dies nicht möglich ist, ist notfalls eine gesonderte Mitgliederversammlung einzuberufen.

Diesen Anforderungen entspricht § 5 Abs. 6 der Satzung nicht. Hierin ist geregelt, dass Anträge, die unmittelbar vor oder während der Hauptversammlung zur Kenntnis gegeben bzw. gestellt werden, nur dann zur Behandlung kommen, wenn 2/3 der anwesenden Stimmberechtigten eine Dringlichkeit anerkennen. Vorliegend wird in der Satzung kein Dringlichkeitserfordernis benannt, so dass die Regelung bereits unbestimmt ist. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Protokoll auch nicht, dass 2/3 der anwesenden Stimmberechtigten eine Dringlichkeit der Neuwahl eines Vorstandsmitgliedes und der Änderung des § 2 (6) der Satzung anerkannt hätten.

Im Übrigen ist dem  Amtsgericht Apolda auch darin zu folgen, dass das Protokoll zur Mitgliederversammlung eine ausreichende Formulierung über die beschlossenen Satzungsänderungen nicht enthält. Satzungsänderungen sind im Protokoll so zu formulieren, dass diese auch für das Amtsgericht verständlich sind und das Protokoll als Eintragungsgrundlage den genauen Wortlaut der geänderten Bestimmung wiedergibt. Dies ist hier erkennbar nicht der Fall. Im Gegenteil ist TOP 14 des Protokolls unverständlich. Der Wortlaut der Änderung des § 2 (6) geht aus dem Protokoll nicht ansatzweise hervor. Auch die Art und Weise der Durchführung der Neuwahl des Vorstandsmitgliedes ist in dem Protokoll nur unzureichend dargestellt.

Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 17.12.2014 – 3 W 198/14

  1. BGH, Urteil vom 02.07.2007 – II ZR 111/05 []
  2. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.07.1974 – 8 W 61/74 []
  3. BGH, Urteil vom 17.11.1986 – II ZR 304/85 [] []

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