Kann ein Verein, der für sexuelle Handlungen zwischen Mensch und Tier wirbt, in das Vereinsregister eingetragen werden?
Über diese Frage hatte tatsächlich das Kammergericht Berlin zu entscheiden.
Der Beteiligte (e.V. i.Gr.) meldete mit notariell beurkundeter Erklärung vom 05. 04.2012 beim Amtsgericht Charlottenburg einen solchen Verein zur Eintragung in das Vereinsregister an.
Zwei vorausgegangene Anmeldungen zur Eintragung unter dem gleichen Namen hatte das Amtsgericht Charlottenburg durch frühere Beschlüsse rechtskräftig zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 05.06.2012 wies das Registergericht eine erneute Anmeldung zurück. da auch die – nunmehr geänderte – Satzung in ihrer Neufassung vom 24.03.2012 gegen die guten Sitten verstoße. Zwar sei der frühere § 175 StGB aufgehoben worden; dies bedeute jedoch nicht, dass ein entsprechendes Verhalten den guten Sitten entspreche. Anders als bei der zwischenmenschlichen Sexualität seien bei zoophilen Handlungen nicht – wie vom Beteiligten angegeben – sittlich einwandfreie Handlungen zum beiderseitigen Vergnügen denkbar. Ein Tier könne nicht als menschlicher Partnerersatz dienen.
Dies bedinge zwangsläufig eine nicht artgerechte Haltung und verstoße gegen das Tierschutzgesetz. Obwohl der Beteiligte für sich in Anspruch nehme, ausschließlich sachlich und wissenschaftlich informieren zu wollen, könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch eine Tätigkeit als eingetragener Verein und damit als juristische Person nicht doch Personen zu sexuellen Handlungen an bzw. mit Tieren angeregt bzw. bestätigt würden.
Gegen den Beschluss hat der beteiligte Verein in Gründung Beschwerde eingelegt. Diese begründet er u.a. damit, dass seine Mitglieder bezeugen könnten, dass ihre Tiere sexuelle Handlungen genießen und aus ihnen Befriedigung und Freude erfahren. Dass ein Tier nicht als Partner gesehen werden könne, sei eine grobe Missachtung des Rechts zur freien Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen und der Würde des Tieres, als geliebtes Wesen angesehen zu werden. Auch sei es in der Tierwelt keine Seltenheit, sich bei Gelegenheit mit Tieren anderer Arten zu paaren, wie sich zum Beispiel bei Pferd und Esel zeige, aus deren Paarung das Maultier hervorgehe.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen, so dass das Kammergericht Berlin zu entscheiden hatte.
Das Kammergericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und hat die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Zu Recht hat das Amtsgericht Charlottenburg nämlich – wie zuvor in ähnlichen Verfahren auch das Kammergericht Berlin1 und das Oberlandesgericht Hamm2 – die Eintragung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Ein Verein darf nur dann ins Vereinsregister eingetragen werden, wenn seine Satzung wirksam ist.
Für die Satzung gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 134, 138 BGB entsprechend3.
Ob die nunmehr erneut zur Eintragung des Vereins vorgelegte Satzung auch in der Form des Mitgliederversammlungsbeschlusses vom 24.03.2012 weiterhin gegen § 134 BGB i.V.m. § 17 TierschutzG und § 184a StGB verstößt, konnte hier nach Auffassung des Kammergerichts offen bleiben. Denn sie verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB, so dass sie nichtig und der Beteiligte nicht eintragungsfähig ist. Der in der Satzung beschriebene Vereinszweck ist mit § 138 Abs. 1 BGB unvereinbar, da er nach Auffassung des Kammergerichts – selbst bei verfassungskonform enger Auslegung dieses Gesetzesbegriffs und unter Berücksichtigung der von dieser Norm nicht beschränkten Wandlungsfähigkeit der sittlichen Maßstäbe im Laufe der Zeit – gegen die guten Sitten verstößt.
Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt immer dann vor, wenn das Rechtsgeschäft – mithin auch die Satzung – gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt4. Die guten Sitten bilden dabei einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei dessen Auslegung hat die Rechtsprechung den Umwelt- und Tierschutzauftrag des Art. 20a GG zu berücksichtigen5.
Allein dies führt zur Satzungsunwirksamkeit.
Wie sich aus der Satzung des Beteiligten und aus der Beschwerdeschrift ergab, ist es unter anderem Zweck des Vereins, in der Öffentlichkeit das Verständnis für die körperliche Liebe eines Menschen zu einem Tier und sexuelle Handlungen eines Menschen mit einem oder an einem Tier einschließlich des Geschlechtsverkehrs zu steigern und für deren Akzeptanz zu werben. In der Beschwerdeschrift wird ausdrücklich festgestellt, dass es nur „kranker Phantasie“ entspringen könne, dass „sittlich einwandfreie zoophile Sexualhandlungen unmöglich sein sollen“.
Der Beteiligte kann sich nicht darauf berufen, seine Mitglieder könnten bezeugen, dass ihre Tiere sexuelle Handlungen genießen und aus ihnen Befriedigung und Freude erfahren würden, da die Rechtsordnung einen rechtlich beachtlichen von dem Tier geäußerten oder zu Erkennen gegebenen Willen nicht kennt2.
Soweit der Beteiligte sich auf die Unterscheidung zwischen Zoophilie und Zoosexualität beruft, ist dies schon deshalb als Abgrenzungskriterium hinsichtlich einer Billigung durch die Rechtsordnung nicht geeignet, weil er selbst – ganz ausdrücklich in der Beschwerdeschrift – einräumt, dass er für „sittlich einwandfreie Sexualhandlungen“ mit dem Tier eintritt.
Mit seinem Zweck verstößt der Beteiligte gegen die von der Bevölkerung allgemein anerkannte, in der (auch heutigen) Rechts- und Sozialmoral fest verankerten und mit der Rechtsordnung übereinstimmenden Sittenordnung (vgl. §184 a StGB), welche sexuelle Handlungen des Menschen an oder mit Tieren ablehnt und als unanständig verurteilt. Denn obwohl sexuelle Handlungen mit Tieren selbst nicht strafbar sind und die 2. Alt. des § 184 a StGB auch nicht dem Tierschutz dient, handelt es sich bei dieser Strafnorm um die Sanktionierung eines Tabubruchs und damit eines selbst ohne Beischlafähnlichkeit unmoralischen Verhaltens2. Dass das geltende Recht ein solches unmoralisches Verhalten für sanktionsbedürftig ansieht, belegt die Verankerung dieser Wertung in der Sittenordnung2. Der Umstand, dass in § 8c) der Satzung als wichtiger Ausschlussgrund der Verstoß eines Vereinsmitgliedes gegen § 184a StGB genannt ist, ändert an dem grundsätzlichen Sittenverstoß des Vereinszwecks nichts, wie die zitierten Ausführungen der Beschwerdebegründung deutlich machen.
§ 184a StGB ist eine wirksame gesetzliche Bestimmung, die nicht gegen das durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Recht der Vereinigungsfreiheit verstößt3. Dieses Recht gebietet es nicht, einen Verein, dessen Zweck mit der Rechtsordnung nicht vereinbar ist, als rechtsfähig anzuerkennen und in das Vereinsregister einzutragen2.
Auch das vom Grundgesetz geschützte Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit wird hierdurch nicht verletzt; es steht unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit der – verfassungsgemäßen – Rechtsordnung. Ein Vorrang der Vereinigungsfreiheit oder der allgemeinen Handlungsfreiheit besteht bei Abwägung dieser Freiheitsrechte einerseits und der staatlichen Aufgabe des Schutzes der Tiere wie auch der Sittenordnung nicht. Der Staat muss das Instrument des rechtsfähigen Vereins nicht für einen Zweck zur Verfügung stellen, welcher mit dieser Aufgabe nicht vereinbar ist2.
Die Teilnichtigkeit der Satzung führte im vorliegenden Fall zur Nichtigkeit der gesamten Satzung und dazu, dass der Verein nicht in das Vereinsregister einzutragen ist.
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03.12.2012 – 12 W 69/12
- KG Berlin, Beschlüsse vom 11.05.2010 – 1 W 170/10 und vom 19.10.2011 – 25 W 73/11 [↩]
- OLG Hamm, Beschluss vom 06.11.2012 – 27 W 83/12 [↩] [↩] [↩] [↩] [↩] [↩]
- KG Berlin, Beschluss vom 19.10.2011 – 25 W 73/11 [↩] [↩]
- BGH, Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 217/03, in NJW 2004, 2668, 2670 [↩]
- v.Münch/Kunig, Grundgesetz, 6. Aufl. 2012, Art. 20a Rn. 43 [↩]